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Streit zwischen NBA-Star und Erdoğan-Lager eskaliert endgültig

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Jahr für Jahr kommen seit einigen Jahren zwei Teams aus der nordamerikanischen Basketball-Liga während der Saison nach London, um gegeneinander ein Meisterschaftsspiel zu bestreiten. Dieses Jahr sind es die Washington Wizards und die New York Knicks, die am 17. Januar in der Hauptstadt Englands aufeinandertreffen. Aus türkischer Sicht ist diese Partie interessant, da mit Enes Kanter der nach Hidayet Türkoğlu und Mehmet Okur wohl erfolgreichste Basketballer des Landes mit von der Partie sein könnte – es aber nicht sein wird. Und das nicht, weil er etwa verletzt oder gesperrt ist, sondern Angst um sein Leben hat.

Anschlag auf Kanter in London?

Vor wenigen Tagen erklärte der Center der Knicks gegenüber mehreren US-Medien, dass er befürchte, Ziel eines (Mord-)Anschlags zu werden und deswegen auf die Reise nach Europa verzichte. Kanter gilt nämlich als großer Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, den er regelmäßig als „Diktator“ und „Wahnsinnigen“ bezeichnet. In London sei es um ein Vielfaches einfacher, ihn ins Visier zu nehmen als in den USA. Regelmäßig erhalte er Morddrohungen von „türkischen Fanatikern“.

Dazu muss man wissen, dass der 26-Jährige bekennender Anhänger von Fethullah Gülen und dessen Bewegung ist, die in der Türkei spätestens seit dem gescheiterten Putschversuch 2016 erbittert verfolgt wird. Täglich werden Menschen verhaftet oder verurteilt unter dem Vorwurf, sie wären Gülen-Anhänger oder hätten einst mit der Bewegung sympathisiert. Erdoğan wirft Gülen und seinen Anhängern vor, den Putsch angezettelt zu haben, um ihn zu stürzen.

Kanters international beachtete Aussagen blieben nicht unerwidert in der Türkei. Ex-NBA-Star Hidayet Türkoğlu, seines Zeichens nun Erdoğan-Berater, widersprach Kanter und erklärte, dessen Verzicht auf das Spiel in London hänge vielmehr mit einem fehlenden Visum zusammen.

Daraufhin veröffentlichte Kanter auf seinem Twitter-Kanal sein Reise-Dokument mit den Worten „Ich KANN nach London fliegen, es ist keine Visa-Angelegenheit!“. Zudem beschimpfte er Türkoğlu, der auch Vorsitzender des türkischen Basketballverbands ist, als „Schoßhund“ Erdoğans.

„Ich bereue nichts“

In dem jahrelangen Streit, der dazu führte, dass Kanter zunächst aus der türkischen Nationalmannschaft suspendiert wurde und später auch seine türkische Staatsbürgerschaft verlor, ist mit der Entwicklung der letzten Tage eine neue Eskalationsstufe erreicht worden. Der türkische Staat hat zuletzt zwar mehrfach bewiesen, dass er in der Lage ist, über seinen Geheimdienst mutmaßliche Kritiker im Ausland zu verhaften und in die Türkei zu verschleppen. Doch ein gezielter Anschlag (mit Todesfolge) ist bisher nicht bekannt geworden.

Die Ausführungen Kanters werfen daher die Frage auf, ob Erdoğan tatsächlich soweit gehen würde, jemanden wie Kanter eliminieren zu lassen oder ob es sich um eine haltlose Übertreibung seitens des NBA-Stars handelt. Angesprochen auf seine Äußerungen, speziell die Beleidigung Türkoğlus, betonte Kanter am Donnerstag, dass er keines seiner Worte bereue. Er werde nicht mit seiner Kritik aufhören und daraus notfalls „eines der größten Stories“ machen, indem er mit jeder Zeitung dieser Welt spreche, selbst wenn Familienangehörige verhaftet werden. Das werde ihn nur noch lauter werden lassen.

Eines steht fest – das letzte Wort ist in dieser Angelegenheit längst noch nicht gesprochen.