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Politik

Suizidfälle in der türkischen Armee schaffen Handlungsbedarf

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Die Zahl der Soldaten, die sich selbst das Leben nehmen, übersteigt die Zahl jener, die im Kampf ums Leben kommen. Dies bestätigte der Leiter der parlamentarischen Menschenrechtskommission, Ayhan Sefer Üstün, im Rahmen einer Sitzung. (Foto:IHA)

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Suizidfälle in der türkischen Armee schaffen Handlungsbedarf
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Ayhan Sefer Üstün, Leiter der Kommission, veröffentlichte während einer parlamentarischen Sitzung Zahlen und Statistiken zu den verstorbenen Soldaten. Er machte darauf aufmerksam, dass allein in den vergangenen zweieinhalb Jahren 175 Gefreite Selbstmord begangen hätten. In den vergangenen 10 Jahren wären es 934 gewesen – gegenüber 818 Soldaten, die in den vergangenen 10 Jahren auf dem Schlachtfeld getötet worden wären. Zusätzlich zu der Feststellung, dass dieser Zustand inakzeptabel ist, sagte er, dass diese Situation eingehend untersucht werden müssten, um die Gründe für die Selbstmorde innerhalb des Militärs aufzudecken.

Die Kommission war mit einer speziellen Agenda bezüglich Missbrauchs und Misshandlung im Militär zusammengekommen. Assistenzprofessor Tolga İslam, Redakteur der Website „Asker Haklan“ (Rechte der Soldaten), welche sich für die Rechte von militärischem Personal und der Verbesserung der Bedingungen für Militärdienstleistende einsetzt, stellte im Namen seiner Organisation eine Präsentation vor und sagte, er sei entrüstet über den Missbrauch innerhalb der Armee, den er während seines Dienstes selbst mitansehen musste und aufgrund dessen er sich entschieden habe, etwas dagegen zu unternehmen.

„Wir haben ein einfaches Problem: Wenn sich die Art der allgemeinen Wehrpflicht nicht ändert, muss sichergestellt werden, dass die Gefreiten keiner Misshandlung zum Opfer fallen. Wir wollen den 20-jährigen Soldaten helfen, die nicht wissen, wie sie ihre eigenen Rechte verteidigen sollen“, sagte er.

Körperliche Langzeitschäden und seelische Traumata

İslam, der die Website im April letzten Jahres ins Leben gerufen hatte, gab an, dass seine Organisation innerhalb eines Jahres 432 Hinweise erhalten habe. Die Beschwerden seien aus allen Provinzen gekommen. Er sagte weiterhin, die Misshandlung könne nicht nur zum Suizid, sondern auch zu körperlichen Behinderungen und seelischen Traumata führen.

„Solange nichts wegen der Selbstmorde unternommen wird, sind wir alle schuldig. Erst gestern wurden zwei Fälle von Selbstmord gemeldet. Allein in 2012 gab es bereits 43. Das sind nur die offiziellen Zahlen, daher nehmen wir an, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist“, betonte der Aktivist gegenüber der Kommission.

Unter Hinweis darauf, dass in den letzten sechs Monaten allein in İslahiye, einem Bezirk der südliche gelegenen Region Hatay, drei Soldaten Selbstmord begangen hätten, forderte İslam das Parlament dazu auf, hinsichtlich dieses Problems Entschlossenheit zu zeigen. Er argumentierte damit, dass Einzelpersonen oft nicht genug Mut hätten, nach Gerechtigkeit zu verlangen und ihre Rechte wahrzunehmen, und dass diese Angst überwunden werden müsse. Laut Üstün sei das Parlament die Institution, die das erreichen kann.

Kommissionsexperten gaben ihren Mitgliedern während des Meetings eine kurze Zusammenfassung bezüglich der an sie ergangenen Aufträge und des Standes der bereits begonnenen Arbeit zum Zwecke der Beendigung des Missbrauchs und der Misshandlung im Militär.

„Fehlverhalten wird bestraft“

Richter Gen. Akif Vurucu, der stellvertretende Staatssekretär des Verteidigungsministeriums gab an, dass die türkischen Streitkräfte (TSK) die Menschenrechte achten würden. Vurucu sagte, dass die Zahl von Beamten im Militär, die aufgrund von Fehlverhalten bestraft wurden, sich im Jahr 2008 auf 637 belaufen hatte, 2009 auf 709, 2010 auf 758, 2011 auf 857 und 2012 auf 515.
Der Vertreter der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) in der Kommission, Ertuğrul Kürkçü, behauptete, die Zahl der Selbstmorde in den TSK wäre zehn Mal höher als die Zahl der Selbstmorde in der Türkei insgesamt.

Mahmut Tanal, der Vertreter der Republikanischen Volkspartei (CHP), sagte, die soziale Sicherung derer, die sich für den Militärdienst verpflichtet hätten, dürfe während ihrer Dienstdauer nicht aufgehoben werden.

Die Vertreterin der regierenden Partei für Recht und Entwicklung (AKP), Oya Eronat, schlug vor, das Mindestalter für den Wehrdienst anzuheben. Sie sagte, dass die Gesellschaft 18- bis 20-Jährige nicht mehr als Menschen betrachte, die reif genug wären, dem Militär zu dienen.