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Politik

Giftgas vernichtet, Täter verschont?

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Die USA sind bereit, die syrischen Chemiewaffen auf See auf eigene Kosten zu zerstören. Doch der Druck auf die Täter in Damaskus darf deshalb nicht nachlassen. Denn diese sind bislang immer noch nicht gefasst. (Foto: reuters)

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Giftgasschilder in Deutschland - reuters
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Die internationale Gemeinschaft ist der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen einen wichtigen Schritt näher gekommen. Die USA sind bereit, die giftigsten Kampfstoffe auf einem Schiff auf See zu zerstören. Washington habe auch angeboten, die Kosten dafür zu übernehmen, teilte die Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) am Samstag in Den Haag mit. Der Zeitplan der Kontrollbehörde war ins Stocken geraten, nachdem mehrere Länder die Zerstörung der Kampfstoffe abgelehnt hatten.

Die USA wollten rund 500 Tonnen der tödlichsten Kampfstoffe, darunter Sarin und Nervengas, auf See vernichten, erklärte der türkische Diplomat und Generaldirektor der OPCW, Ahmet Üzümcü. „Zurzeit wird ein geeignetes Marineschiff technisch umgerüstet, um die Operation zu unterstützen und die Kontrollen der OPCW zu ermöglichen.“

Bis zum Jahresende sollen rund 1300 Tonnen Chemikalien aus Syrien abtransportiert und bis Mitte 2014 vernichtet worden sein. Die übrigen rund 800 Tonnen, darunter auch Chemikalien für die industrielle Produktion, sollen von Unternehmen weltweit vernichtet werden. Bisher hätten sich 35 Firmen gemeldet, teilte die OPCW mit. Generaldirektor Üzümcü rief die 190 UN-Mitgliedsstaaten auf, sich finanziell zu beteiligen.

Das syrische Regime bestreitet die Tat – mit Erfolg?

Die syrischen Anlagen zur Produktion der Waffen und zum Befüllen der Munition wurden nach Angaben der OPCW bereits zerstört. Wie die gefährlichen Kampfstoffe nun aber aus dem Land transportiert werden sollen, ist nicht bekannt. Die Organisation, die in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhält, war vom UN-Sicherheitsrat mit der Kontrolle der Vernichtung beauftragt worden.

In Syrien tobt seit nun schon fast drei Jahren ein blutiger Bürgerkrieg. Der arabische TV-Sender Al-Arabiya berichtete im August unter Hinweis auf syrische Aktivisten, dass bei einem C-Waffen-Einsatz in einem Vorort östlich von Damaskus mindestens 1000 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Die Bilder von Menschen, die teilweise mit weißem Schaum vorm Mund qualvoll an den Folgen des Angriffes starben, sorgten weltweit für Entsetzen.

Das syrische Regime bestreitet die Tat und wirft den Rebellen vor, selbst für den Angriff verantwortlich zu sein. Doch viele Indizien sprechen dafür, dass Assad den Angriff befohlen hat. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) präsentierte beispielsweise ein abgefangenes Telefonat eines für Assad kämpfenden Kommandeurs der libanesischen Hisbollah, in dem der Kämpfer gegenüber der iranischen Botschaft den Einsatz der Chemiewaffen durch Regimekräfte eingeräumt habe.

Giftgas wird zerstört, doch was geschieht mit den Tätern?

Obwohl die US-Regierung unter Barack Obama den Einsatz von Chemiewaffen als Überschreiten einer „roten Linie“ bezeichnet hatte, beschränkten sich bislang alle Anstrengungen lediglich auf die Vernichtung des syrischen Chemiewaffenbestandes. Die Debatte um die Bestrafung der Täter endete auch auf Grund der diplomatischen Bemühungen Russlands, das einer der wichtigsten Verbündeten des Assadregimes ist. Die USA und ihre Verbündeten standen in der Zeit nach dem Giftgaseinsatz im August kurz vor einem militärischen Eingreifen in Syrien. Russlands Präsident Vladimir Putin konnte dieses durch eine proaktive Diplomatie abwenden und stattdessen die Akteure an den Verhandlungstisch und das syrische Regime zur Einwilligung in die Chemiewaffenzerstörung bewegen.

Zwar besteht auf Grund der jetzigen Einigung über die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen nun die Hoffnung, dass sich ein solcher Angriff in Syrien nicht wiederholt. Doch bislang wurde kein syrischer Offizier oder Politiker für die Tat zur Rechenschaft gezogen. Da die internationale Gemeinschaft momentan lediglich auf die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen, nicht aber an der Auslieferung der Täter pocht, besteht die Gefahr, dass dieses Verbrechen ungesühnt bleibt.

Durch den syrischen Bürgerkrieg  könnten außerdem Teile der syrischen Chemiewaffenbestände in die Hände extremistischer Gruppen gelangt sein. In der Türkei wurde im Sommer 2013 Medienberichten zufolge ein Anschlag mit chemischen Kampfstoffen verhindert.  (dpa/dtj)