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Politik

Syrien: Türkei weiter auf dem Vormarsch, YPG kündigt Verteidigung von Manbidsch an

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Bei türkischen Luftangriffen in Syrien starben am Wochenende dutzende Menschen. Die Türkei spricht von YPG-Kämpfern, die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte von Zivilisten. Die türkische Armee rückt währenddessen weiter vor und hat dabei erste Verluste zu verzeichnen. Und es könnte noch viel schlimmer kommen: FSA und YPG kündigen Kämpfe um die Stadt Manbidsch an.

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Türkische Panzer auf dem Vormarsch in Syrien
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Fünf Tage nach der türkischen Invasion in Syrien sind bei Angriffen auf kurdische Truppen Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Bei zwei Bombardements der türkischen Luftwaffe im Norden des Bürgerkriegslandes seien am Sonntag mindestens 35 Zivilisten gestorben, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Weitere 75 Menschen seien bei den Luftangriffen verletzt worden. Dagegen sprach die türkische Armee von 25 Mitgliedern der Kurdenmiliz YPG, die bei Luftangriffen im Bereich der syrischen Grenzstadt Dscharablus umgekommen seien.

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansı (AA) berichtete unter Berufung auf das Militär, YPG-Kämpfer hätten zuvor das Feuer eröffnet. Fünf Gebäude, die die Kurdenmiliz benutzt habe, seien zerstört worden. Die türkischen Streitkräfte hätten „alle Vorkehrungen getroffen, dass die in der Region lebende Zivilbevölkerung nicht zu Schaden kommt“, hieß es offensichtlich mit Blick auf die Berichte über getötete Zivilisten. In dieser Hinsicht gehe die Armee mit „äußerstem Feingefühl“ vor, hatte der Generalstab in Ankara schon zwei Tage nach Beginn der Offensive erklärt.

Die türkische Armee war am Mittwoch zusammen mit Rebellenverbänden in den Norden Syriens einmarschiert. Der Vorstoß gilt offiziell der Vertreibung der Terrormiliz IS. Zugleich will das türkische Militär aber auch die kurdischen Kämpfer in Nordsyrien zurückdrängen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan bekräftigte das am Sonntag in einer Rede: „Bezüglich des syrischen Arms der separatistischen Organisation (gemeint ist die PKK, Anm. d. Red.), der sich PYD nennt, werden wir die gleiche Entschlossenheit an den Tag legen (wie dem IS gegenüber). Wir werden den Kampf fortsetzen, bis wir auch diese Terrororganisation bis auf die Wurzel ausgerottet haben.“

Rebellengruppen verkündeten am Wochenende, bei Kämpfen gegen die Kurden südlich von Dscharablus mehrere Dörfer eingenommen zu haben. Dscharablus selbst hatten die türkische Armee und ihre Verbündeten bereits letzten Donnerstag eingenommen. Auch westlich, nahe dem Ort Al-Rai, sollen Gemeinden vom IS erobert worden sein. Das Koordinationszentrum der Operation im Amt des Premierministers spricht davon, dass in der Region Dscharablus 10 und in der Region Al-Rai 3 Orte eingenommen worden seien. Der IS habe sich über zehn Kilometer westlich von Dscharablus zurückgezogen.

FSA und YPG bereiten sich auf Offensive gegen Manbidsch vor

Der Kommandant der gemeinsam mit der türkischen Armee vorrückenden Sultan-Murat-Division der Freien Syrischen Armee (FSA), Ahmed Osman, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, nächstes Ziel der Offensive sei die erst kürzlich vom IS befreite Stadt Manbidsch. Man hoffe, diese innerhalb weniger Tage eingenommen zu haben. YPG-Sprecher Ibrahim Ibrahim gab wiederum bekannt, die wenige Kilometer des westlichen Euphrat-Ufers liegende Stadt werde bereits auf diese Offensive vorbereitet und derzeit von örtlichen Rebellengruppen aufgerüstet. Die YPG sei daran jedoch nicht beteiligt, sie bleibe östlich des Flusses. Wie Reuters berichtet, heiße es jedoch aus Sicherheitskreisen, die YPG bringe Waffen und Personal in die Stadt.

Am Samstag waren Verbände des Militärbündnisses Demokratische Kräfte Syriens (SDF) erstmals mit türkischen Einheiten zusammengestoßen. Dabei wurde auch ein türkischer Soldat getötet und drei weitere verletzt, als sechs Kilometer südlich von Dscharablus zwei türkische Panzer von Geschossen der YPG getroffen wurden, teilte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu mit. Es war der erste Bericht über türkische Opfer seit dem Start des türkischen Militäreinsatzes. Bei den SDF handelt es sich um ein von der Kurdenmiliz YPG angeführtes Bündnis, das vor allem die Terrormiliz IS bekämpft und von den USA unterstützt wird.

Nach Angaben der syrischen Menschenrechtsbeobachter starben bei einem türkischen Angriff auf das Dorf Dschub al-Kusa nahe der syrisch-türkischen Grenze am Sonntag mindestens 20 Unbeteiligte. 50 weitere seien verletzt worden. In einer zweiten Attacke hätten türkische Kampfflugzeuge einen Bauernhof südlich der Grenzstadt Dscharablus getroffen. Dort hätten Familien Unterschlupf vor den Kämpfen in der Region gesucht. Wenigstens 15 Menschen seien dort gestorben, 25 weitere verletzt worden.

Die Kurden kontrollieren bereits große Gebiete an der Grenze zur Türkei und haben dort eine Selbstverwaltung errichtet. Die türkische Regierung will verhindern, dass die Kurden noch mehr Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. Sie befürchtet Auswirkungen auf die kurdischen Autonomiebestrebungen im eigenen Land. Die Kurdenpartei PYD und die Miliz YPG sind eng mit der türkisch-kurdischen PKK verbunden, die von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird.

Assad-Regime erzielt weitere Erfolge im Süden des Landes

Im Süden Syriens steht die einstige Rebellenhochburg Daraja nach mehrjähriger Belagerung seit Samstag wieder unter Kontrolle des syrischen Regimes. Zuvor hätten – wie von der Staatsführung und Aufständischen vereinbart – Einwohner und Kämpfer den wenige Kilometer südlich der Hauptstadt Damaskus gelegenen Ort verlassen dürfen, berichteten Aktivisten und Staatsmedien am Samstag.

Daraja war seit 2012 von der Armee und deren Verbündeten belagert worden. Mitte vergangener Woche wurde nach mehrtägigen Verhandlungen die Evakuierung vereinbart. Mehr als 3200 Menschen, darunter Zivilisten und Kämpfer, seien in Bussen aus Daraja weggebracht worden. Etwa 800 Kämpfer seien in die von Rebellen beherrschte nordwestliche Provinz Idlib gebracht worden.

Die Regierung hat damit über einen weiteren Teil des Hinterlandes von Damaskus – der Machtbasis von Präsident Baschar al-Assad – die Kontrolle zurückgewonnen. In anderen Teilen gelten teils lokale Waffenruhevereinbarungen. Oppositionelle werfen der Regierung vor, Erfolge lediglich durch Belagerung und Aushungern erreicht zu haben. Nach UN-Schätzung leben in dem Bürgerkriegsland derzeit etwa 600 000 Menschen in belagerten Orten, die Stadt Aleppo nicht mitgezählt. (dpa/ dtj)