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Politik

Syrien: USA, Großbritannien, Frankreich und Türkei vor Einigung

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Am gestrigen Sonntag hat Damaskus erstmals UN-Inspektionen in den am Mittwoch möglicherweise von einem Giftgasangriff betroffenen Gebieten zugestimmt. Unterdessen sinkt in den USA der Widerstand gegen ein militärisches Eingreifen. (Foto: dpa)

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Die USA haben im Mittelmmer bereits vier Kriegsschiffe in Stellung gebracht. Damit wird ein Militäreingriff in Syrien immer wahrscheinlicher.
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Zum Start der UN-Untersuchung des angeblichen Giftgas-Einsatzes in Syrien hat Generalsekretär Ban Ki-moon schnelles Handeln angemahnt. „Jede Stunde zählt“, sagte der Südkoreaner am Montag vor Journalisten in Seoul. „Wir können uns keine Verzögerungen mehr leisten.“ Das Regime müsse den UN-Experten uneingeschränkten Zugang zu dem Gebiet östlich von Damaskus verschaffen. Die USA, Großbritannien und wohl auch Frankreich bereiten sich bereits auf einen militärischen Einsatz in Syrien vor. „Die einzige Möglichkeit, die nicht infrage kommt, ist nichts zu tun“, sagte der französische Außenminister Lauent Fabius am Montag dem Sender Europa 1.

Am Samstag hatte ein hoher Offizieller des State Departments angegeben, dass US-Außenminister John Kerry am Donnerstag – einen Tag nach dem folgenschweren Angriff auf Zivilisten in der Nähe von Damaskus – mit seinem syrischen Amtskolleggen Walid Moallem gesprochen habe. Zweck des Anrufs sei gewesen, Syrien dazu zu drängen, eine Inspektion des Gebiets zuzulassen, statt den Zugang zu verwehren und Beweise zu vernichten. Nur so ließe sich herausfinden, ob die syrische Regierung etwas zu verbergen habe.

Präsident Obama hat im Anschluss an die Attacke „tiefe Besorgnis” geäußert. Sollten sich die Vorwürfe, das Assad-Regime habe chemische Waffen eingesetzt, bestätigen, wäre eine „schnelle Antwort“ nötig, um eine weitere Attacke dieser Art zu verhindern, unterstrich Verteidigungsminister Chuck Hagel am Freitag in Washington.

Einem hochrangigen Offiziellen des Verteidigungsministeriums zufolge haben Militärstrategen die Liste möglicher Ziele in Syrien auf den neuesten Stand gebracht und die USA haben mittlerweile vier mit Cruise Missiles ausgestattete Kampfschiffe in der östlichen Mittelmeerregion in Stellung gebracht.

Inspektionen beginnen heute

Der syrische Präsident Baschar al-Assad warnte den Westen indessen in einem Interview mit einer russischen Zeitung vor einer Militäroffensive in seinem Land. Das Szenario der arabischen Revolutionen habe sich überholt, sagte Assad der kremlnahen Zeitung „Iswestija“ (Montag). „Was in Syrien passiert, ist keine Volksrevolution und keine Forderung nach Reform. Das ist Terrorismus.“ Assad wies erneut Vorwürfe zurück, dass er Chemiewaffen gegen seine Gegner einsetze: „Das ist Nonsens.“ Zugleich wies er darauf hin, dass Russland seine Rüstungsverträge mit Syrien erfülle.

Die syrische Regierung gewährt den UN-Chemiewaffenexperten mittlerweile auch Zugang zu den Gebieten, in denen vermutlich Kampfstoffe eingesetzt wurden. Damaskus stimmte am Sonntag überraschend Inspektionen zu. Auf dem Plan der Inspektionen, die bereits am heutigen Montag beginnen, steht auch der Ort der jüngsten Giftgas-Attacke bei Damaskus.

„Außenminister Walid Muallem hat bei einem Gespräch mit der UN-Abrüstungsbeauftragten Angela Kane die Bereitschaft Syriens bestätigt, mit dem UN-Expertenteam bei den Ermittlungen zum mutmaßlichen Einsatz chemischer Waffen zusammenzuarbeiten“, erklärte ein Regierungsvertreter im syrischen Staatsfernsehen. Die Experten dürften auch den vermutlichen Ort der jüngsten Attacke in Guta bei Damaskus kontrollieren.

Bei dem Angriff am Mittwoch sollen nach Behauptung der Rebellen mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen sein. Eine unabhängige Bestätigung gibt es nicht. Damaskus weist den Einsatz chemischer Kampfstoffe zurück und beschuldigt stattdessen die Rebellen, Giftgas eingesetzt zu haben. Laut Ärzte ohne Grenzen sind in von der Organisation betreuten Krankenhäusern 3600 Menschen mit Symptomen von Nervengift behandelt worden. Von ihnen seien 355 gestorben.

Assad äußerte sich im „Iswestija“-Interview zu diesem Angriff wie folgt: „Es gibt keine Logik in diesen Vorwürfen. Es sind schließlich auch Regierungstruppen in dieser Region. Warum sollten wir sie angreifen?“ Tatsächlich könnten auch Rebellentruppen im Besitz von Sarin sein. Vor einigen Wochen konnte die türkische Polizei in Adana Mitglieder der al-Nusra-Brigaden festnehmen und stellte dabei in den Wohnungen der Festgenommenen das Giftgas sicher.

US-Geheimdienstquelle zu DTJ: „Reihe offener Fragen“

In der Tat wird auch in den USA über die wahren Hintergründe des Angriffs spekuliert. Das DTJ erfuhr aus US-Geheimdienstquellen, dass man zwar von der Authentizität der Informationen ausgehe, die das Stattfinden und die hohen Opferzahlen betreffen. An den Giftgasvorwürfen gebe es jedoch auch Zweifel.

Immerhin werden chemische Kampfstoffe über die Haut und über die Lungen übertragen. Und da würden bereits leichte Spuren im Milli- bzw. Mikrogramm-Bereich ausreichen, um nicht nur jedes Opfer, sondern auch alles, was damit in Berührung komme, zu kontaminieren. Dies würde jedoch auch Ersthelfer und anderes Personal betreffen, das mit ihnen in Berührung kommt.

Diese arbeiteten den bekannten Aufnahmen zufolge jedoch vielfach ohne jedwede Schutzkleidung. Dafür gäbe es allerdings nur zwei Erklärungen: Die eine wäre, die Opfer wurden erst dekontaminiert und dann wurden erst die Aufnahmen gedreht oder es hat jemand einen neuen Kampfstoff entwickelt, der in kurzer Zeit zerfällt und die eigenen Truppen schont. Hätte die syrische Armee so etwas gemacht, hätte Israel jedoch schon längst von sich aus auf breiter Ebene Syrien angegriffen, so die Quelle zu DTJ.

Das Weiße Haus hingegen hat angeblich „kaum Zweifel“ daran, dass das Regime von Baschar al-Assad in der vergangenen Woche Chemiewaffen eingesetzt hat. Das berichteten die „New York Times“ und andere US-Medien am Sonntag unter Berufung auf einen hochrangigen Regierungsbeamten.

Der britische Außenminister William Hague befürchtet allerdings, dass Beweise bereits zerstört sein könnten. „Wir müssen realistisch sein, was das Ergebnis der Untersuchungen der UN-Inspekteure betrifft“, sagte Hague am Sonntag dem Sender Sky News. „Natürlich können Beweise zerstört worden sein.“

Auch der britische Premierminister David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben nach Regierungsangaben aus London „wenig Zweifel“, dass das syrische Regime hinter dem angeblichen Giftgaseinsatz steckt. Nach einem Telefongespräch beider Politiker teilte ein britischer Regierungssprecher nach Angaben der britischen Nachrichtenagentur PA am späten Sonntagabend mit, beide seien sich einig, dass die UN-Inspekteure weitere Informationen suchen sollten. Solch ein Chemiewaffenangriff verlange eine „harte Antwort“ der internationalen Gemeinschaft.

Großbritannien bereitet sich bereits auf einen militärischen Einsatz in Syrien vor. Die Downing Street schließt nach eigenen Angaben nicht mehr aus, das Parlament aus der Sommerpause zu holen, um über einen Militärschlag abzustimmen. Eine entsprechende Forderung hatte es aus beiden großen Parteien gegeben. Ein Regierungssprecher sagte aber auch, dass die Regierung die Möglichkeit haben müsse, „sehr schnell zu handeln, wenn nötig“.

Auch die Türkei wäre bereit, sich an einer militärischen Koalition für ein internationales Vorgehen gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu beteiligen. Sein Land sei zwar dafür, auf Grundlage von UN-Entscheidungen zu handeln, zitierten türkische Medien am Montag Außenminister Ahmet Davutoğlu. Wenn es im Weltsicherheitsrat aber keine Entscheidung gebe, kämen Alternativen auf den Tisch.

„Derzeit diskutieren 36 oder 37 Staaten diese Alternativen. Falls in diesem Prozess eine Koalition gegen Syrien entsteht, würde die Türkei in dieser Koalition ihren Platz einnehmen“, sagte Davutoğlu demnach.

Russland mahnt zu Zurückhaltung

Russland hat die USA indessen dazu aufgerufen, sich eines militärischen Drucks auf Damaskus zu enthalten, sich nicht provozieren zu lassen und zur Schaffung von Bedingungen für eine Untersuchung durch eine UN-Mission für Chemiewaffen beizutragen, wie das russische Außenministeriums am Montag mitteilt.

In einem Telefongespräch mit US-Außenminister John Kerry wies der russische Außenminister Sergej Lawrow darauf hin, dass die in den vergangenen Tagen laut gewordenen offiziellen Erklärungen Washingtons über die Bereitschaft der US-Streitkräfte, in den Syrien-Konflikt einzugreifen, in Moskau mit tiefer Beunruhigung aufgenommen worden seien.

„Der Eindruck ist so, dass gewisse Kreise, darunter jene, die immer aktiver zu einer militärischen Intervention in Syrien unter Umgehung der Uno aufrufen, unverkennbar versuchen, die gemeinsamen russisch-amerikanischen Bemühungen um die Einberufung einer internationalen Konferenz zur friedlichen Lösung der Krise zu durchkreuzen“, heißt es in der Mitteilung.

Lawrow machte Kerry auf die äußerst gefährlichen Folgen einer möglichen neuen bewaffneten Intervention für die gesamte Region des Nahen Ostens und Nordafrikas aufmerksam, wo der Einfluss der Destabilisierungsprozesse, die solche Länder wie der Irak und Libyen noch immer durchleben, stark ist.

„Die Minister haben sich geeinigt, die Kontakte zu allen Aspekten der Syrien-Krise bereits in nächster Zeit fortzusetzen“, hieß es weiter.

Die Arabische Liga wird am Dienstag zusammentreten, um die neue Entwicklung zu diskutieren. In Israel hat Staatspräsident Shimon Peres internationale Anstrengungen gefordert, chemische Waffen in Syrien „unschädlich zu machen“. Premierminister Netanjahu erklärte, Israel wäre bereit, „den Abzug zu bedienen“, sollte dies nötig sein, um das eigene Volk zu beschützen.

Nach UN-Angaben sind seit Beginn der Kampfhandlungen in Syrien im März 2011 mehr als 100 000 Menschen ums Leben gekommen.

Im Zuge des letzten Gewaltausbruchs wurde der Gouverneur der zentralsyrischen Provinz Hama am Sonntag durch eine Autobombe getötet. Dies berichtete das staatliche Fernsehen und machte die Rebellen für die Tat verantwortlich. (dpa/RIA Novosti/i24news/CNN/dtj)