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Politik

Die Logik einer werteorientierten Außenpolitik

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Es ist gut, feste Überzeugungen zu haben. Es macht auch Sinn, diese innen- wie außenpolitisch zur Richtschnur des Handelns zu machen. Werden sie jedoch ideologischer Selbstzweck, steht man bald allein da – vor allem außenpolitisch. (Foto: ap)

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David Cameron, Barack Obama und Francois Hollande planen eine militärische Intervention in Syrien.
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Bald ist es so weit: Die im Nahen Osten so gerne als „Erdöl- und Blutrünstige“ geschmähten westlichen Bündnispartner kommen wohl erneut in die Region. Sie wollen kommen und das Assad-Regime in Syrien vielleicht zerstören, zumindest aber schwächen. Sollen sie denn kommen? Wenn Sie meinen, sie sollen kommen, wenn Sie sie sogar einladen, heißt das, Sie bieten ihnen eine Zusammenarbeit an. Sind Sie bereit, all das wochenlang Aufgezählte über den Westen, die USA und Europa zu vergessen? Was werden Sie denjenigen antworten, welche die Ihrerseits sogenannte prinzipientreue, „wertvolle“ Außenpolitik mit dieser Zusammenarbeit als „wertlos“ sehen?

So ist sie nun mal, die Außenpolitik, eine komplizierte Angelegenheit. Aufregung und Eile bekommen ihr nicht. Vor Ihnen befinden sich eine unkontrollierte große riesige Welt und endlose Ereignisse und Entwicklungen. Auf der einen Seite gibt es die Suche nach Macht, der Durchsetzung von Interessen, Hegemonie und auf der anderen Seite die Suche nach Moral, Werten und Partnerschaften.

Manchmal sind die Identitäten ausschlaggebend und manchmal können sie über die Außenpolitik erst konstruiert werden. Wahrnehmungen kann man beherzigen, Wahrnehmungen kann man erschaffen… Kurz gefasst: Es ist ein schwieriges Politikfeld. Es gibt zudem zwei Faktoren, welche die Konstruktion der Außenpolitik noch schwieriger gestalten: Ideologie und innenpolitische Berechnung.

Eine ideologische Sicht erschafft einen „Blindheitseffekt“, wenn sie außenpolitische Präferenzen und die Festlegung Selbiger führt. Die Tatsachen, Akteure und Fakten nehmen Sie nicht wahr, wie sie wirklich sind, sondern Sie nehmen sie entsprechend Ihrem „Ideologie-Prisma“ wahr. Im Allgemeinen ist die Flucht von einer „soften ideologischen Sicht“ zwar möglich, doch eine die Fakten verzerrende, „ideologische“ Haltung würde die Außenpolitik noch auswegloser machen.

Sie sind von Ihrer Ideologie, Ihrer „Vorstellung von der Welt“ vollends überzeugt und Sie möchten, dass die „anderen“ sich diese aneignen. Ansonsten gehen Sie davon aus, dass Sie nicht überleben könnten oder Sie sind davon überzeugt, dass der effektivste Weg, Ihren Einfluss zu verbreiten, der Export Ihrer Ideologie ist. Ihr Ziel scheint nicht einfach, doch es ist klar und deutlich: die Welt nach Ihrer eigenen Vorstellung zu konstruieren…

Der Versuch, Werte zu exportieren, führt am Ende in die innenpolitische Bredouille

Somit fordern sie den Status Quo der Welt heraus und fangen an, die Werte, Institutionen, Prozesse und Akteure des Weltsystems in Frage zu stellen. Diejenigen, die eine „ideologische“ Außenpolitik führen, behaupten immer, dass dies mit „Werten“ zu tun hätte; dass eine gerechte Weltordnung gegründet, die Ausbeutung beendet, die Ressourcen gerecht aufgeteilt und die Staaten wirklich gleichberechtigt werden würden…

Doch wird es zwangsläufig welche geben, die sich von Ihrer „revisionistischen“ Haltung gestört fühlen. Diese argumentieren damit, dass die von Ihnen geführte Politik keine „ideologische“, sondern eine schnöde, schmucklose „hegemoniale“ sei und werden sich somit dagegen stellen. Was auch nicht falsch ist. Denn das Ziel der ideologisch außenpolitischen Orientierungen sind die „Regimes“ der anderen Länder; Sie versuchen, diese Regimes gezielt zu beeinflussen und zu verändern. Schließlich wird der erste Haltepunkt der- von den ideologischen Vorstellungen geprägten – Außenpolitik ein Konflikt sein: Ein Konflikt mit dem System, der Region und den einzelnen Ländern.

Während all dies geschieht, verhindert die „ideologische Blindheit“, die materielle Lücke zwischen den Möglichkeiten und Zielen zu sehen. Die Ressourcen des Landes werden für einen romantischen, utopischen, ideologischen Traum verschwendet. Der Zustand eines ständigen Konflikts führt uns zu einem anderen Punkt, der die Außenpolitik erschwert – dem innenpolitischen Kampf. Die Außenpolitik der Regierungen, welche miteinander kollidieren – je mehr sie kollidieren, desto mehr vereinsamen sie, je mehr sie vereinsamen, desto schwächer werden sie intern – beginnt mit der Zeit, zu introvertieren und ihre Politik des „Regime-Exports“ gegen das Streben nach dem „Regime-Erhalt“ im Inneren einzutauschen.

Endstation Verschwörungsparanoia

Die Welt, für die Sie gearbeitet haben und die Sie versucht haben, zu verändern, baut nun Ihnen gegenüber Verschwörungen auf; Sie sind umgeben von Feinden und Ihre Feinde haben interne Verbündete. Der Punkt, an dem die Denkweise hinter den Verschwörungstheorien ankommen wird, ist eine autoritäre Politik, eine disziplinierte Gesellschaft, ein nur tyrannisch kontrollierbarer Staat.

Für ein solches Regime sind die innere Inspektion von Außenpolitik und äußeren Bedrohungen, die Beschwichtigung der politischen Opposition und die Disziplinierung der Gesellschaft ein „funktionelles Instrument“.

Folglich befindet sich eine Außenpolitik, welche sich von den Ideologien inspirieren lässt, sowohl mit der Außen- als auch mit der Innenwelt in einem Konflikt. Sie spricht zwar von Prinzip und Moral, doch das Erzählte dreht sich eigentlich nur um die „eigene Gerechtigkeit“. Unabhängig davon, mit welcher „Vorstellung“ sie vorgeht: Als ein Land, das mit jedem anderen in seiner Umgebung in einem Konflikt steht, kann sie weder eine Demokratie noch Freiheit erlangen. Das Ende des Kampfes und des Konflikts bedeuten die „Wahrnehmung einer angeschwollenen Bedrohung“.

Kurz und gut, wenn die muslimische Welt einen Weg findet, die Außenpolitik ohne Instrumentalisierung zum Zwecke eines Konflikts mit der Welt oder zur innenpolitischen Legitimation zu führen, dann hätte sie es vielleicht nicht nötig, die „Erdöl- und Blutrünstigen“ in die Region einzuladen.