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Politik

Istanbul will Aufmärsche auf dem Taksim-Platz untersagen

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Politische Kundgebungen auf dem Taksim sind seitens der Regierung nicht erst seit Gezi ungern gesehen. Seit eine Veranstaltung zum 1. Mai 1977 in einem Blutbad endete, versucht man, die Gewerkschaften zu anderen Ortschaften umzuleiten. (Foto: cihan)

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Hüseyin Avni Mutlu, der Gouverneur von Istanbul.
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Der Gouverneur von Istanbul, Hüseyin Avni Mutlu, hat angekündigt, den Taksim-Platz nicht für Veranstaltungen zum 1. Mai zur Verfügung stellen zu wollen. Einige Gewerkschaften hatten Ambitionen erkennen lassen, den Schauplatz der teils gewalttätigen Proteste gegen die Regierung Recep Tayyip Erdoğans im Juni 2013 als symbolträchtigen Kundgebungsort für die traditionellen Aufmärsche zum Tag der Arbeit auszuwählen.

Der Taksim-Platz sei kein geeigneter Platz für Kundgebungen, betont Mutlu. Er empfiehlt stattdessen den Yenikapı-Platz. Mutlu hatte sich mit Vertretern der Revolutionären Arbeitergewerkschaft (DISK) getroffen und betonte, weiter im Gespräch bleiben zu wollen. „Ich bin gegenüber Anliegen der Gewerkschaften immer offen und meine Türen stehen auch jedermann offen. Sollte man jedoch auf dem Taksim-Platz als Versammlungsort beharren, wird meine Antwort ein Nein sein“, betonte der Gouverneur.

Mehrere Gewerkschaften halten ungeachtet der Ankündigung Mutlus, Versammlungen auf dem Taksim-Platz untersagen zu wollen, an ihrem Vorhaben fest, sich am Tag der Arbeit auf dem Taksim-Platz zu versammeln. Eine Gruppe von Juristen forderte die Regierung dazu auf, ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahre 2012 zu implementieren, welches die Abhaltung von Versammlungen auf dem Platz für rechtmäßig erklärt hatte.

Im Rahmen einer Pressekonferenz betonte İbrahim Özden Kaboğlu, Professor für Völkerrecht an der Marmara-Universität, dass der EGMR die Abhaltung von Maikundgebungen auf dem Taksim-Platz ausdrücklich für zulässig erklärt habe und die Regierung dagegen keine Einwände erhoben hätte. Dies bedeute, die Regierung habe diese Entscheidung akzeptiert. Sie konnte wegen Umbauarbeiten auf dem Platz nur noch nicht umgesetzt werden, so Kaboğlu.

Memur-Sen weicht nach Diyarbakır aus

Die Gewerkschaft der Zivilbediensteten (Memur-Sen) hat unterdessen angekündigt, ihre traditionelle Maikundgebung diesmal nicht auf dem Taksim-Platz abhalten zu wollen. Stattdessen wolle man sie in Diyarbakır abhalten, um Unterstützung für den von der Regierung auf den Weg gebrachten Friedensprozess in den Kurdengebieten zum Ausdruck zu bringen. Im Oktober 2012 hatte Ankara Gespräche mit dem inhaftierten Führer der terroristischen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan, begonnen, um den zuvor seit fast 30 Jahren anhaltenden Bürgerkrieg im Südosten des Landes zu beenden.

Der Vorsitzende von Memur-Sen, Ahmet Gündoğdu, argumentierte, der Taksim-Platz habe den Eindruck erweckt, die Türkei wäre ein Land, in dem Instabilität und Chaos herrschten, statt Solidarität in der Gesellschaft zu symbolisieren.  

Tote bei Massenpanik 1977

Der Taksim-Platz ist jedoch ein für die Gewerkschaften sehr symbolträchtiger Ort, an dem bereits zahlreiche Kundgebungen abgehalten worden waren, von denen nicht wenige in gewalttätigen Ausschreitungen endeten. So wurden 1977 nach einem bewaffneten Angriff unbekannter Täter 34 Menschen in einer Massenpanik getötet, als die Kundgebungsteilnehmer versuchten, vor dem Gewehrfeuer der Angreifer zu flüchten.

Seit diesem Zeitpunkt versuchen türkische Regierungen, auf der Basis von Sicherheitsbedenken Kundgebungen und Feiern zum 1. Mai auf dem Platz zu verhindern. Von 2008 an wurden die Aufmärsche auf dem Taksim-Platz stillschweigend toleriert, die meisten davon verliefen auch friedlich, bisweilen kam es aber auch zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Im Vorjahr hatte die Regierung die Nutzung des Taksim-Platzes zur Maikundgebung untersagt, da einige Bauprojekte im Umfeld des Platzes durchgeführt wurden, die für Zehntausende von Menschen Sicherheitsrisiken geschaffen hätten.