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Politik

“Taraf” deckt ungeahnte Vermögenszuwächse bei Journalisten auf

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Ohne die Medien kann kein Putsch gelingen. Das ist eine Binsenweisheit aus der nahen türkischen Geschichte. Nun hinterfragt die Türkei die Rolle von einigen Journalisten bei dem sogennanten postmodernen Putsch von 28. Februar 1997. (Foto: Murat Gökce)

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Ohne die Medien kann kein Putsch gelingen. Nun hinterfragt die Türkei die Rolle von einigen Journalisten bei dem "postmodernen Putsch" von 28. Februar 1997.
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Eine Untersuchung der finanziellen Verhältnisse ziviler Akteure im Umfeld des Putsches vom 28. Februar 1997 förderte signifikante Vermögenszuwächse bei zehn Journalisten nach dessen erfolgreicher Durchführung zutage. Dies berichtete die „Taraf“ am Montag.

Die Abteilung für Finanzkriminalität im Finanzministerium (MASAK) hatte auf Veranlassung seitens Ankaras Staatsanwalt Mustafa Bilgili gemeinsam mit der Agentur für Regulierung und Überwachung des Bankwesens (BDDK) und der Nationalen Polizeiabteilung ermittelt.

Am 28. Februar 1997 hatte die türkische Armee die Koalitionsregierung unter Führung der später verbotenen „Wohlfahrtspartei“ (RP) zum Rücktritt gezwungen, weil diese „religiösen Fundamentalismus“ im Land gefördert habe.

Anfang des Monats wurde das Hauptverfahren gegen die Verantwortlichen für den damaligen Staatsstreich eröffnet. Im Zuge dessen wurde auch der Ruf nach einer Untersuchung der Rolle ziviler Akteure wie Geschäftsleute, Akademiker, Journalisten oder Vertreter zivilgesellschaftlicher Gruppen laut. Auch Premierminister Recep Tayyip Erdoğan schloss sich dieser Forderung an.

Die MASAK untersuchte daraufhin Kontobewegungen bei insgesamt 100 Personen, die im Verdacht stehen, am Putsch mitgewirkt zu haben. Einige davon besitzen seit jener Zeit mondäne Wohnungen in Bosporusnähe und Guthaben von bis zu 5 Millionen türkischer Lira (etwa 1,8 Mio. €) auf Bankkonten.

Ein besonders aktiver Journalist, dessen Artikel zu jener Zeit die Angst vor dem „religiösen Fundamentalismus“ schürten, besitzt nun Regierungsanleihen im Wert von 6 Millionen TL und mehrere luxuriöse Immobilien in mehreren Bezirken Istanbuls. Mehrere weitere Journalisten waren ebenfalls in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Putschgeschehen über Nacht in den Klub der Millionäre aufgestiegen.

Ließen sich auch DYP-Abgeordnete schmieren?

So sehr die eifrigen Kämpfer gegen Fundamentalismus und Neoliberalismus die staatliche Verteilung des Reichtums verbal guthießen, ergaben sich doch nach einer Analyse der Bankkonten durch die MASAK bei einigen von ihnen am Ende nicht unerhebliche Abweichungen zwischen den in damaligen Steuererklärungen angegebenen und den tatsächlich erworbenen Einkommensbeständen.

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden bis dato noch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Die MASAK überprüfte auch Vermögensveränderungen bei einigen damaligen Abgeordneten der „Partei des Rechten Weges“ (DYP), deren Gebaren 1997 ebenfalls entscheidend zum Zusammenbruch der Koalitionsregierung beitrug. Dabei fanden die Ermittler Hinweise darauf, dass das Vermögen der Abgeordneten sich in auffälliger Weise nach oben bewegt hatte – was die Frage aufwirft, ob dieser plötzliche Zuwachs an Reichtum möglicherweise mit dem Schicksal der damaligen Regierung in irgendeinem kausalen und adäquaten Zusammenhang stehen könnte.

Antworten auf die offenen Fragen sollen im weiteren Verlaufe des Prozesses gegen die mutmaßlichen Drahtzieher des Putsches gegeben werden. In diesem Rahmen wurden auch die zivilen Akteure, die in den Fokus der Untersuchung geraten waren, als Zeugen geladen.