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Gesellschaft

Teil des ‚Wir’s sein – egal, ob als Fanatiker oder als Kopftuchfrau

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So oft über die Anerkennung des Islams in Deutschland diskutiert wird, so selten kommen dabei junge Muslime selbst zu Wort. Die Initiative JUMA hat kürzlich in Berlin eine Plakatkampagne gestartet. Wir sprachen mit einer Teilnehmerin. (Foto: dpa)

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Teil des 'Wir's sein - egal, ob als Fanatiker oder als Kopftuchfrau
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Am Montag stellte die Initiative „Jung, Muslimisch, Aktiv“ (JUMA) im Rahmen einer Pressekonferenz eine Plakataktion vor, mittels derer das von den Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) e.V. getragene Projekt für mehr Anerkennung und die Überwindung von Vorurteilen werben will.

„Vor einem Jahr haben wir uns dem Thema ‚juristische und gesellschaftliche Anerkennung des Islams’ gewidmet und festgestellt, dass es viele Baustellen und Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Wir haben bemerkt, dass der Debatte zur Anerkennung des Islams eine junge muslimische Stimme fehlt. Wir Muslime nehmen die Debatte um die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland viel zu oft nur passiv wahr, lassen uns von negativen Schlagzeilen treiben und versuchen selten, die Debatte aktiv mitzugestalten und reden nur dann, wenn eine negative Schlagzeile dies von uns fordert”, erklärte Teilnehmerin Kübra Özermiş (re.) dem DTJ das Projekt und ergänzte bezüglich der Motivation: „Diese passive Haltung ergänzt mit Diskriminierungserfahrungen einiger Teilnehmer im Alltag haben zu unserer Entscheidung beigetragen, diese Kampagne zu initiieren und selbst das Wort zu ergreifen.”

Bei der Pressekonferenz standen Sawsan Chebli, die Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten namens der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Kübra Özermiş für JUMA und Dr. Andrés Nader als Geschäftsführer der RAA Berlin zu den Aktionen und den Zielen der Kampagne Rede und Antwort.

Junge Muslime wollen endlich Teil des „WIRs” sein

„Beim JUMA-Projekt machen junge Menschen mit den unterschiedlichsten politischen Einstellungen mit und daher gibt es so viele verschiedene Erwartungen an die Bundestagswahl wie es Teilnehmer gibt”, fasst Özermiş zusammen. „Worauf wir uns allerdings wohl einigen können und was wir uns alle wünschen, ist – unabhängig vom Ausgang – ein friedvolles und kooperatives Miteinander (und) Fortschritte in der Anerkennung des Islams. Wir wünschen uns, dass wir uns als Muslime nicht mehr länger für den Islam rechtfertigen müssen, dass wir so anerkannt werden wie wir sind, dass wir nicht zu DEN ANDEREN gemacht werden, sondern Teil des WIRs sind.“

Immer noch wird das Zusammenleben der Menschen in Deutschland durch Debatten darüber belastet, welchen Platz der Islam in diesem Land hat. Immer noch werden Menschen, die sich zum Islam bekennen, oft nicht als gleichwertige Bürgerinnen und Bürger Deutschlands anerkannt. So oft aber über die Anerkennung des Islams diskutiert wird, so selten kommen dabei junge Muslime selbst zu Wort. „Wichtig ist, dass wir ganz bewusst auf keine polemische und negative Aussage von bestimmten Personen reagieren. Wir agieren und zwar völlig unabhängig von den Inhalten und Zielen, die manche zuvor geäußert haben“, betont Özermiş.

Deshalb sind die JUMA-Jugendlichen nun mit einer Kampagne zur Anerkennung von Musliminnen und Muslimen in die Offensive gegangen und stellen ihre Positionen und Ansichten dar.

Die Anerkennungskampagne beginnt mit einer Plakataktion, die diskriminierende Begriffe aufs Korn nimmt. Seit dieser Woche sind an 500 öffentlichen Stellen in Berlin, u.a. an Bushaltehaltestellen und Litfaßsäulen, als „Fanatiker“ ein Imam als ein Hertha-Fan unter vielen, als „Fremde“ muslimische und nichtmuslimische Nachbarn bei einem Grillfest mit Fladenbrot und Gartenzwergen im Schrebergarten sowie als „Kopftuchfrau“ eine Businessfrau mit Kopftuch, die auf einer Sitzung vor drei Männern referiert, zu sehen.

Unterstützung durch prominente Politiker und Persönlichkeiten

Neben den drei Plakaten gehören zur Anerkennungskampagne auch Interviews von Jugendlichen und Experten, Cartoons und Zitate von prominenten Persönlichkeiten wie Ruprecht Polenz, Andrea Nahles, Dirk Niebel oder Stephan J. Kramer und mehr, die nach und nach auf der Webseite von JUMA angekündigt oder gezeigt werden.

„Bislang haben wir meist positive Resonanz auf unsere Kampagne erhalten, auch wenn es hier und da negative Kritik oder Verbesserungsvorschläge gibt. Unser Ziel war es, dass wir selber eine neue reflektierte Debatte frei von negativen Schlagzeilen anstoßen und dies ist uns bis jetzt gut gelungen”, resümiert Özermiş.

Eine Fishbowl-Diskussion am 6. September 2013 im Museum für Islamische Kunst in Berlin soll den Abschluss der Kampagne bilden. Hier diskutieren im Vorfeld der Bundestagswahl junge Musliminnen und Muslime mit Berliner Spitzenkandidaten und -kandidatinnen der im Bundestag vertretenen Parteien über das Thema Anerkennung.

Zudem hat JUMA anlässlich der Bundestagswahl Wahlprüfsteine erstellt. Fragen, die Muslime in Deutschland betreffen, wurden zur Vorbereitung und auch als Hilfe für die anstehenden Wahlen an SPD, CDU, FDP, LINKE, Grüne und Piraten verschickt. Die Antworten sind bereits eingetroffen und sollen in den kommenden Tagen veröffentlicht werden.