Politik
Trump und seine zornigen Generäle
von Adem Yavuz Arslan, Washington
MEINUNG Die Frage, wen der designierte US-Präsident Donald Trump in sein Kabinett berufen wird, und was für eine Figur er im Amt machen wird, ist nicht nur in den USA auf der Tagesordnung. Wer im Weißen Haus sitzt und mit wem er oder sie zusammenarbeitet, war noch nie lediglich ein Thema der US-Innenpolitik. Dieses Mal aber ist die Lage dennoch etwas anders.
Die größte Furcht vor Trump herrscht natürlich in der US-Öffentlichkeit selbst. Das hat zwei Gründe: Ihn selbst und den Kader, den er aufstellen wird.
Wie man heute weiß, war es ein fataler Trugschluss, zu glauben, dass seine Kandidatur ohnehin aussichtslos sei und er seinen Wahlkampf früher oder später in den Sand setzen würde. Obwohl sogar seine eigene Partei gegen ihn war, hat er sich regelrecht durchgeprügelt, um sich zunächst die Kandidatur zu sichern und am Ende das Amt des Präsidenten zu holen.
Die Furcht der amerikanischen Öffentlichkeit vor Trump basiert auf seiner Vergangenheit als Unternehmer und seiner Unberechenbarkeit. Während des Wahlkampfs hat er derart große Worte gespuckt, so große Versprechen gemacht, dass schon die Erfüllung nur einiger davon das Gleichgewicht der Welt völlig durcheinanderbringen würde. Man denke da nur an die Abschiebung von 11 Millionen nicht registrierten Migranten aus den USA, die Einreisesperre für Muslime, die Errichtung einer Mauer an der Staatsgrenze zu Mexiko, das Bombardieren des IS , die Inbesitznahme der Erdölvorkommen in dieser Region und weitere „geniale“ Ideen wie den verbreiteten Einsatz von Foltermethoden.
Seine besondere Sympathie zu Putin, seine netten Worte über Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi verstehen sich da als Sahnehäubchen. Seine Maßnahmen in der Übergangsphase verstärkten die Skepsis gegenüber Trump noch zusätzlich.
Und dann ist da noch das Kabinett, das er gerade zusammenstellt. Die ersten, die darin auffallen, sind die zornigen Generäle.
Erdoğan und die AKP bejubeln zwar die Entscheidungen Trumps, schaut man sich aber an, mit wem er sich umgibt, fällt auf, dass es sich ausschließlich um extrem rechte, nationalistische und islamophobe Personen handelt.
Der durch Trump in das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters berufene Michael Flynn, welcher es sich als Chef des Militärnachrichtendienstes DIA mit Präsident Obama verscherzte und infolgedessen pensioniert wurde, hat bisher nicht daran zweifeln lassen, dass er offen islamophob ist. Dennoch führt er Finanzgeschäfte mit der türkischen AKP-Regierung, was die US-Nachrichten tagelang beschäftigt hat. Auch James Matthis, der Verteidigungsminister werden soll, ist in Washington eine bekannte Größe. Seine Ansichten gelten ebenfalls als radikal, wenn auch nicht in dem Maße wie die Flynns.
Gleiches gilt für den als neuen CIA Chef gehandelten Abgeordnete Mike Pompeo sowie den designierten Justizminister Jeff Sessions. Sessions Name war lange Zeit präsent in Diskussionen über Rassismus in den USA. Er wurde 1986 durch den damaligen Präsidenten Präsident Ronald Reagan zum Kandidaten des Obersten Gerichtshofs ernannt, aber letztlich nie berufen, weil ihm vorgeworfen wurde, rassistische Äußerungen getätigt zu haben. Trumps Vize Mike Pence ist als ein konservativer Hardliner bekannt. Trumps Kabinettschef soll Reince Priebus werden, der damit auffiel, Trump besonders bei seinen Aussagen gegen Muslime zu unterstützten.
Den Türken noch wegen der „Sackaffäre“ bekannt ist der ehemalige General David Petraeus. Auch er ist für einen Kabinettsposten im Gespräch. Auch wenn zwei Namen noch nicht feststehen, werden wohl mindestens vier Falken in Trumps Kabinett sitzen.
Trumps Personalauswahl bezüglich der Nationalen Sicherheit und der Außenpolitik werden auch in der US-Öffentlichkeit heiß diskutiert. Das geht so weit, dass die renommierte Foreign Policy klipp und klar titelte „Dieser Kader ist eine Gefährdung der Nationalen Sicherheit“. Politico veröffentlichte zudem eine lange „Risikoanalyse“ darüber.
Auch die potentiellen Mitglieder in Trumps Finanzstab sind mindestens so streitig wie die Generäle.
Sein Finanzstab besteht aus wichtigen Vertretern der Wall Street, die er am Anfang seines Weges zu verändern versprach. Der für das Finanzministerium in Frage kommende Steven Mnuchin war viele Jahre Manager bei Goldman Sachs. Wilbur Ross und Todd Ricketts sind ebenso Vertreter des Großkapitals.
Was bedeutet also Trumps Kader? Zahlreiche Think Thanks aus Washington und die US-Medien diskutieren mögliche Antworten auf diese Fragen. Sie finden natürlich noch keine, vielmehr ist die Ungewissheit verbreitet.
Auf der einen Seite stehen die, die glauben, dass die starken Traditionen und Institutionen der USA Trump daran hindern werden, radikale Schritte zu wagen. Auf der anderen Seite wird kommentiert, dass ein so unerfahrener, doch zugleich mit vielen Befugnissen ausgestatteter und extrem rechten Namen umgebener US-Präsident ernsthafte Probleme verursachen könnte. Konflikte zwischen dem Senat, dem Repräsentantenhaus und dem Supreme Court scheinen vorprogrammiert.
Selbst Trumps beschwichtigende Worte nach der Wahl haben diese Zweifel nicht beseitigen können, da er sich oft selbst widerspricht.
So hat er beispielsweise an einem Sonntagmorgen über Twitter erklärt, dass US Firmen, die ihre Investitionen aus dem Ausland nicht in die Heimat holen, künftig 35% Schutzzölle zu erwarten haben.
Dass Berater des US-Präsidenten rassistische und rechte Parolen von sich geben, ist für die US-Öffentlichkeit nichts Neues. Das ist einer der Gründe, warum die großen und einflussreichen US-Medien, wie New Yorks Times Trump noch nicht akzeptiert haben. Trump ist für seine schroffe Haltung gegenüber Journalisten bekannt. Seine Streitigkeiten mit der Presse könnten Trump ungewöhnlich heftigen Stress bereiten, denn die US-Medien setzen den neuen Präsidenten und seine Crew in einen Hexenkessel, noch bevor sie die politischen Geschäfte tatsächlich übernommen haben.
Was werden Trumps erste Handlungen sein? In seinem Wahlkampf auf Wirtschaft und Inneres. Seit seiner Wahl deuten seine Aussagen auch darauf, dass er zunächst mit dem Inneren beginnen wird. Nicht nur seine Wähler erwarten von ihm, dass er mehr Arbeitsplätze schafft.
Es ist nicht auszuschließen, dass diese innenpolitischen Maßnahmen auf Entwicklungs- und Schwellenländer wie die Türkei negative Auswirkungen haben werden. Wenn Trump die Steuern senkt und in die heimische Infrastruktur investiert, werden die Zinsen und dadurch auch der Dollar steigen. Das sollten vor allem diejenigen bedenken, die in der Türkei mit Dollar spekulieren.
Auch in der Außenpolitik wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Unterschrift der Falken zu erkennen sein.
Neben alledem gibt es eine andere wichtige Tatsache: mit Trump ist zum ersten Mal ein politisch absolut unerfahrener US-Bürger Präsident dieser immer noch wichtigsten Supermacht der Welt geworden. Vor allem das macht den Amerikanern selbst Angst.