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Politik

Türkei: Armee äußert sich zu Putschgerüchten

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Der türkische Generalstab hat sich zu Gerüchten geäußert, wonach ein Militärputsch gegen die türkische Regierung bevorstehe. Man stehe zur Demokratie im Land, beteuert er. Gerüchte über Staatsstreiche sind in der Türkei keine bloßen Hirngespinste.

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Die Türkischen Streitkräfte (Türk Silahlı Kuvvetleri, TSK) haben Gerüchte dementiert, wonach ein erneuter Staatsstreich gegen die Regierung bevorstehe. Der Generalstab veröffentlichte am Donnerstagmorgen eine schriftliche Pressemitteilung auf seiner Homepage, in der er unterstreicht, dass die Verbundenheit der türkischen Streitkräfte zur Demokratie bei jeder Gelegenheit zur Sprache gebracht werde.

Weiter heißt es darin: „Disziplin, absoluter Gehorsam und eine feste Befehlskette sind Grundlagen der türkischen Streitkräfte. Außergesetzliche, sich außerhalb dieser Befehlskette befindliche Initiativen werden nicht geduldet.“ Gegen Berichte und Kommentare, die „jeglicher rechtlicher, menschlicher, rationaler oder auf das Gewissen bezogener Grundlage entbehren“ werde der Rechtsweg eingeschaltet. Die Erklärung wird als entschiedenes Dementi möglicher Putschgedanken seitens der Türkischen Streitkräfte gewertet.

Hintergrund: Der Türkei- und Nahostexperte und frühere Pentagon-Mitarbeiter Michael Rubin hatte in einem Beitrag für das American Enterprise Institute (AEI) vergangene Woche geschrieben, dass in der Türkei die akute Wahrscheinlichkeit eines Militärputsch bestehe. Rubin schrieb, dass die Schulden des privaten Sektors in der Türkei außer Kontrolle geraten seien, Erdoğan gleichzeitig einen Palast nach dem anderen hochziehe, „Gefühlsexplosionen“ erlebe und einen Krieg gegen die Kurden begonnen habe, der nicht zu gewinnen sei.

Die USA seien Rubin zufolge einem Militärputsch in der Türkei gegenüber nicht so ablehnend eingestellt wie es beispielsweise in Ägypten der Fall war. Daraufhin hatten regierungsnahe Zeitungen in der Türkei spekuliert, dass die USA einen Militärputsch in der Türkei planten. Aber auch im Lager der Erdoğan-Gegner wurde laut über das Risiko eines Eingreifens der Militärs nachgedacht. Die Probleme der Türkei hätten sich angehäuft, die Politik sei nicht mehr in der Lage, eine Lösung anzubieten.

Lange Geschichte von Staatsstreichen

Spekulationen über einen Militärputsch sind in der Türkei keine reinen Hirngespinste. Bereits vier Mal hat das türkische Militär gewählte Regierungen gestürzt: 1960 entmachtete die türkische Armee Ministerpräsident Adnan Menderes und ließ ihn hinrichten, nachdem es zu Protesten gegen den zunehmend autoritärer werdenden Regierungsstil des islamisch-konservativen Politikers kam. Auch 1971 und 1980 putschte das Militär gegen gewählte Regierungen und übernahm die Macht im Land. Die Verfassung, die die Militärs nach dem Staatsstreich vom 12. September 1980 schreiben ließen, ist bis heute in Kraft. Im Rahmen aller drei Staatsstreiche kam es zur Aufhebung von Grundrechten, Menschenrechtsverletzungen, Hinrichtungen, Folter und Massenverhaftungen.

1997 beseitigte das Militär Ministerpräsident Necmettin Erbakan im sogenannten „postmodernen Putsch“ vom 28. Februar. Nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (Millî Güvenlik Kurulu, MGK) veröffentlichte der Generalstab ein Memorandum mit Forderungen, die sich gegen Erbakans islamistische Regierung richteten und zu deren Rücktritt führten. Auch während der Regentschaft der AKP gab es bereits mehrfach Putschgerüchte und mutmaßlich konkrete Pläne innerhalb des Militärs.

Hauptsächlich aus geopolitischen Gründen waren die USA vor allem dem Putsch von 1980 gegenüber wohlwollend eingestellt. Wie der türkische Historiker Mehmet Ali Birand berichtet, habe Paul Henze, der Sicherheitsberater des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter, diesem die Nachricht des Staatsstreichs mit den Worten „our boys did it“ übermittelt.