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Politik

Davutoğlu will Verbreitung des Buches von Ali Bulaç stoppen lassen

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Außenminister Davutoğlu hat eine Klage eingereicht, weil er sich durch Ali Bulaçs Buch „Religion und Politik“ in seinen persönlichen Rechten verletzt sieht. Dort sollen sich Inhalte eines Tischgesprächs wiederfinden. (Fotos: zaman/cihan)

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Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu fordert eine Entschädigung in Höhe von 10 000 Lira. Grund für seine Klage ist, dass Davutoğlu nach den Festnahmen anlässlich der Korruptionsaffäre vom 17. Dezember vergangenen Jahres bei einem gemeinsamen Frühstück ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Freundschaftskreises der türkischen Parlamentarier führte, dessen Inhalt nun in „Religion und Politik“ auftauchen soll. Davutoğlu soll demnach folgende Aussage getroffen haben: „Wir haben eine staatliche Tradition. Das war auch im Osmanischen Reich so. Für den Staat hat man sogar seine Söhne geopfert. Auch heute würden wir eine Gruppe nicht einfach hinnehmen, wenn sie dem Staat Schaden zufügen kann. Wir können nicht zusehen, wie der Staat eingenommen wird.“

Weil dem Leser diese angeblich oder tatsächlich im vertraulichen Rahmen getätigte Aussage zugänglich gemacht wurde, will Davutoğlu nun das Einstellen der Publikation erreichen oder zumindest die angegebene Textstelle mit einem Streifen verdecken lassen. Obwohl Davutoğlu abstreitet, diese Worte jemals gesagt zu haben, wurde die Aussage am 11. Januar 2014 selbst von den regierungsnahen Zeitungen Sabah, Takvim, Star und Haber 7 aufgegriffen und wochenlang intensiv diskutiert. Auch Zeitungen wie die Hürriyet und Taraf gaben die Aussagen des Außenministers damals wieder.

Der , der Davutoğlu vielmehr als Intellektuellen und Akademiker wahrnehmen will, äußerte sich hingegen wie folgt: „Dass ein Intellektueller das Verbot eines Buches oder das Zensieren einer bestimmten Textstelle fordert, finde ich ausgesprochen seltsam. Ich hatte das nicht erwartet. Zuvor ist noch nie gegen eines meiner Bücher geklagt worden.“

Der Anwalt des Außenministers, Cemal Araalan, reichte die Klage am 29. Mai 2014 in Ankara mit der Begründung ein, Bulaç habe in seinem Buch Worte Davutoğlus zitiert, die sein Mandant so nie gesprochen habe. Araalan erklärte, dass die Aussage auf Seite 26 des Buches nicht der Wahrheit entspreche. Die Worte sind allerdings auch in frei zugänglichen Quellen nachzulesen. Zudem hatten am 11. Januar 2014 viele Zeitungen die nun abgestrittene Aussage aufgegriffen und der Öffentlichkeit als Tatsachenbehauptung zugänglich gemacht.    

davutoglu

„Den Stopp der Veröffentlichung des Buches zu fordern, finde ich grotesk“

Der Theologe, Soziologe, Journalist und Autor Ali Bulaç selbst bewertete die Klage gegen sein Buch wie folgt: „Ich sehe Herrn Davutoğlu vielmehr als einen Intellektuellen und Akademiker. Als Intellektueller das Verbot eines Buches oder die Zensur einer gewissen Textstelle zu fordern, finde ich äußerst grotesk. Nie zuvor habe ich sowas erlebt. Selbst in den Zeiten der Militärputsche nicht, obwohl ich schon damals aufgrund meiner Ideen elf Mal angeklagt wurde. Dass ich nun wieder angesichts meiner Schriften vor Gericht komme, ist sehr schmerzhaft. Das hätte ich von Ahmet Davutoğlu nicht erwartet.“ Zudem erklärte Bulaç, es sei ein Eingriff in die Meinungsfreiheit, den Stopp der Veröffentlichung aufgrund einer Aussage zu fordern, die sich ohnehin in den Medien finden lässt.

In seinem neuen Buch „Religion und Politik“ beschäftigt sich Ali Bulaç unter anderem mit der Frage: „Was ist nicht das politische Gesellschaftsmodell des Islams?“ Er setzt sich intensiv mit der Beziehung zwischen Staat und Religion in der Moderne und mit der Natur der Politik auseinander. Ferner wirft er einen Blick auf den Druck, den die dominierende politische Kultur auf die Gesellschaft ausübt.