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Politik

Über wie viel Macht verfügt Erdoğan als Staatspräsident?

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Der neu gewählte Staatspräsident Erdoğan hat sich zum Ziel gesetzt, seine verfassungsmäßigen Befugnisse voll auszuschöpfen. Welche aber sind diese? (Foto: reuters)

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In der Türkei hat der Staatspräsident im Vergleich zum Premierminister vergleichsweise eingeschränkte Befugnisse. Die Pläne der AKP, in der Türkei ein Präsidialsystem nach US-amerikanischem Vorbild mit türkischer Eigenart zu schaffen, scheiterten zwar an der fehlenden Parlamentsmehrheit. Im Unterschied zu seinen Vorgängen will Erdoğan seine verfassungsmäßigen Befugnisse jedoch in vollem Umfang ausschöpfen.

Die Rechte des Präsidenten wurden zwei Jahre nach dem Putsch des Jahres 1980 neu festgelegt. Sie werden im Art. 104 der Verfassung von 1982 umschrieben.

Der Verfassung zufolge setzt der Präsident durch seine Unterschrift vom Parlament verabschiedete Gesetze in Kraft oder verweist sie ans Parlament zurück. Fällt das Parlament einen Beharrungsbeschluss, muss der Präsident das Gesetz unterschreiben, aber kann vor dem Verfassungsgerichtshof dagegen klagen, wenn er es für verfassungswidrig hält.

Bei einer Zustimmung von weniger als zwei Drittel, aber mehr als drei Fünftel der Abgeordneten (330) kann der Staatspräsident einen Änderungsvorschlag zur Verfassung einem Referendum vorlegen.

Auf das Militär hat er dadurch Einfluss, dass er den Chef des Generalstabes und die Mitglieder des obersten Berufungsgerichtshofes innerhalb der Militärgerichtsbarkeit ernennt. Auch entscheidet er über die Kandidaten für wichtige Positionen im Bereich der Nationalen Geheimdienstorganisation (MİT), der Nationalen Polizeiabteilung und des Telekommunikationsdirektorates (TİB). Er kontrolliert und beaufsichtigt zudem die höheren Bildungseinrichtungen, ernennt Universitätsrektoren und die Mitglieder des Obersten Erziehungsrates (YÖK).

Wenn er es für erforderlich hält, kann der Präsident den Vorsitz bei Kabinettssitzungen übernehmen. Auch durch das Unterfertigen von Regierungsdekreten kann er Einfluss nehmen. Das Kabinett kann auch unter Vorsitz des Präsidenten über bestimmte Gebiete den Ausnahmezustand verhängen.

Darüber hinaus ernennt der Präsident 14 von 17 Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes, ein Viertel der Mitglieder des Staatsrates und vier Mitglieder des Obersten Rates der Richter und Staatsanwälte (HSYK). Er kann die Strafen gegen bestimmte verurteilte Straftäter umwandeln oder sie auf Grund chronischer Krankheiten, Behinderungen oder hohen Alters ganz oder teilweise begnadigen.

Der Präsident kann auch Parlamentssitzungen einberufen, wenn er es für erforderlich hält, oder Neuwahlen ausschreiben. Er ratifiziert und promulgiert internationale Verträge, entsendet Botschafter ins Ausland und empfängt Diplomaten anderer Länder in der Türkei. Auch ernennt er die Mitglieder und den Präsidenten des staatlichen Rechnungshofes (DDK).

Auch darf ihm kein Prozess vor einem ordentlichen Gericht aus dem Grund gemacht werden, dass seine Unterschrift unter Dekreten oder Anordnungen des Präsidenten ungesetzlich wäre.