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Politik

Erdoğan-Mitschnitte: Experten gehen von Echtheit aus

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Erste Analysen der am Montag veröffentlichten Mitschnitte angeblicher Gespräche zwischen Premierminister Erdoğan und seinem Sohn Bilal durch Fachleute erbrachten keine Hinweise auf Montagen. Auch der Generalstaatsanwalt will nun Klarheit. (Foto: zaman)

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Der türkische Premier bei einem Telefongespräch
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Die kürzlich aufgetauchten Mitschnitte einer Konversation, die der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan via Telefon mit seinem Sohn Bilal am Tag des Bekanntwerdens der Korruptionsermittlungen geführt und in welchen er diesem geraten haben soll, einen größeren Geldbetrag „verschwinden zu lassen“, beherrschen weiter die öffentliche Debatte.

Nun haben zum ersten Mal professionelle Tonmeister Stellung genommen. Attila Özdemiroğlu, ein Musiker und Tontechniker, der einst auch Vorsitzender der Gesellschaft der Verwertungsrechteinhaber von Musikstücken (MESAM) gewirkt hatte, postete am Montag auf seinem Twitteraccount, dass nicht von einem Zusammenschnitt von Tonspuren ausgegangen werden könne.

Es sei sehr einfach herauszufinden, ob etwas zusammengeschnitten sei, wenn die Hintergrundgeräusche sich verändern. „Ich habe die Aufnahme untersucht; da gab es keine Änderungen in der Hintergrundlautstärke“, betonte Özdemiroğlu.

Auch Erdem Helvacıoğlu, ein weiterer Tontechniker, erklärte: „Ich habe mir die Aufnahme immer und immer wieder angehört. Diese Aufnahme ist definitiv authentisch. Ich bin akademisch zertifizierter Tonmeister, man kann mir da vertrauen.“

Ali Büyük, ein weiterer Tontechniker, stellte auf seinem facebook-Account fest: „Die Aufnahme ist nicht zusammengeschnitten. Man kann dies sogar mittels eines einfachen Plug-In-Analyzers feststellen.“

CHP recherchiert Abläufe des Konya-Besuchs 

Allerdings gibt es auch Stimmen, die sagen, die Anrufe könnten zur angegebenen Zeit nicht stattgefunden haben, weil Erdoğan sich zu diesem Zeitpunkt auf einer Inaugurationszeremonie in Konya befunden hätte. Dieser Darstellung widersprach die Oppositionspartei CHP, nachdem sie recherchiert und die nachvollziehbaren Abläufe des Aufenthalts des Premierministers in Konya mit den Anrufzeiten abgeglichen hatte. Sie kam zum Ergebnis, Erdoğan hätte ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Gespräche zu tätigen. Der Vorsitzende der CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, hatte am Dienstag ausgeschlossen, dass es sich bei dem Tonband um eine Montage handeln könne. „Diese Aufnahme kann keine Montage sein. Der Premierminister sagte doch selbst, er stünde unter Beobachtung. Es müssen auch die Geldtransfers nachvollzogen werden können, und diese werden bald aufgedeckt werden.“

Am Dienstagnachmittag hat der Generalstaatsanwalt in Ankara eine Untersuchung eingeleitet, die klären soll, ob die Aufnahmen authentisch sind und auf legalem Wege gewonnen wurden.

Die CHP erneuerte nach ihrer Vorstandssitzung ihre Rücktrittsforderungen gegenüber dem Premierminister. Es sei ein „Skandal“ und die Regierung habe von diesem Moment an jede Legitimation verloren. Die Türkei könne mit „all diesem Dreck“ nicht vorankommen.

Erdoğan will Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen

Auch die MHP hielt ein Vorstandstreffen ab. In einer Erklärung nannte Parteichef Devlet Bahçeli die Tonbandaufnahme „erstaunlich“ und forderte die Justiz auf, sich der Sache anzunehmen. Erdoğan solle „nicht einmal daran denken“, die Verantwortung von sich abzuwälzen, indem er behaupte, die Bänder seien gefälscht. „Die Justiz sollte handeln. Der geschätzte Herr Generalstaatsanwalt kann jetzt nicht einfach in seinem Sessel sitzenbleiben, als wäre nichts geschehen. […] Selbst wenn der Premierminister versuchen sollte, diese Vorwürfe zu vertuschen, sollte der Generalstaatsanwalt andere Staatsanwälte dazu bewegen, gegen Erdoğan zu ermitteln.“ Der Premierminister möge gefälligst selbst Beweise für seine Behauptung vorlegen, die Aufnahmen seien gefälscht, so Bahçeli.

Der Premierminister hingegen beharrt auf der Darstellung, die Aufnahmen, deren Youtube-Upload bis dato über 2 Millionen Klicks verzeichnet hat, wären eine Montage und „komplett falsch”. Er kündigte an, diejenigen zu verklagen, die dieses „dreckige Komplott“ inszeniert hätten. In einer Erklärung hieß es: „Die Aufnahmen, die am Montagabend ins Internet gestellt wurden und von denen es hieß, sie würden ein Telefongespräch zwischen dem Premierminister und seinem Sohn darstellen, sind komplett falsch und Produkt einer unmoralischen Montage.“ Der Premierminister kündigte an, die für diese „dreckige Verschwörung“ Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.