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Politik

Neue Eiszeit? Erdoğan besucht Brüssel

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Nicht nur innenpolitisch steht der türkische Premierminister unter Druck, auch aus der EU mehren sich die kritischen Stimmen. In dieser angespannten Phase kommt Erdoğan nun nach Brüssel. (Foto: iha)

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Erdogan und Rompuy
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Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan besucht erstmals nach fünf Jahren wieder Brüssel. Er kommt am Dienstag ab 11 Uhr mit den Spitzenvertretern der Europäischen Union zusammen. Erdoğan spricht mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsident Herman Van Rompuy (Foto, re.) und Parlamentspräsident Martin Schulz. Der Besuch fällt in eine schwere Phase der Beziehungen zwischen der EU und Ankara. Während ursprünglich – der Termin steht schon seit über einem Monat fest – über den weiteren Verlauf des EU-Beitrittsprozesses gesprochen werden sollte, hat sich die Ausgangslage vor dem mit Spannung erwarteten Besuch mittlerweile geändert.

Grund ist das Krisenmanagement der Erdoğan-Regierung seit Bekanntwerden der Korruptionsaffäre am 17. Dezember 2013. Nach der Zwangsversetzung von 20 Staatsanwälten in Istanbul hatte die EU-Kommission vergangene Woche die Aufklärung der Korruptionsvorwürfe gegen Politiker angemahnt. „Wir erwarten, dass die türkischen Stellen dafür sorgen, dass diese Vorwürfe ohne Ansehen der Person und in einer transparenten und unparteiischen Weise aufgeklärt werden“, sagte ein Sprecher des für die EU-Erweiterung zuständigen EU-Kommissars Stefan Füle am Freitag in Brüssel.

Die Arbeit der Justiz sei „ein wichtiger Teil des Beitrittsprozesses und der Beitrittskriterien“, sagte der Sprecher. „Wir haben unsere Position gegenüber der Öffentlichkeit und der Regierung der Türkei sehr deutlich gemacht.“

EU bei Unabhängigkeit der Justiz nicht kompromissbereit

Anstatt dass über den weiteren Verlauf des Prozesses gesprochen wird, dürfte es morgen mit großer Wahrscheinlichkeit um die Korruptionsaffäre und die Reaktionen der Regierung auf diese gehen. „Erdoğan wird auf eine sehr besorgte EU treffen“, schrieb der Journalist Selçuk Gültaşlı, Brüssel-Korrespondent der türkischen Zeitung Zaman, am heutigen Montag.

Diplomaten sagen voraus, es könne als sicher gelten, dass die Versetzungen von Staatsanwälten und Polizisten ein wichtiges Thema der Gespräche mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso sein werden. Die Unabhängigkeit der Justiz ist eine Grundvoraussetzung für einen möglichen EU-Beitritt.

Ende des vergangenen Jahres hatte es nach über drei Jahren Pause mit der Eröffnung eines Verhandlungskapitels wieder Bewegung im Beitrittsprozess der Türkei gegeben. Diese Entwicklung hatte Befürwortern einer europäischen Integration der Türkei auf beiden Seiten Hoffnung auf eine Trendwende gegeben. Nun allerdings sind die Beziehungen an einem kritischen Punkt angelangt, der möglicherweise die Fortsetzungen der Beitrittsverhandlungen als solche in Frage stellen könnte.