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Gesellschaft

Die Hizmet-Bewegung und der Friedensprozess

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Die ICG ist eine renommierte internationale Monitoring-Gruppe, die sich mit internationalen Konflikten befasst. In ihrem jüngsten Bericht würdigt sie Fethullah Gülen und die Hizmet-Bewegung als einen Motor des Friedensprozesses. (Foto: zaman)

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Das kürzlich vorgestellte Demokratiepaket wird auch im Volk kontrovers diskutiert. Es soll unter anderem den ins Stocken geratenen Friedensprozess ankurbeln.
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Im jüngsten Bericht der International Crisis Group (ICG) über die Situation der Kurden in der Türkei wird betont, dass die Hizmet-Bewegung im Friedensprozess eine positive Rolle spielt. Dem Bericht zufolge verfolge die Hizmet-Bewegung einen konstruktiven Weg und Fethullah Gülen, der als geistiger Mentor der Bewegung gilt, unterstütze das Recht auf Bildung in der Muttersprache. Dies betrifft vor allem die kurdische Bevölkerung, denen die offizielle Verwendung ihrer Sprache nicht erlaubt war.

Die hizmetnahe Stiftung der Journalisten und Schriftsteller (GYV), deren Ehrenpräsident Gülen ist, hätte ebenfalls Stellung bezogen, dass die Bildung in der Muttersprache das Land nicht teilen, sondern im Gegenteil eher stärken werde. Namhafte Vertreter der Hizmet-Bewegung hätten zudem wichtige und entscheidende Aussagen über eine Neudefinition der Begriffe „Staatsbürgerschaft“ und „Türkentum“ gemacht.

Das ist bisher unter anderem ein Problem, weil man aufgrund des Artikels 301 des türkischen Strafgesetzbuches („Beleidigung des Türkentums“) angeklagt werden kann.

Minderheitenrechte in der Türkei

In dem 44-seitigen Bericht wird unterstrichen, dass rechtsextreme, nationalistische, fundamentalistische, säkulare und sozialistische Kreise, trotz ihrer ideologischen Unterschiede in Details, die Existenz der Kurden und damit die Existenz eines „Kurdenproblems“ in Frage stellen und den Friedensprozess als einen von der EU und den USA unterstützten Plan betrachten, in die türkische Innenpolitik zu intervenieren und einen kurdischen Staat in der Region zu gründen. Im Bericht wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass der Einfluss der säkular-nationalistischen Armee, welche als Befürworterin einer militärischen Lösung gilt, auf die Reformbestrebungen immer schwächer werde und die Hizmet-Bewegung im Gegensatz zu all diesen Gruppen den Prozess unterstütze.

Im Bericht wird auch auf die jüngste Stellungnahme der Hizmet-Bewegung, welche durch die weltweit eröffneten Schulen und jährlich organisierten Türkisch-Olympiaden weithin gerne als „kultur-nationalistisch“ wahrgenommen wird, zur Situation der Kurden hingewiesen. Die kurdisch-nationalistische Bewegung sehe die Hizmet als eine Konkurrenz, welche die Kurden beeinflussen könne. Kritiker bemängelten am Bericht, dass er suggeriere, die PKK/BDP-Linie wäre für das Gros der kurdischen Bevölkerung repräsentativ.

Mehrsprachigkeit in der Türkei

Des Weiteren wurde Gülens Aussage aus dem Interview mit der kurdischen Zeitung Rudaw im Irak zitiert und auf seine Aussage verwiesen: „Dass die Bildung in der Muttersprache in den politischen Plan aufgenommen wird, beweist die Integrität des Staates gegenüber seinem Volk“. Auch wird eine andere Aussage Gülens aus dem gleichen Interview zitiert: „Auf der anderen Seite sehe ich es als notwendig an, zu betonen, dass die kurdischen Eltern darauf achten sollten, ihren Kindern die türkische Sprache beizubringen.“

Über die Hizmet-Bewegung heißt es im Bericht: „In letzter Zeit nahm sie in Grundfragen wie jener nach der ethnische Identität eine reformistische Haltung ein.“ Über Gülen heißt es: „Für die Bildung in der Muttersprache ist er offen.“

Neben dem Verweis auf die Erklärung der Hizmet-Bewegung, wonach sie für die Bildung in der Muttersprache an den Schulen eintrete und sie als nötigen Schritt zum Zusammenwachsen des Landes begrüßen würde, bezog sich der Bericht auch auf die Äußerung des Vizepräsidenten der hizmetnahen Stiftung der Journalisten und Schriftsteller (GYV), Cemal Uşak: „Ein wichtiger Teil der Kurden und der Muslime finden sich in der Bezeichnung ‚Türkentum‘ nicht ausreichend wieder. Es sollte eine noch umfassendere Definition gebildet werden.“

Die PKK muss zeigen, dass sie Frieden will

Dem Bericht der ICG zufolge müsse die PKK eine noch versöhnliche Rolle übernehmen, um Ankara zu beweisen, dass sie den Frieden befürwortet. Und Ankara müsse seinerseits möglichst rasch die Demokratiedefizite gegenüber den Kurden beseitigen. Die Regierung mache sich Sorgen über die „nationalistischen“ Reaktionen, doch es gäbe innerhalb der türkischen Gesellschaft eine klare Unterstützung für die Demokratisierung. Das eigentliche Risiko für die AKP wäre die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauflebens des Terrorismus in einer Phase, wo drei Wahlen aufeinander folgen werden, hebt der Bericht hervor.

Die CHP (Republikanische Volkspartei), die wichtigste Oppositionspartei, wird in dem Bericht als „mit dem Militär eng verbunden“ und „die Hauptvertreterin des türkischen Nationalismus“ dargestellt. Die CHP stehe der Demokratisierung relativ offen gegenüber, doch behalte sie immer noch „autoritäre Tendenzen“ aus der Vergangenheit bei. Die ICG behauptet, dass Kemal Kılıçdaroğlu, Parteichef der CHP, bezogen auf den Friedensprozess widersprüchliche Aussagen gemacht hätte. Im Bericht wird festgehalten, dass die Basis sowohl der rechtsgerichteten MHP (Partei der Nationalen Bewegung) als auch der CHP den Friedensprozess eher „begrüße“ als die Parteispitzen.

Die International Crisis Group (ICG) ist eine Nichtregierungsorganisation, welche Analysen und Lösungsvorschläge zu internationalen Konflikten liefert. Sie wird wesentlich von westlichen Regierungen, Stiftungen und Konzernen finanziert. In ihrem Politikfeld wird sie allgemein als der maßgebliche Ansprechpartner für Regierungen und internationale Organisationen, wie z. B. die Vereinten Nationen, die Europäischen Union und die Weltbank, angesehen. ICG bietet Analysen und Politikberatung zu über 50 aktuellen oder drohenden Konfliktsituationen weltweit an. Die Organisation wurde 1995 von Morton Abramowitz, einem früheren US-Botschafter in der Türkei, gegründet. Ein bekannter deutscher Senior-Berater ist der frühere CDU-Generalsekretär und Verteidigungsminister Volker Rühe sowie der ehemalige Grünen-Politiker und Außenminister Joschka Fischer.