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Wirtschaft

Marmaray-Tunnel: Jahrhundertprojekt verbindet Asien mit Europa

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Eines der ehrgeizigsten Projekte der türkischen Geschichte, die Eröffnung des Marmaray-Bahntunnels, der Asien und Europa unterirdisch verbinden wird, wird morgen verwirklicht. Die erste Idee dazu stammt aus dem Jahre 1860. (Foto: cihan)

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Der Marmaray-Tunnel in Istanbul wird am 29.10.2013 mit einer feierlichen Zeremonie eröffnet.
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Die Idee eines Bahntunnels, welcher unter dem Bosporus verlaufen sollte, kam erstmals unter Sultan Abdülmecid (1839 bis 1861 Sultan des Osmanischen Reiches) zur Sprache. Dieser alte Traum des Sultans wird morgen, am 29. Oktober 2013, endlich verwirklicht.

Das morgige Datum markiert zwar immer einen großen Tag für die Türkei: Immerhin ist der 29. Oktober der Jahrestag der türkischen Republik. Für viele wird der morgige Tag aber nicht nur des Jahrestages wegen ein besonderer sein, sondern auch wegen der Vollendung eines Werkes, welches die zwei Kontinente Asien und Europa auf eine moderne und technisch ausgefeilte Art und Weise verbinden wird. Seit Jahren wird mit Neugier und Spannung darauf gewartet, dass das gigantische Projekt der Türkei, das gleichzeitig auch zu den größten Projekten weltweit gehört, endlich vervollständigt wird. Vor allem in den letzten Wochen wurde überall in Istanbul und in diversen Medien mit Begeisterung für dessen Eröffnung geworben. „Das Projekt des Jahrhunderts“ wird es genannt, und in Anwesenheit des Präsidenten Abdullah Gül und des Premierministers Recep Tayyip Erdoğan wird Marmaray morgen mit einer Zeremonie eröffnet.

Analysiert man die lange Vergangenheit des Projekts etwas genauer, stößt man auf viele interessante Fakten.

Die Idee entstand zwar bereits im Jahr 1860, doch konnte man den Tunnel, welcher unter dem Bosporus entlang verlaufen sollte, mit der Anwendung alter Techniken weder auf noch unter dem Meeresboden errichten. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der Ausführung auf dem Meeresboden ein auf Säulen platzierter Tunnel geplant.

Die ersten Ideen und Gedanken wurden in den darauf folgenden 20-30 Jahren weiter ausgewertet und 1902 wurde ein Entwurf entwickelt, der den ursprünglichen Ansätzen nahe kam. In diesem Entwurf wurde ein unter dem Istanbuler Bosporus verlaufender Bahntunnel vorgesehen. Doch in diesem Entwurf sprach man von einem über dem Meeresboden platzierten Tunnel. Seitdem wurden verschiedene Ideen und Gedanken ausprobiert und neue Technologien dazu entwickelt, welche dem Entwurf mehr Freiraum schenken sollten.

Erste Projekte dieser Art in den USA verwirklicht

Im Rahmen des Marmaray-Projektes wurde die Technik für die Überquerung des Istanbuler Bosporus, eine eingetauchte Röhrentunnel-Technik, ab dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Der erste Röhrentunnel wurde 1994 in Nordamerika für Entwässerungszwecke gebaut. Auch die ersten Tunnel, welche unter Zuhilfenahme dieser Technik für Verkehrszwecke verwendet wurden, hatte man erstmals in den USA gebaut. Infolge der Perfektionierung und erfolgreichen Anwendung dieser Technik begann in vielen Ländern der Bau von Großprojekten auf dieser Basis.

Das Verlangen der Öffentlichkeit nach einem Schienensystem für öffentliche Verkehrsmittel, welches unter dem Bosporus entlang verlaufen würde, hatte sich in den 80er-Jahren erhöht und dementsprechend wurde 1987 die erste umfassende Machbarkeitsstudie durchgeführt. Als Ergebnis dieser Studie wurde verdeutlicht, dass solch eine Verbindung möglich und finanziell kosteneffizient wäre. Die heutige Strecke des Projektes wurde als die beste unter mehreren zur Auswahl stehenden Alternativen ausgewählt.

Das Projekt wurde erstmals 1987 skizziert, die Machbarkeitsstudie in ihrer Endfassung wurde in den darauf folgenden Jahren bis 1995 nach einer noch detaillierten Untersuchung und der Durchführung und Anpassung hinsichtlich der Bedarfsprognose der Passagiere aktualisiert. Diese Studien wurden 1998 vollendet. Mit den Ergebnissen wurden die zuvor festgelegten Annahmen bestätigt und festgestellt, dass dieses Projekt den in Istanbul lebenden und arbeitenden Menschen viele Vorteile bringen und den Verkehrsstau in der Stadt rasch reduzieren würde.

1999 wurde zwischen der Türkei und der Internationalen Japanischen Kooperationsagentur (JICA) eine Finanzierungsvereinbarung unterzeichnet. Dieser Kreditvertrag stellt die Finanzierungsrundlage für jenen Teil des Projektes dar, das an der Istanbuler Bosporus-Bahntunnel-Kreuzung Marmaray gelegen ist. Die Firma Avrasya Consult, die als Berater ausgewählt wurde, hatte 2002 die Ausschreibungsunterlagen für das Projekt vorbereitet.

Tunnel wird selbst schwersten Erdbeben standhalten

Die ersten Grabungen für das Projekt fingen 2004 an und der erste Tunnel wurde im Jahre 2007 verankert. Der erste der elf Tunnel für Marmaray, welche die Überquerung des Bosporus ermöglichen werden, wurde am 24. März 2007 unter Wasser bis in eine Tiefe von 56 Metern platziert. Der mehr als 13 Kilometer lange Tunnel verläuft nun teils unterirdisch, teils als in den Meeresboden eingesetzte Röhre. Am 4. August 2013 verwirklichte Premierminister Erdoğan die erste Testfahrt des Marmaray-Projektes.

Der Marmaray unter dem Bosporus gehört zu den größten Infrastrukturprojekten der Türkei in den vergangenen Jahren. Mit diesem Projekt sollen nun pro Stunde bis zu 75 000 Menschen in Istanbul in beiden Richtungen – Europa und Asien – befördert werden können. Die Fahrzeiten mit dem Marmaray in den festgelegten Strecken lauten wie folgt: Von Gebze bis Halkalı 105 Minuten; Bostancı bis Bakırköy 37 Minuten, Söğütlüçeşme bis Yenikapı 12 Minuten und Üsküdar bis Sirkeci nur 4 Minuten. Die Ticketpreise für Marmaray betragen, genau wie für die übrigen öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt auch, 1,95 Lira, also etwas weniger als 1 Euro.

Das Projekt kostete mehr als 2,5 Milliarden Euro. Den Konstrukteuren zufolge werde der Tunnel selbst schwersten Erdbeben standhalten können. Übrigens wurden während der Marmaray-Arbeiten auch archäologische Funde, welche aus mehr als 35 000 Exponaten und 13 versunkenen Schiffen bestehen, ausgegraben. Diese werden in Arkeopark und im Marmaray Müze, zwei in Kürze eröffnenden Museen, ausgestellt werden.