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Politik

Kinder im Knast – Entführungen und Folter

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Der Ausnahmezustand in der Türkei dauert nun seit mehr als einem Jahr an. Seitdem wurden knapp 54.000 Menschen verhaftet, weil die türkische Regierung vermutet, dass diese sich am Putschversuch vom 15. Juli 2016 beteiligt hätten. Doch wie sieht die Situation der Inhaftierten aus? Menschenrechtsorganisationen werfen der Türkei konkrete Menschenrechtsverletzungen vor.

Von dtj-online

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat zahlreiche neue Fälle von Folter und Entführung durch die türkische Polizei dokumentiert und Aufklärung gefordert. Es gebe immer mehr Belege, dass es in Haft zu massiven Menschenrechtsverletzungen komme, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation. Das sei mittlerweile zu einem «weit verbreiteten Problem» geworden. Personen, denen Terroraktivitäten oder eine Verbindung zum Putschversuch 2016 vorgeworfen wird, würden in Polizeigewahrsam gefoltert werden. Auch die Zahl von Entführungen sei sehr hoch.

Der 43 Seiten umfassende Bericht dokumentiert elf Fälle für schwere Menschenrechtsverletzungen in Haft, aus den vergangenen sieben Monaten. Er basiert den Angaben zufolge auf Interviews mit Anwälten und Angehörigen sowie der Sichtung von Gerichtsprotokollen. Polizisten wird unter anderem vorgeworfen, Häftlinge schwer misshandelt und nackt ausgezogen zu haben. In einigen Fällen soll mit sexuellem Missbrauch gedroht oder dies sogar vollzogen worden sein.

„Polizei erpresst Geständnisse“ 

Betroffene berichteten demnach von Schlägen durch die Polizei, sexuellem Missbrauch oder Androhungen von physischer Gewalt. Manche Häftlinge seien dazu gezwungen worden, sich zu entkleiden. Meist seien Personen betroffen, denen Verbindungen zu Terrororganisationen oder zum Putschversuch vom Juli 2016 vorgeworfen werden. In vielen Fällen habe die Polizei Geständnisse erpressen wollen.

Die Führung unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan habe zwar «null Toleranz für Folter» erklärt, dennoch bleibe es bei einem «Klima der Straffreiheit» für Folter und Misshandlungen, heißt es in dem Bericht. Die Fälle müssten dringend untersucht und der Praxis Einhalt geboten werden.

HRW: Entführungen untersuchen

HRW forderte die türkische Regierung zudem dazu auf, Fälle von Verschleppung von Staatsbediensteten zu untersuchen, auf die die Organisation bereits im August hingewiesen hatte.  Demnach gibt es aber nicht nur Berichte über Entführungen in der Türkei, sondern auch im Ausland. So sind in Bangladesch, Malaysia oder zuletzt auch in Pakistan Zivilisten entführt worden. Kritiker befürchten, dass ausländische Geheimdienste im Auftrag der türkischen Regierung Oppositionelle entführen. In Pakistan hat es die Familie Kaçmaz getroffen. Der Vater der Familie soll  türkischer Staatsbürger sein und früher auf der pakistanisch-türkischen Schule Pak-Turk School eingestellt gewesen sein. Die Schule gilt als Hizmet-nah. Hizmet ist das Synonym für die Bewegung um den in den USA lebenden Islam-Gelehrten Fethullah Gülen. Heute sei der Entführte Familienvater Leiter eines Dialoginstituts in Pakistan. 

Auslieferung aus Malaysia

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und die gesamte türkische Opposition sieht in Fethullah Gülen und seiner Bewegung den Drahtzieher für den gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 in der Türkei. Die Bewegung und Gülen selbst weisen diese Vorwürfe strikt ab. Seit dem die türkische Regierung auch bei Verbündeten im Ausland aufdringlich danach ersucht, die Institutionen der Bewegung zu schließen und Mitarbeiter dieser Einrichtungen an die Türkei auszuliefern, vermehren sich die Länder, die sich an den ausdrücklichen Wunsch des türkischen Staatspräsidenten halten. Aber auch auf inoffiziellen Wegen geschehen Auslieferungssituationen, wie beispielsweise in Malaysia. Dort wurden Leiter einer türkischen Schule aus einer PKW-Garage entführt und an die Türkei ausgeliefert. Die in zivil bekleideten Kidnapper stellten sich als malaysische Polizisten heraus, als das Thema an die Öffentlichkeit gelangte.

Kinder in Gefängnissen 

Andere Organisationen kritisieren auch die Umstände für Kinder in Gefängnissen. Die in New York ansässige Hizmet-nahe Stiftung „Journalists and Writers Foundation“ (JWF) beispielsweise ist der Situation von Kindern in türkischen Gefängnissen nachgegangen. Dabei handelt es sich um Kinder, die mit ihren Müttern im Gefängnis leben müssen. Laut JWF befinden sich derzeit 668 Kinder mit ihren Müttern im Gefängnis. Dort leben sie Abseits von Bildung und sozialen Aktivitäten. Von den 668 Kindern in türkischen Gefängnissen seien etwa 149 unter einem Jahr alt, also Babys, die gestillt werden müssen. Manche Kinder hätten nicht einmal die Möglichkeit mit Spielzeugen zu spielen, behauptet JWF. 

Babys in einem Gefängnis.

 

Verhaftung einer Mutter. Nebenan ihr Sohn.

ARCHIV: Verhaftung einer Mutter. Nebenan ihr Sohn.

 

 

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