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Politik

Kommunalwahlen: Tote bei Zusammenstößen zwischen Clans in Hatay und Şanlıurfa

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Steigende Spannung wenige Minuten vor Schließung der Wahllokale: Die türkischen Kommunalwahlen werden zu einem repräsentativen Stimmungstest für die Regierung Erdoğan. Im Südosten gab es acht Todesopfer bei Ausschreitungen. (Foto: cihan)

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In Urfa und Hatay kamen bei Zusammenstößen acht Menschen ums Leben.
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Staatspräsident Abdullah Gül hat am Morgen des heutigen Wahlsonntags noch versucht, zu deeskalieren, indem er dazu aufrief, jeder möge nach den Wahlen wieder zu seiner Agenda zurückkehren. Wie es aussieht, scheint der Appell nicht überall auf fruchtbaren Boden gestoßen zu sein.

So sind bei Auseinandersetzungen während der Kommunalwahlen bereits mindestens acht Menschen nach Ausschreitungen getötet worden. In zwei Ortschaften der südlichen Provinzen Hatay und Şanlıurfa habe es Schießereien zwischen Angehörigen einzelner Kandidaten gegeben, berichteten türkische Fernsehsender.

Nach einem monatelangen heftigen Machtkampf zwischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und seinen Gegnern entscheiden in der Türkei erstmals seit fast drei Jahren wieder die Wähler.

Die Kommunalwahlen gelten als Stimmungstest für Erdoğan, der sich im August nach mehr als zehn Jahren an der Regierungsspitze zum Staatspräsidenten wählen lassen will. Seit dem Morgen waren in den 81 Provinzen des Landes die Wahllokale für mehr als 52 Millionen Stimmberechtigte geöffnet.

Bei Wahlen in der Türkei hat es in der Vergangenheit immer wieder tödliche Zwischenfälle gegeben. In den kleineren Ortschaften geraten oftmals familiär organisierte Interessengruppen aneinander. Die Polizei verstärkte am Sonntag ihre Sicherheitsmaßnahmen.

Der Kommunalwahl war ein ungewöhnlich scharf geführter Wahlkampf vorausgegangen, bei dem es um Korruptionsskandale und Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen die AKP-Regierung ging.

Illegale Veröffentlichungen über illegale Machenschaften

Mit drastischen Maßnahmen gegen echte oder vermeintliche Gegner aus dem eigenen war Erdoğan zuletzt auch international in die Kritik geraten. Er hatte die von einem Gericht verfügte Sperre des Zugangs zum Kurznachrichtendienst Twitter aufrechterhalten und die Videoplattform Youtube durch die Telekommunikationsbehörde (TIB) sperren lassen, nachdem illegal erlangte Tonbandaufnahmen veröffentlicht worden waren, die zeigen sollen, wie die Regierung den Geheimdienst und den Nationalen Sicherheitsrat instrumentalisieren wollte, um kurz vor den Wahlen noch eine bewaffnete Auseinandersetzung mit Syrien zu provozieren.

Um 19 Uhr Ortszeit (17 Uhr MEZ) schlossen die Wahllokale. In östlichen Provinzen schlossen die Lokale bereits um 18 Uhr. Erste Ergebnisse sollte es am Abend geben. Ein Gesamtbild der politischen Stimmung im Land wird für Montag erwartet.

Die oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) versucht, Erdoğans Regierungspartei AKP die Bürgermeisterämter in Istanbul und Ankara, den größten Städten der Türkei, abzunehmen und ihre Hochburg Izmir zu halten. Zu diesem Zweck hatte man in einzelnen Städten Wahlbündnisse mit der Idealistenbewegung geschlossen.

Bei einem Patt geht der Machtkampf weiter

Für die AKP hängt die Frage nach Erfolg oder Misserfolg auch von der Benchmark ab. Bei der Parlamentswahl im Juni 2011 hatte die AKP fast 50 Prozent der Stimmen erhalten. Bei den Kommunalwahlen 2009 waren es knapp 39 Prozent. Ein Stimmenanteil nahe des Ergebnisses der Parlamentswahl würde einer Bestätigung des zuletzt umstrittenen Kurses des Premierminister gleichkommen. Ein Ergebnis unter den 39 Prozent der letzten Kommunalwahl wäre faktisch ein Misstrauensvotum durch den Wähler. Alles, was dazwischen liegt, ließe eine weitere Fortsetzung des innenpolitischen Machtkampfes mindestens bis zur Präsidentenwahl erwarten.

DTJ wird bereits im Laufe des Abends die ersten Ergebnisse und Trends analysieren. Veröffentlichungen von Ergebnissen vor der Schließung der letzten Wahllokale sind in der Türkei gesetzlich untersagt.

Es wird nach den 85,2% von 2009 auch in diesem Jahr wieder eine außerordentlich hohe Wahlbeteiligung erwartet. Mindestens 3,5 Millionen Wähler, die außerhalb ihres Heimatortes leben und arbeiten, haben sich mit Bussen oder in ihren Autos nach Hause begeben, um an der Wahl teilnehmen zu können. (dpa/dtj)