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Gesellschaft

Kurdisch muss selbstverständlich werden

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Das Demokratiepaket wird zwar Verbesserungen bringen, aber bleibt immer noch weit hinter den berechtigten Erwartungen der Kurden zurück. Deren Rechte dürfen nicht zum Spielball eines Verhandlungsprozesses in der Türkei werden. (Foto: cihan)

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Schüler in einer türkischen Schule in Batman halten ein Kurdisch - Lehrbuch hoch.
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Die Verkündung des Demokratiepakets (die treffendere Bezeichnung wäre wohl Reformpaket) durch den Premierminister wird am Montag erwartet. Wenn es keine größeren Veränderungen in letzter Minute geben sollte, dann wird das Paket offenbar unter den Erwartungen vor allem der kurdischen Volksgruppe des Landes bleiben. Bislang ist durchgesickert, dass das Paket einige Reformen enthalten wird, die im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt stehen.

Städten und Ortschaften werden ihre kurdischen Namen zurückgegeben, die durch türkische ersetzt worden waren; kurdische Bürger werden einige Dienstleistungen auf Kurdisch in Anspruch nehmen können (der Umfang der Neuregelung – ob diese Dienstleistungen Anträge einschließen, offizielle Antworten oder nur mündliche Verhandlungen; ob diese rechtliche Dienstleistungen umfassen usw. – ist noch unklar); und Kurdisch wird in den Lehrplan mitaufgenommen, sehr wahrscheinlich als Wahlfach.

Ich begrüße jeden Schritt in Richtung Demokratisierung und Förderung der Menschenrechte. Aber diese Schritte sind einfach zu klein und zu spät, um einen größeren Paradigmenwechsel zu schaffen, der sich mit der Kurdenfrage beschäftigt, wenn nicht in letzter Minute noch Änderungen vorgenommen werden.

Kurden sind gleichwertige Bürger

Wir müssen die Kurden endlich als gleichwertige Bürger würdigen und meiner Meinung nach liegt der grundlegende Schritt in diese Richtung in der Würdigung der kurdischen Sprache in allen Lebenssituationen in der Türkei. Mein Rezept beinhaltet zwei Elemente: Kurdische Kinder sollten in der Lage sein, ihre Bildung in ihrer Muttersprache zu genießen, wo auch immer sie in der Türkei leben, und Kurdisch sollte die zweite offizielle Amtssprache im Südosten der Türkei sein. Wenn ich offizielle Sprache sage, meine ich, dass alle öffentlichen Dienstleistungen im Südosten bilingual sein sollten. Richter, Lehrer, die Polizeikräfte und die Gemeinden sollten in beiden Sprachen verfügbar werden. Wir müssen mindestens mit einem Paradigmenwechsel dieser Größe anfangen, um den Kurdenkonflikt für immer lösen zu können.

Ich denke, dass die Türkei sich an einer historischen Kreuzung befindet, an der das Bedürfnis, Konflikte durch fundamentale Menschenrechte und strategische Bedürfnisse zu lösen, sich wie durch ein Wunder decken. Ob es die Türkei will oder nicht: Im Irak und in Syrien gewinnen die Kurden an Autorität und Unabhängigkeit. Spätestes von jetzt an sollte die Türkei sich dann diese Fragen stellen: Wird das Land der Entwicklung vorangehen oder wird es zu einem Opfer der unvermeidlichen Veränderungen in dieser Region werden? Wird die Türkei ein Land sein, dessen kurdische Bürger mit neidischem Blick auf die benachbarte kurdische Gesamtheit schauen oder werden die Kurden in der Region mit Bewunderung auf die Türkei schauen? Werden wir Kurden haben, deren Satellitenschüsseln in die Richtung des Nordirak zeigen oder werden wir zu einem Land, in dem alle Kurden in der Region versuchen, sich an unseren Universitäten einzuschreiben und Abschlüsse in Jura, Medizin oder Wirtschaft in kurdischer Sprache zu erlangen?

Menschenrechte sind kein Faustpfand für Verhandlungen

Leider kann sich die Regierung nicht weiter über den Punkt hinausbewegen, bis zu dem bisher bereits mit der PKK über die fundamentalen Rechte seiner kurdischen Bürger verhandelt wurde. Und das ist eine der Grundursachen der ausweglosen Situation, mit der wir uns in diesem Land schon so lange konfrontiert sehen. Die Regierung sollte mit der PKK ausdiskutieren, wie deren Terroristen ihre Waffen niederlegen, wie sie ein Teil des politischen Lebens werden sollen, wenn der Friedensprozess abgeschlossen sein wird und über vieles mehr.

Die Rechte der Kurden jedoch sollten kein Teil eines Verhandlungsprozesses werden. Die Rechte der Kurden sind Gegenstand der Menschenrechte und der Demokratie, um die nicht mit einem Ziel verhandelt werden kann. Ich kann in dem Demokratiepaket der Regierung deshalb auch noch keinen Paradigmenwechsel erkennen.