Politik
Türkei: Neue Verhaftungswelle gegen Journalisten – Şahin Alpay bereits festgenommen
Der Istanbuler Staatsanwalt Fuzuli Aydoğdu hat heute Morgen angeordnet, 47 ehemalige Mitarbeiter der türkischen Tageszeitung Zaman verhaften zu lassen. Bereits in den frühen Morgenstunden wurde der Journalist Şahin Alpay in seiner Wohnung im Istanbuler Bezirk Beşiktaş festgenommen. Alpay war einer der bekanntesten Kolumnisten der Tageszeitung, bevor diese am 4. März von der Regierung einem Zwangsverwalter unterstellt wurde. Der linksliberale Intellektuelle, der sich selbst als Agnostiker bezeichnet, hatte den Aufstieg der AKP-Regierung und die Periode liberaler Reformen ihrer ersten Amtszeiten begrüßt, wurde jedoch mit ihrem zunehmend autoritären Kurs zu einem entschiedenen Kritiker.
Der ebenfalls prominente linke Journalist Hasan Cemal hat sich auf der Nachrichtenseite T24 mit einer emotionalen Kolumne an seinen persönlichen Freund Alpay gewendet. Darin beschreibt er die gemeinsame Herkunft aus der linken Bewegung – Alpay war zu der Zeit, als sie sich kennenlernten, überzeugter Maoist – und ihren gemeinsamen politischen und beruflichen Weg. „Wir haben beide gehofft, dass die Saat der Demokratie in diesem Land aufgehen wird. Sie ist es nicht. Das ist traurig, aber wahr.“ Dennoch sprach er ihm Hoffnung zu: „Mein lieber Şahin, sei dir dessen gewiss: Du bist nicht allein. Wir sind an deiner Seite. Unser gemeinsamer Kampf wird weitergehen.“
Ein betroffener vom anderen Ende des politischen Spektrums ist Ali Bulaç, einer der bekanntesten islamisch-konservativen Intellektuellen der Türkei. Der Theologe und Soziologe war selbst in den 90er Jahren Berater des damaligen Oberbürgermeisters von Istanbul, Recep Tayyip Erdoğan, fiel jedoch ebenfalls in Ungnade, als er begann, den Kurs der Regierung zu kritisieren.
Unter den 47 zur Verhaftung ausgeschriebenen Journalisten befindet sich ein Großteil der prominentesten Mitarbeiter der vor der Zwangsverstaatlichung größten Tageszeitung der Türkei, so unter anderem ihr ehemaliger Chefredakteur Abdülhamit Bilici, Mümtaz’er Türköne, Bülent Korucu, Osman Nuri Öztürk, Bülent Keneş, Sevgi Akarçeşme, Mustafa Ünal, Lale Kemal, Nevzat Güner, Şenol Kahraman, Mehmet Akif Afşar und Veysel Ayhan.
Bereits am Montag hatte die Istanbuler Staatanwaltschaft 42 Journalisten zur Fahndung ausgeschrieben, darunter den ehemaligen Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar, der bereits untergetaucht ist. Auch die ehemalige Zaman-Journalistin Sevgi Akarçeşme soll sich bereits ins Ausland abgesetzt haben.