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Politik

Ankara und Arbil gehen gegen PKK und PYD vor

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Der Besuch Barzanis in Diyarbakır und die Worte Erdoğans verdeutlichen, dass zwischen der Türkei und dem kurdischen Nordirak ein politisches Bündnis entstanden ist. Die Allianz richtet sich gegen die PKK und die PYD – und beunruhigt den Iran. (Foto: dha)

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Erdogan und Barzani - dha
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Der historische Besuch Masud Barzanis in Diyarbakır am vergangenen Samstag verdeutlichte die derzeitigen guten Beziehungen zwischen der Türkei und der Regierung der autonomen Region Kurdistan. Barzani als der Vorsitzende der nordirakischen Partei Demokratische Partei Kurdistans (DPK) und in seiner Funktion als Präsident der Autonomen Region Kurdistan verdeutlichte durch seinen Besuch die Bereitschaft, politisch mit der Türkei zusammenzuarbeiten.

Dieses Bündnis zwischen Ankara und Arbil hat einem Bericht der türkischen Zeitung Today’s Zaman zufolge das Potenzial, das Kräftegleichgewicht im Mittleren Osten und den Fortgang des Friedensprozesses in der Türkei massiv zu beeinflussen.

Der Besuch fällt in eine politisch sehr unruhige Zeit: Der von der AKP-Regierung angestoßene Friedensprozess zur Beendigung des blutigen Krieges gegen die terroristische PKK scheint festgefahren zu sein, im Bürgerkrieg in Syrien ist immer noch kein Ende in Sicht und es droht eine Ausweitung auf die Nachbarländer. Für die syrischen Kurden sind die Wirren des Bürgerkriegs eine große Chance, vollendete Tatsachen in Richtung Autonomie zu schaffen.

Barzani ist eine wichtige und respektierte politische Persönlichkeit für Kurden in der gesamten Region. Das Treffen zwischen ihm und dem türkischen Premierminister Erdoğan signalisiert dem Zeitungsbericht zufolge eine langfristige Partnerschaft und die Vertiefung der Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen.

Politische und wirtschaftliche Stabilität durch Kooperation

Die politische Allianz der Türkei mit Barzani basiert Bora Bayraktar zufolge, Akademiker an der İstanbul Kültür Universität und Experten für türkische Außen- und Nahostpolitik, auf drei Punkten: Barzani unterstütze einerseits den Friedensprozess in der Türkei und teile andererseits die Zurückhaltung Ankaras gegenüber einer einseitig erklärten Autonomie der syrischen Kurden. Darüber hinaus verstärkten die beiden Regierungen ihre Kooperation im Energiesektor und arbeiteten gemeinsam an Pipelineprojekten.

Die Tatsache, dass Erdoğan als erster türkischer Regierungschef am Samstag das Wort Kurdistan benutzte und die kurdische Bevölkerung des Nordirak anerkennend in einem Ausruf das „Volk Kurdistans im Nordirak“ grüßte, unterstrich dem Bericht nach die Bereitschaft Ankaras, die Kooperation mit Barzani auch langfristig auszubauen.

Vor dem Besuch Barzanis hatte die AKP-Regierung verlauten lassen, sie hoffe, den Friedensprozess mit dem historischen Besuch neu anstoßen und „krönen“ zu können. Einige Tage nach dem Treffen in Diyarbakır, auf dem Barzani forderte, „Ich will, dass meine kurdischen und türkischen Brüder den Friedenprozess unterstützen“, scheint es nun so zu sein, als ob der festgefahrene Friedensprozess langsam wieder an Schwung aufnimmt. Der historische Besuch Barzanis und die freundschaftlichen, durch die Medien in jedes kurdische Dorf verbreiteten Worte des türkischen Premierministers gegenüber den Kurden könnten ein Versuch der türkischen Regierung sein, die PKK im Friedensprozess unter Zugzwang zu setzen.

„Barzani will bewusst die AKP stärken“

Doch es gibt auch Kritik an dem medienwirksam in Szene gesetzten Besuch Barzanis in der Türkei. Die pro-kurdische Partei BDP äußerte im Vorfeld des Treffens bereits die Befürchtung, die AKP versuche mit Blick auf die nächsten Kommunalwahlen mit dem Besuch Barzanis lediglich, Wähler im hauptsächlich von Kurden bewohnten Südosten der Türkei zu gewinnen.

Die nordirakische Oppositionsbewegung Gorran warf Barzani unterdessen vor, mit dem Besuch vor den Wahlen in der Türkei bewusst die AKP zu stärken.

Das Treffen der beiden Staatsmänner ist Today’s Zaman zufolge jedoch auch als Schulterschluss der Türkei mit Barzani gegen die mächtigste kurdische Partei in Syrien zu sehen, die der PKK nahestehende PYD. Ankara und Arbil einigten sich dem Bericht nach darauf, die de-facto Regierung der PYD in Syrien nicht anzuerkennen und einseitige Schritte der PYD in Richtung politische Autonomie nicht zu unterstützen. Die Spannungen zwischen Barzani und der PYD bzw. der PKK sind nicht neu, dennoch haben sie seit dem Machtgewinn der PYD in Syrien stetig zugenommen.

Die PYD hisste zwei Tage nach dem Besuch Barzanis demonstrativ ihre Flagge nur wenige Meter von der türkischen Grenze entfernt in der syrischen Stadt Raʾs al-ʿAyn, welche die PYD nach schweren Kämpfen gegen al-Qaida-nahe Gruppen erobert hatte.

Iran fürchtet künftige PKK-Präsenz auf eigenem Territorium

Das Bündnis zwischen Barzani und der AKP-Regierung beunruhigt außerdem den Iran. „Teheran ist auf Grund des Türkisch-Kurdischen Bündnisses sehr beunruhigt und ruft die Türkei dazu auf, zu der alten Praxis gegenüber den Kurden zurückzukehren. Der Iran ist sich darüber im Klaren, dass eine Allianz mit den Kurden zur Fragmentierung der gesamten Region (und auch Irans) führen könnte, was die iranischen Interessen gefährdet“, sagte Bayraktar.

Teheran befürchte etwa, dass sich die PKK-Kämpfer im Laufe des Friedensprozesses auch in den Iran zurückziehen könnten, wo sie die momentan herrschende Waffenruhe zwischen der iranischen Armee und dem iranischen PKK-Ableger, der PJAK, gefährden könnten. Sollten die Tausenden PKK-Terroristen aus der Türkei abziehen und tatsächlich im Iran ihren bewaffneten Kampf fortsetzen, würde das die Schlagkraft der PJAK deutlich erhöhen. „Die Kurden wurden vom Iran und auch vom Irak viele Jahre lang unterdrückt. Heute sehen sie die Türkei als einzigen verlässlichen Partner in der Region“, erklärte Bayraktar.

Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, führte der Iran bereits Gespräche mit der syrischen PYD. Der Tageszeitung „Milliyet“ zufolge haben iranische Militärs der PKK sogar angeboten, ihr schwere Waffen und logistische Unterstützung bereitzustellen, sollte sie sich nicht aus der Türkei zurückziehen.