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Bildung & Forschung

Bald mehr Türkischunterricht in Deutschland

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Für Schüler, welche Türkisch als Unterrichtsfach haben wollen, werden an einigen Schulen in Deutschland Vorbereitungen für dessen Einrichtung durchgeführt. Bis dato gibt es erst wenige Einrichtungen, wo dies möglich ist. (Foto: dpa)

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Lehrerin Johanna Evers unterrichtet am 19.08.2009 in der Saterland-Schule in Ramsloh (Kreis Cloppenburg, Niedersachsen) das Wahlfach «Saterfriesisch» und erläutert gerade einige Vokabeln aus der Übersetzung des Kinderbuches «Der Kleine Prinz» auf Saterfriesisch.
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Im örtlichen Wirkungsbereich des türkischen Generalkonsulats in München werden an Grund-, Haupt- und Realschulen sowie an Gymnasien die türkische Sprache und türkische Kultur als Unterrichtsfächer angeboten. Familien müssen für die Teilnahme ihrer Kindern am Türkischunterricht unbedingt zuvor einen Antrag an die jeweils betreffende Schule stellen. Einer Erklärung des Generalkonsulats in München zufolge soll der Antrag für die Teilnahme am Unterricht der türkischen Sprache und türkischen Kultur für Kinder im Schuljahr 2014/2015 so zeitnah wie möglich bei der Schulverwaltung oder dem Klassenlehrer abgegeben werden.

Die Antragsfrist läuft noch bis Ende Mai 2014. Gehen mindestens 12 Anträge von Familien bei den Schulbehörden ein, gibt es die Möglichkeit, an einer anderen Schule diesbezüglich eine Klasse zu eröffnen, selbst wenn sich an einer einzelnen Schule nicht ausreichend Interessierte finden.

Türkischunterricht im Lehrplan einiger Gymnasien

Einem Bericht der DW zufolge haben zudem einige Gymnasien in Deutschland damit angefangen, in ihren Lehrplänen den Türkischunterricht einzuführen. In Gelsenkirchen wird beispielsweise am Ricarda-Huch-Gymnasium der Türkischunterricht für 15 Schüler der 11. Klasse auf dem Niveau eines Fortgeschrittenenkurses angeboten. Diese Schüler werden sogar im Rahmen ihrer Abiturprüfung Türkisch als Prüfungsfach haben.

Das Ricarda-Huch-Gymnasium gehört zu den ersten Schulen in Deutschland, welche Türkisch als reguläres Fremdsprachenfach eingeführt hatten. Türkisch wird an dieser Schule schon länger als dreißig Jahre angeboten. Schuldirektorin Ursula Klee erklärt, dass dieser Unterricht damals als eine Art Unterstützung für Schüler aus Einwandererfamilien eingeführt wurde.

Nicht für Anfänger geeignet

Französisch, Latein oder Türkisch werden am Ricarda-Huch-Gymnasium als zweite Fremdsprache angeboten. Allerdings ist das Niveau des Faches Türkisch für diejenigen, die noch überhaupt kein Türkisch können, etwas zu fortgeschritten.

Im Grunde genommen ist der Türkischunterricht inhaltlich kaum vom Deutschunterricht zu unterscheiden. Das Niveau ist in etwa das gleiche, es werden Text- und Gedichtanalysen sowie Interpretationen vorgenommen, lediglich eben auf Türkisch. Nach den offiziellen Daten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen haben letztes Jahr ungefähr 8500 Schüler am Türkischunterricht teilgenommen. Aufgrund des wachsenden Interesses wird nächstes Jahr auch für Schüler nicht türkischer Herkunft Türkisch als Fremdsprache angeboten.

Die einzige Universität in Deutschland, welche eine Türkisch-Lehrerausbildung anbietet, ist derzeit die Universität Duisburg-Essen. Die Forschungsassistentin am Turkologie-Institut der Universität Duisburg-Essen, Pınar Oğuzkan, teilt mit, dass dieser Studiengang 1995 eröffnet wurde und es zu dieser Zeit lediglich 30 Studenten gab. Bis heute sei jedoch deren Anzahl auf 620 angestiegen.

Berlin ebenfalls ein Vorbild für die Förderung der interkulturellen Erziehung

In Berlin gehört unter anderem die Aziz-Nesin-Grundschule, welche nach dem Konzept der staatlichen Europaschulen agiert, zu jenen Einrichtungen, an denen auf Türkisch unterrichtet wird. Diese Grundschule besitzt einen bilingualen Lehrplan. Die Grundlage des Sprachkonzepts der deutsch–türkischen Europaschule ist, dass 50% des Unterrichts in türkischer Sprache, durch einen Lehrer mit türkischer Muttersprache, und 50% auf Deutsch, durch einen Lehrer mit deutscher Muttersprache, erteilt wird. In der Hälfte der Unterrichtszeit werden die Kinder in ihrer jeweiligen Muttersprache und in der anderen Hälfte in der Partnersprache unterrichtet.

Die enge Verbindung von Sprache und Kultur ist für das interkulturelle Lernen ein großes Ziel und dafür bedarf es der Verständigung, der Kommunikation und eines aufeinander Zugehens. Schwerpunkt des Unterrichts ist das gegenseitige intensive Kennenlernen des jeweils anderen sprachlich–kulturellen Hintergrundes. Denn das Wecken von Neugier und Verständnis für andere kulturelle Orientierungen sowie die Akzeptanz, der Respekt und der selbstbewusste Umgang mit kultureller Vielfalt beschreiben den Weg, der dazu führt.

Türkischunterricht seit den 80er-Jahren

Das Robert-Koch-Gymnasium ist in Berlin das einzige Gymnasium der Bundeshauptstadt, welches Türkisch als zweite Fremdsprache anbietet. Schon in den 80er-Jahren hat die Schule begonnen, den Schülern die Möglichkeit zu geben, Türkisch als zweite Fremdsprache zu wählen. Das Fach Türkisch wird am Robert-Koch-Gymnasium ab der 7. Klasse als zweite Fremdsprache angeboten.

Für den Mittleren Schulabschluss wird Türkisch gerne als Fach für Prüfungen in besonderer Form gewählt. Die Kurse können dann auch in der Oberstufe bis zum Abitur fortgesetzt werden. In der gymnasialen Oberstufe können die Schüler Türkisch als schriftliches oder viertes Prüfungsfach (mündlich) ablegen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Türkisch als fünfte Prüfungskomponente zu wählen.

Im Unterricht wird der Schwerpunkt auf den Erwerb grammatischer Strukturen der türkischen Sprache, landeskundlicher Kenntnisse (türkische Geschichte und Geografie) und kultureller Besonderheiten der türkischen Gesellschaft gelegt.

Eltern mit türkischem Hintergrund finden in den türkisch–muttersprachlichen Lehrkräften Ansprechpartner, die ihre Sprache sprechen und somit auch ihre kulturellen Werte kennen. Für sie bietet das türkischsprachige Modell eine Chance, sich stärker in die deutsche Schule einzubringen, die Zweisprachigkeit ihrer Kinder zu erhalten und weiterentwickeln zu können. Auch deutschstämmige Eltern sehen eine Schule mit interkultureller Kompetenz als eine neue Lern- und Entwicklungsmöglichkeit ihrer Kinder.

Mehrsprachigkeit wird als ein Mangel der Schüler angesehen

Die Elternberaterin des Vereines BFmF (Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e.V. – BFmF), Necibe Dumanoğlu, nahm bezüglich des Bildungssystem in Deutschland eine Auswertung vor und hatte und hielt den derzeitigen Standard immer noch für verbesserungswürdig: „Mehrsprachigkeit wird in den Schulen eher als ein Mangel der Schüler angesehen.

Mehrsprachig zu sein ist aber kein Nachteil für Schüler, sondern im Gegenteil eher ein Vorteil. Auf Grund einer diesbezüglich weit verbreiteten, negativen Einstellung im deutschen Bildungssystem wurde dieser Vorteil bislang total übersehen und nicht ausreichend gewürdigt.“

An dieser Stelle fällt den Eltern eine große Aufgabe und Verantwortung zu. Die Kinder sollten während ihrer Bildungsphase nicht allein gelassen werden, sie sollten in jeglicher Hinsicht unterstützt, gefördert und verteidigt werden. Da das deutsche Bildungssystem nicht einfach und anders ist als in der Türkei, sollten die Eltern ihre Kinder nicht blindlings den Lehrern überlassen. Statt unhinterfragt und ohne selbstständige Kontrolle die Darlegungen der Lehrer zu akzeptieren, sollten Eltern bestimmte Rechte einfordern und danach fragen.

Die Ansprüche der Kinder sollten von den Eltern in den Schulen stets zur Sprache gebracht werden. Das deutsche Bildungssystem basiert auf nur einer Sprache, dementsprechend wird die Beherrschung einer zweiten Sprache seitens der Kinder nicht ausreichend berücksichtigt. Auch wenn ein Kind fünf Sprachen sprechen würde, könnte es aufgrund seiner fehlenden Deutschkenntnisse in der Schule immer noch Schwierigkeiten erleben.