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Politik

Türkische Kolumnisten erleichtert: Wähler haben Erdoğan ‚One minute‘ gesagt

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Wie haben Kolumnisten der nicht-regierungsnahen türkischen Presse die Wahlen gesehen? Hier eine kleine Auswahl an Meinungen.

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Die Kolumnisten spielen in türkischen Presse und in der Meinungsbildung eine große Rolle. Da sie sehr beliebt sind und gelesen werden, verfügen türkische Zeitungen über eine Vielzahl an Kolumnisten. Wie haben sie die Ergebnisse gedeutet? Hier eine Auswahl an Stimmen aus nicht-regierungsnahen Medien:

Değer Özergün: ‚One Minute‘ an Erdoğan

Der Kolumnist der Zeitung Millet, Değer Özergün, greift auf eine Formulierung Recep Tayyip Erdoğans beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2009 auf, wo er dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres wegen der Gaza-Politik Israels widersprach und dies mit dem englischen Ausdruck ‚One Minute‘ einleitete. Seitdem wird dieser Ausdruck mit Erdoğan in Verbindung gebracht. Özergün schreibt: „Erdoğan ist von Provinz zu Provinz geeilt, hat 400 Abgeordnete für die Partei seines Herzens gefordert. Dabei hätte er unparteiisch sein müssen. Jetzt hat das Volk gesprochen und ONE MINUTE gesagt.“

Taha Akyol: Zunehmendes autoritäres Gehabe brachte die Verluste

Taha Akyol (Hürriyet, Foto links) kommentiert die Ergebnisse so: „Es ist möglich, die Gründe für die Stimmenverluste der AKP unter dem Oberbegriff der zunehmenden Autorität zusammenzufassen. Er wurde mit Palästen in Verbindung gebracht. Bezeichnete die Oppositionsparteien als Bande, Überreste von Byzanz, Handlanger äußerer Mächte. Eine Regierungsmacht, die damit in Verbindung gebracht wird, musste in einer mittlerweile pluralistischen Türkei Stimmen verlieren. Zudem fühlten sich die wahren Frommen durch die Instrumentalisierung der Religion gestört.“

Mehmet Kamış: Die Legitimität von Erdoğan steht zur Diskussion

Der Kolumnist der Zeitung Zaman, Mehmet Kamış, stellt die Legitimität von Staatspräsident Erdoğan zur Diskussion. Er argumentiert: „Dies ist nichts anderes als der Anfang vom Ende der AKP. Die Wahl am 7. Juni wird als die Wahl in die Geschichte eingehen, bei der das Volk gemerkt hat, dass die AKP den Wählerauftrag in den 13 Jahren der Regierung zur persönlichen Bereicherung nutzte und überheblich wurde. Ich bezweifle auch, dass die AKP aus dieser Niederlage eine Lehre ziehen wird. Es ist davon auszugehen, dass die von der AKP erhaltenen 40 Prozent nicht alle für Erdoğan gelten, aber die 60 Prozent der Stimmen sind gegen ihn gerichtet. Ab heute ist das Amt des Staatspräsidenten für mich absolut umstritten.“

Mehmet Y. Yılmaz: Ich hätte gerne den Gesichtsausdruck Erdoğans gesehen

Der Kolumnist der Zeitung Hürriyet, Mehmet Y. Yılmaz, glaubt auch nicht, dass Erdoğan aus der Wahl seine Lehren ziehen wird. Er schreibt: „Ich hätte am Wahlabend gerne den Gesichtsausdruck von Erdoğan gesehen. Der wichtigste Verlierer des Wahles ist kein anderer als Recep Tayyip Erdoğan. Und: Er verliert zum ersten Mal in seinem politischen Leben eine Wahl. Er selbst war es, der seinen Eid auf Überparteilichkeit mit den Füssen trat und für die AKP Werbung machte. Der das Land spaltete und die Verfassung missachtete, um die Agenda in seinem Kopf umzusetzen. Seit Sonntag ist der Traum vom Präsidialsystem beerdigt. Wird er dies begreifen und für sich einen neuen Weg einschlagen? Das glaube ich nicht. Die Machtvergiftung, die ihn erfasst hat, wird verhindern, dass er die Realitäten des Landes begreift.“

Nuray Mert: Wir haben gewonnen

Nuray Mert von der Zeitung Cumhuriyet sah die Auseinandersetzung vor den Wahlen als eine zwischen denjenigen, die die Demokratie wollen und jenen, die dagegen waren. Sie schreibt: „Wir haben die Auseinandersetzung gewonnen, wir, die für die Demokratie waren. Egal welche Partei sie gewählt haben, gewonnen haben diejenigen, die gegen ein Ein-Parteien-Regime waren. Glückwunsch! Ich weiß, was danach kommt, wird nicht leicht sein. Aber die Türkei hat der Entwicklung in Richtung Autoritarismus Halt geboten. Der Kampf für die Demokratie wird weitergehen. Aber jetzt ist Zeit zu feiern.“