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Politik

Türkische Streitkräfte: Mehr als 100 tote PKK-Kämpfer bei Offensive im Südosten

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Verhängt die Regierung „verbrecherische Kollektivstrafen“ gegen die kurdische Minderheit? Ankara weist das zurück. Die Lage im Südosten der Türkei bleibt ernst.

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Bei der Militäroffensive gegen die Terrororganisation PKK in der Südosttürkei sind inzwischen mehr als 100 Menschen umgekommen. 102 PKK-Terroristen seien seit Mittwoch in den Provinzen Şırnak, Diyarbakır und Mardin getötet worden, meldeten die Nachrichtenagenturen Anadolu und DHA übereinstimmend unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Nach Angaben der Armee erhöhte sich die Zahl der getöteten Soldaten am Sonntag auf drei. Die PKK-nahe Agentur Fırat berichtete, acht Zivilisten seien ums Leben gekommen.

Die Armee kündigte an, die Einsätze würden fortgesetzt, „bis öffentliche Ordnung hergestellt ist“. Die Militäreinsätze finden in mehrheitlich von Kurden bewohnten Städten statt, in denen seit Tagen Ausgangssperren gelten. Nach Angaben von Augenzeugen setzt die Armee in den Wohngebieten auch Panzer und Scharfschützen ein, obwohl Zivilisten anwesend sind.

Özdemir übt Kritik

Grünen-Chef Cem Özdemir warf der politischen Führung in Ankara Menschenrechtsverletzungen vor. „Es wird eine Art Krieg geführt gegen die eigene Bevölkerung“, sagte Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. Die gegen die PKK im Südosten der Türkei eingesetzten Spezialkräfte hätten völlig freie Hand. „Sie können verhaften, wen sie wollen, foltern, wen sie wollen, töten, wen sie wollen. Da kann man nicht von Menschenrechten oder Rechtsstaatlichkeit sprechen.“

Özdemir kritisierte die tagelangen Ausgangssperren, die die AKP-Regierung seit dem Sommer immer wieder über Teile der Kurdengebiete verhängt. „Kollektivstrafen für die Bevölkerung widersprechen grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien und sind verbrecherisch“, sagte der türkischstämmige Politiker.

Ankara begründet Ausgangssperren

Die Regierung in Ankara weist solche Vorwürfe zurück. Die Ausgangssperren seien „ein letztes Mittel“, um zwischen Zivilisten und PKK-Kämpfern zu unterscheiden, sagte ein hochrangiger Beamter. „Wir unternehmen alles, was wir können, um die Auswirkungen der Ausgangssperren für Zivilisten so gering wie möglich zu halten.“ Die PKK dagegen missbrauche Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“.

Özdemir wies Ansinnen aus der Bundesregierung zurück, die Türkei als „sicheres Herkunftsland“ einzustufen. Zugleich warnte er die EU davor, Kritik am türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan zurückzuhalten, damit dieser in der Flüchtlingskrise kooperiert.

Die türkische Menschenrechtsvereinigung İHD appellierte an die EU, sich in den eskalierenden Konflikt zwischen Regierung und PKK einzuschalten. Der İHD-Vertreter für die Südosttürkei, Abdusselam İnceören, forderte die Entsendung einer EU-Delegation in das Konfliktgebiet, um Menschenrechtsverletzungen zu prüfen. İnceören kritisierte, die EU übe zu wenig Druck auf den Beitrittskandidaten und Nato-Partner Türkei aus.

Unterdessen wurde am Montag bekannt, dass 114.000 Schülern wegen der Sicherheitslage Zwangsferien verordnet wurden. Bereits letzte Woche hatten Lehrer die Anweisung, die Gebiete zu verlassen. (dpa/dtj)