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Politik

Verriet der MİT israelische Agenten an den Iran?

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Der armenisch-amerikanische Journalist David Ignatius beschuldigt die Türkei, dem Iran sensible Informationen über einen israelischen Spionagering weitergegeben zu haben. Der türkische Geheimdienstchef Fidan steht im Kreuzfeuer der Kritik. (Foto: cihan)

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Der türkische Geheimdienstchef Hakan Fidan. Er steht im Verdacht, dem Iran sensible Informationen über mehrere israelische Agenten weitergegeben zu haben.
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Für Geheimdienste gilt: Je stiller und unsichtbarer, desto effektiver. Für gewöhnlich dringen nur selten Informationen aus der Welt der Agenten an die Öffentlichkeit. Doch die Affäre um die Aktivitäten des türkischen Geheimdienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) und des zuständigen Unterstaatssekretärs Hakan Fidan (Foto, 2.v.l.) zieht nun weitere Kreise.

Vergangene Woche hatte ein Artikel des amerikanischen Journalisten und Redakteurs der Washington Post David Ignatius auf die grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Türkei und den USA bei der Syrienpolitik und die aus Sicht der USA fragwürdige Rolle des türkischen Geheimdienstes hingewiesen. Der Autor deutete eine ernsthafte Vertrauenskrise zwischen den USA und der Türkei an und berichtete vom großen Unmut Washingtons über die Rolle des türkischen Geheimdienstchefs Hakan Fidan.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu hat bereits vergangene Woche die jüngsten Vorwürfe gegen den Chef des türkischen Geheimdiensts zurückgewiesen und Anschuldigungen, der MİT habe dem Iran sensible geheimdienstliche Informationen zugespielt, als „schwarze Propaganda“ bezeichnet. Er nahm den Geheimdienstler öffentlich in Schutz. Davutoğlu sprach gegenüber Reportern bereits am Donnerstag von einer regelrechten Kampagne einiger westlicher Medien gegen türkische Entscheidungsträger.

Davutoğlu gibt sich unbeirrbar: Vorwürfe haltlos

Die Vorwürfe gegen Fidan würden in keinster Weise der Wahrheit entsprechen, so Davutoğlu. Er sagte, die oberste Pflicht eines Geheimdienstchefs sei die Sicherheit seines Landes und betonte, die Kritik an Fidan von ausländischen Parteien würde zeigen, wie gewissenhaft der türkische Geheimdienstchef seinen Dienst für die Türkei verrichte.

Davutoğlu führte gegenüber den Reportern aus, dass die Türkei nicht zuletzt durch den „außergewöhnlichen Einsatz“ Fidans seine geheimdienstliche Infrastruktur weiterentwickelt habe und der MİT heute insgesamt handlungsfähiger und effektiver sei.

„Die einzigen Institutionen, denen Hakan Fidan verpflichtet ist, sind unsere Nation, das türkische Parlament und die Regierung. Aus diesem Grund sind die Anschuldigungen gegen Fidan unbegründet und stellen gleichzeitig ein sehr armseliges Beispiel für schwarze Propaganda dar“, erklärte der türkische Außenminister.

Der türkische Politiker ging darüber hinaus noch in die Offensive und sagte, die gegen ihn selbst, den türkischen Ministerpräsidenten und Hakan Fidan gerichtete Medienkampagne ziele auf die Schwächung der Mission der türkischen AKP-Regierung ab, die Türkei voranzubringen. Er sprach davon, dass die Kritik „dieser Zirkel“ zeige, dass die türkische Regierung „Schritte auf dem rechten Weg“ tätige.

Neben dem Vorwurf, Fidan unterstütze in Syrien al-Qaida nahestehende Gruppen und rüste diese auch mit Waffen aus den Golfstaaten aus, ist besonders der Vorwurf der Weitergabe von sensiblen nachrichtendienstlichen Informationen an den Iran brisant.

Gab der MİT Informationen an den Iran weiter?

Der Artikel des amerikanischen Journalisten berichtete unter Berufung auf eine nicht weiter genannte und als „sachkundig“ beschriebene Quelle, Fidan habe einen israelischen Spionagering, der von der Türkei aus im Iran operierte, auffliegen lassen. David Ignatius schrieb, die türkische Regierung habe dem iranischen Geheimdienst sensible Informationen über einen israelischen Spionagering im Iran zugespielt. Die zehn Iraner hatten sich dem Bericht zufolge zuvor in der Türkei mit Offizieren des israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad getroffen.

Ignatius zufolge hätten geheimdienstliche Quellen die Enttarnung der Agenten als „bedeutenden Verlust geheimdienstlicher Arbeit“ und als „einen Versuch, Israel zu schaden“ beschrieben. Den Angaben des Autors zufolge sei der MİT damals durchaus in der Lage gewesen, geheime Treffen der Mossad-Offiziere mit den iranischen Agenten auf türkischen Boden zu überwachen.

Im April 2012 verkündete die iranische Regierung, sie habe einen israelischen Spionagering ausgehoben und 15 Verdächtige festgenommen. Ob die Festnahmen in Zusammenhang mit dem im Bericht erwähnten Vorfall stehen, war zunächst nicht bekannt. Über das Schicksal der festgenommen Personen liegen keine Berichte vor.

 Einem Bericht des Journalisten Ignatius zufolge soll der Chef des türkischen Geheimdienstes Haken Fidan sensible  Informationen an den Iran weitergegeben haben. Auf dem Bild zu sehen ist Heydar Moslehi, der seit dem 3. September 2009 Geheimdienstminister des Iran ist.

Die Anschuldigungen lassen eine weitere Verschlechterung der einst engen Beziehung zwischen Israel und der Türkei befürchten. 2010 erreichten die Beziehungen zwischen den beiden Ländern einen Tiefpunkt, nachdem israelische Kommando-Soldaten bei der Erstürmung der aus der Türkei kommenden sog. Gaza-Flottilla 9 Menschen erschossen. Der Mossad habe dennoch nicht damit gerechnet, dass die Türkei nach 50 Jahren der Kooperation israelische Agenten einer feindlichen Macht „ausliefern“ würden, so Ignatius in seinem Bericht.

Der israelische Ministerpräsident hatte sich auf Grund des Drucks aus den USA für den Gaza-Flottilla-Vorfall bei der Türkei entschuldigt. Ignatius zufolge habe sich Netanjahu anfänglich wahrscheinlich auch deshalb so gegen eine Entschuldigung bei der Türkei gesträubt, weil dieser bereits von der Enttarnung der israelischen Agenten durch den MİT und der Weitergabe der Informationen an die Iraner wusste.

Mossad: Hakan Fidan Doppelagent im Dienste des Iran

Auch nach der Entschuldigung hatten israelische Diplomaten von anhaltenden Schwierigkeiten mit der türkischen Regierung unter Erdoğan berichtet. Ignatius zitierte in seinem Bericht im Wall Street Journal israelische Geheimdienstoffiziere, die den türkischen Geheimdienstchef Hakan Fidan gegenüber Kollegen der amerikanischen CIA als „den Chef des MOIS-Büro in Ankara“ bezeichneten. MOIS ist die englische Abkürzung für den wichtigsten iranischen Geheimdienst, den Vezārat-e Ettelā’at va Amniat-e Keshvar (dt. Ministerium für Nachrichtenwesen und Staatssicherheit).

Zwar stellten sich mittlerweile mehrere AKP-Politiker hinter Hakan Fidan und den MİT und bezeichneten die Anschuldigungen durchweg als falsch und als Medienkampagne. Sollten die Anschuldigungen gegen den türkischen Geheimdienst jedoch stimmen, könnte die türkische Regierung damit einen erheblichen Vertrauensverlust auch innerhalb der NATO erleiden und unangenehme außenpolitische Spannungen erzeugen. Die gelinde gesagt ausbaufähig erscheinende Präzision der Informationen und ihrer Quellenlage lässt jedoch bis dato mehr Fragen offen als sie Antworten gibt.

Sollte Hakan Fidan bzw. die türkische Regierung tatsächlich eine Art Handel von geheimdienstlichen Informationen mit dem Iran betreiben, läuft Ankara außerdem Gefahr, am Ende selbst als Opfer der aggressiven Spionagepolitik des Irans zu werden. Im September wurde der türkischen Zeitung Türkiye ein Bericht zugespielt, wonach zwei Mitglieder der regierenden AKP im Auftrag des Irans Abhörgeräte in den Büros des Premiers und anderer AKP-Repräsentanten angebracht haben sollen.

Betreibt Ignatius die Agenda der Armenier-Lobby?

Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass der zur armenisch-amerikanischen Community gehörige Ignatius im Zusammenhang mit dem Entstehen von Differenzen zwischen der Türkei und Israel in Erscheinung treten würde. 2009 moderierte der Journalist eine Diskussion auf dem World Economic Forum in Davos, Schweiz, bei der es zu einem Eklat kam: Ignatius teilte Recep Tayyip Erdoğan, dem türkischen Premierminister, lediglich 12 Minuten Redezeit zu, während Shimon Peres, israelischer Präsident, 25 Minuten Redezeit bekam, in denen er den israelischen Einsatz im Gaza-Krieg um die Jahreswende 2008/2009 emotional verteidigte.

Erdoğan fiel Peres während der Rede ins Wort, und bekam anschließend eine Minute, um darauf zu reagieren; als diese um war, wurde er mehrmals von Ignatius untergebrochen, der seine Hand auf Erdoğans Schulter legte und ihn aufforderte, das geplante Abendessen nicht weiter aufzuhalten. Daraufhin sammelte Erdoğan seine Papiere zusammen und verließ den Saal mit den Worten, er glaube nicht, dass er jemals wieder an einem World Economic Forum teilnehmen würde. Im Nachhinein betonte er, der Eklat sei nicht inhaltlich gegen Peres gerichtet, den er direkt nach dem Gespräch anrief, um die Ungereimtheiten zu klären, sondern lediglich gegen die in seinen Augen parteiische Redezeiteinteilung.

Dass Ignatius, dessen Vorfahren aus dem osttürkischen Elazığ stammen, aus einem unterschwelligen armenischen Revanchismus heraus versuchen würde, der Türkei zu schaden und sie deshalb in diplomatische Konfrontationen mit dem wichtigen US-Verbündeten Israel zu manövrieren, würde politische Beobachter jedoch überraschen. Bis dato zählte der linksliberale Journalist im Zusammenhang mit dem türkisch-armenischen Verhältnis nicht zu den Scharfmachern.

Bekannte Exponenten der armenischen Community in der Türkei wie der ermordete Schriftsteller Hrant Dink oder sein enger Vertrauter Markar Esayan beschuldigen die armenische Lobby im Ausland, gegen die Interessen der Armenier in der Türkei eine gegen Ankara gerichtete Stimmung zu erzeugen.