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Panorama

Turgut Özal: Es war Mord!

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Turgut Özal gilt heute noch als einer der fortschrittlichsten Politiker der neueren türkischen Geschichte. Sein Reformgeist war vielen innerhalb der kemalistischen Elite ein Dorn im Auge. Wie es aussieht, kostete er ihn sogar das Leben. (Foto: aa)

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Wie eine türkische Tageszeitung am Freitag berichtete, wurde der frühere türkische Staatspräsident Turgut Özal mittels eines tödlichen Giftpräparates ermordet. Wie „Bugün“ aus einem bislang nicht veröffentlichten Autopsiereport zitiert, der vom Institut für Forensische Medizin (ATK) vorbereitet wurde, wäre der revolutionäre frühere Präsident der Türkei, Turgut Özal, durch „Strychnin-Kreatin“ vergiftet worden.

Die Untersuchung des mysteriösen Todesfalls des früheren Präsidenten hatte schon zu einem früheren Zeitpunkt dieses Jahres begonnen, nachdem Zeugen über „ungewöhnliche Umstände“ im Zusammenhang mit dem bislang als Folge einer Herzattacke angenommenen Ablebens berichtet hatten. Der Generalstaatsanwalt in Ankara ordnete daraufhin eine Exhumierung an und ließ die Überreste des Politikers auf mögliche Giftspuren untersuchen.

Özal, der achte Präsident der Türkischen Republik, starb 1993 im Krankenhaus im Alter von 65 Jahren, angeblich an Herzversagen. Er befand sich zum damaligen Zeitpunkt noch im Amt.

Im September entschloss sich die Staatsanwaltschaft, Özals Überreste exhumieren und eine Autopsie durchführen zu lassen, nachdem eine auf Anordnung des Staatspräsidenten Abdullah Gül tätig gewordene Untersuchungsgruppe Zweifel an der Todesursache geäußert hatte.

Verdachtsmomente bestätigten sich

Der Bericht wurde in Reaktion auf Verdachtsmomente in Auftrag gegeben, die Özals Familie und Freunde hinsichtlich seines Todes zum Ausdruck gebracht hatten und die sich im Rahmen einer darauf folgenden Untersuchung erhärten ließen.

Das ATK kündigte an, nach der Wiederbestattung Özals seinen Bericht in zwei Monaten zu veröffentlichen.

„Bugün“ berichtet, aus dem ihr zugespielten Autopsiereport gehe hervor, dass die mit der Untersuchung befassten Ärzte Özals Knochenmark, Teile seiner inneren Organe und weitere Körperteile examiniert hätten. Das Blatt fügte hinzu, dass sich am Ende eine hohe Dosis Strychnin in seinem Körper feststellen ließ.

Der Bericht stellte eindeutig fest, dass diese Substanz nicht zum Zwecke der Einbalsamierung der sterblichen Überreste Özals verwendet worden wäre. Er stellte fest, dass das Gift üblicherweise zur Bekämpfung von Ratten verwendet würde und derzeit in der Türkei verboten ist. Das Gift könnte Özal ins Essen oder in ein Getränk gemixt worden sein.

Strychnin ist ein starkes Gift, das binnen 15-20 Minuten zur Atemlähmung führt und auch eine Herzattacke zur Folge haben kann.

Haluk Ince, der Leiter des ATK, veröffentlichte kurz nach Bekanntwerden der Meldung ein Statement, in dem er betonte, der Bericht wäre noch nicht fertiggestellt und die Untersuchungen würden noch andauern.

Ahmet Özal hingegen, der Sohn des früheren Präsidenten, der schon früher gemutmaßt hatte, sein Vater könnte vergiftet worden sein, wurde am Freitag von türkischen Medien dahingehend zitiert, dass man ihm bereits gesagt habe, sein Vater könnte vergiftet worden sein.

Ungewöhnliche „Zufälle“ treffen zusammen

Die Staatsanwaltschaft untersucht darüber hinaus eine Reihe weiterer ungewöhnlicher Umstände, die im Zusammenhang mit der angeblichen Herzattacke Özals zutage getreten waren. Einige Erkenntnisse – beispielsweise dass am Tage seines Todes weder der diensthabende Arzt noch die Krankenschwester erreichbar waren, dass die Mannschaft im Präsidentenpalast auf Grund eines technischen Problems nicht in der Lage gewesen sein will, die Ambulanz herbeizurufen, dass im Palast Erste-Hilfe-Ausrüstungen gefehlt hätten und ähnliche dubiose Umstände vorgelegen hätten – hatten die Verdachtsmomente hinsichtlich des Todes des früheren Präsidenten verstärkt.

Darüber hinaus stellte das Büro des öffentlichen Anklägers Ungereimtheiten fest zwischen den Berichten der Ärzte Özals und jenen der Familie hinsichtlich des Nichtzustandekommens einer ersten Autopsie. Cengiz Aslan, Özals Arzt, behauptet, die Familie des früheren Präsidenten hätte keine Autopsie gewünscht. Özals Familie bestreitet diese Darstellung.

Steckt „Ergenekon“ hinter dem Mord?

In der Zeit nach dem Militärputsch von 1980 bestimmte Özal zwischen 1983 und 1989 die Geschicke des Landes als Premierminister. Im Jahre 1988 überlebte er den Anschlagsversuch eines rechtsextremen Attentäters, der versucht hatte, ihn 1988 während eines Parteikongresses zu erschießen. Özal wurde jedoch nur am Finger verletzt.

Özal galt als Visionär, der durch marktwirtschaftliche Reformen, eine vorsichtige Erweiterung der religiösen Rechte für die Bevölkerung und Versuche einer friedlichen Beilegung des Kurdenkonflikts die Türkei voranbrachte und vieles von dem vorwegnahm, was nach 2002 durch die AKP an Reformen umgesetzt werden sollte.

Er galt als treuer Verbündeter der USA und unterstützte die Befreiung Kuwaits von der Besetzung durch den Irak 1990/91. Seine vorausschauende Politik brachte ihm zum Teil scharfe Kritik innerhalb der kemalistischen Eliten und in nationalistischen Kreisen ein.