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Türkei: 104 Jahre Haft für Journalisten gefordert

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Der Prozess gegen den Journalisten der Zeitung Taraf, Mehmet Baransu, hat an dem 10. Strafgericht Anadolu in Istanbul angefangen. Mitangeklagt ist auch der damalige verantwortliche Chefredakteur der Zeitung, Murat Şevki Çoban. Grund des Prozesses ist ein Bericht der Taraf vom 28. November 2013 über einen Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates (Milli Güvenlik Kurulu, MGK), wo angeblich die Bekämpfung der von Fethullah Gülen initiierten Hizmet-Bewegung beschlossen wurde.

An den Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrates nehmen Mitglieder der Regierung und hochrangige Militärs teil. Was die Meldung brisant macht: Die Regierung bildete auch damals die AKP und Ministerpräsident war Recep Tayyip Erdoğan. Vor der Öffentlichkeit gab sich Erdoğan als frommer Muslim und Gülen-Freund.

Auf Baransu warten weitere Prozesse

Die Anschuldigung der Staatsanwaltschaft lautet: „Beschaffung von Belegen, die die Sicherheit des Staates betreffen“, „Aufdeckung von Informationen, die die Sicherheit des Staates oder seine inneren und äußeren Interessen betreffen“ und „Aufdeckung von Belegen und Informationen durch die Presse, die die Aufgaben und Handlungen des Geheimdienstes MIT betreffen“. Für all diese Anschuldigungen werden Haftstrafen von bis zu 52 Jahren gefordert – und in der Summe 104.

Baransu befindet sich seit dem 2. März 2015 in Haft. Er wurde mit der Anschuldigung verhaftet, bei dem mit seinem Namen veröffentlichten Bericht über die Putschpläne (Balyoz) Dokumente, die die Sicherheit des Staates betreffen, besorgt und veröffentlicht zu haben. Der aktuelle Prozess bezieht sich aber auf den Bericht über die Beschlüsse des Nationalen Sicherheitsrates. Von daher ist von weiteren Prozessen auszugehen.

Erdoğan klagt auch jungen Cumhuriyet-Kolumnisten an

An dem Prozess nahm Mehmet Baransu aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht teil. Murat Şevki Çoban dagegen, der mitangeklagt ist, sagte vor dem Gericht, dass die Sammlung und Archivierung von Informationen unbescholtener Bürger auch der Verfassung wiedersprechen und der besagte Bericht von daher im Rahmen der Pressefreiheit zu betrachten sei. Der Prozess wurde vertagt.

Unterdessen wurde bekannt, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan auch gegen den Kolumnisten der Zeitung Cumhuriyet, Özgür Mumcu, eine Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt hat. In seiner Kolumne vom 18. März 2015 mit der Überschrift „Zalim ve Korkak“ (Despot und Feige) kritisierte Mumcu Erdoğan. Die Staatsanwaltschaft fordert gegen Mumcu eine Haftstrafe von bis zu 4 Jahren und 8 Monaten.