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Politik

Türkei: „Brauchen keine Generation, die Tag und Nacht trinkt“

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Ein neues Gesetz schränkt Werbung für Alkohol und dessen öffentlichen Ausschank in der Türkei ein. Kritiker wittern wieder mal „Islamisierung“. Viele US-Bundesstaaten und europäische Länder kennen jedoch ähnliche Regelungen. (Foto: zaman)

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Der türkische Ministerpräsident Erdoğan verteidigte einen kürzlich im Parlament aufgenommenen Gesetzesentwurf, der den Verkauf und die Werbung für alkoholische Getränke im ganzen Land einschränken soll, mit der Begründung, keine „nutzlose” Generation gebrauchen zu können.

„Wir möchten keine Generation, die Tag und Nacht trinkt und die verdorben ist. Die Jugendlichen sollten aufmerksam und mit Wissen ausgerüstet sein. Wir wünschen uns solch eine Generation und wir ergreifen Maßnahmen in diese Richtung”, sagte Erdoğan.

Seine Bemerkungen erfolgten Stunden, nachdem das Parlament das Gesetz angenommen hatte, mittels dessen Werbung für Alkohol verboten und und bestehende Einschränkungen des Verkaufs im Land weiter verschärft werden sollen.

Die am Freitag angenommene Gesetzgebung verbietet den Verkauf alkoholischer Getränke in Läden zwischen 22 und 6 Uhr. Ursprünglich wollte man auch den Ausschank alkoholischer Getränke in der Nähe von Moscheen oder Bildungseinrichtungen verbieten. Nach Protesten der Tourismusbranche ließ man dieses Vorhaben fallen, werde in diesen Bereichen aber keine weiteren Lizenzen mehr ausstellen.

„Scharia“ in US-amerikanischen Indianerreservaten?

Das Gesetz untersagt Herstellern alkoholischer Getränke, ihre Marken im Rahmen von Großereignissen zu bewerben und verlangt, alkoholische Getränke in Fernsehbildern unkenntlich zu machen. Außerdem führt es strengere Strafen für betrunkene Autofahrer ein, zudem wird die Toleranzgrenze für den Alkoholwert im Blut bei Autofahrern von 1,0 auf 0,5 Promille gesenkt.

Laut der Regierung diene das Gesetz dem Schutz der türkischen Jugendlichen; die säkularen Gegner beschuldigen die Regierungspartei wieder einmal, schrittweise eine religiöse Agenda einführen zu wollen. Allerdings gehen nicht wenige Gesetze von US-Bundesstaaten oder auch europäischen Ländern sogar noch weiter. In US-Indianerreservaten ist bereits der Besitz von Alkohol untersagt.

Ein ernsthaftes Alkoholproblem wie manche europäische Länder hat die Türkei allerdings nicht. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 1,5 Litern rangiert die Türkei im europäischen Vergleich ganz unten. Seit dem Machtantritt der AKP im Jahr 2002 wird laut Statistik nur noch in 4,8 Prozent der Haushalte Alkohol konsumiert. Der AKP-Abgeordnete Cevdet Erdöl wies jedoch darauf hin, dass mehr als zwei Drittel aller Unfälle unter Alkoholeinwirkung verursacht würden. Je mehr Alkohol getrunken werde, umso häufiger seien auch Gewalt und sexueller Missbrauch.