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Politik

Türkei erwartet effektive gerichtliche Aufarbeitung der NSU-Morde

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Im Rahmen eines Besuchs im türkischen Parlament beantwortete der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, die Fragen seiner türkischen Kollegen. Im Januar soll der Prozess gegen Beate Zschäpe beginnen. (Foto: aa)

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Ayhan Sefer Üstün, der Vorsitzende des Parlamentarischen Untersuchungskommission für Menschenrechte im türkischen Parlament, war erleichtert, am Dienstag nach dem Treffen mit dem Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag, Sebastian Edathy, verkünden zu können, dass der Prozess gegen die noch lebende Verantwortliche für die neonazistisch motivierten Morde zwischen 2000 und 2007 in Deutschland voraussichtlich im Januar nächsten Jahres beginnen werde. Edathy weilt zurzeit in der Türkei und wird dort mit mehreren Regierungsmitgliedern und Parlamentariern zusammentreffen, um zum Stand der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen Stellung zu nehmen.

Neben der Beantwortung von Fragen zum Fortgang der Ermittlungen wird Edathy mit seinen türkischen Kollegen auch erörtern, wie Deutschland und die Türkei künftig besser bei der Bekämpfung rassistischer Übergriffe gegen türkische Staatsangehörige in Deutschland zusammenarbeiten könnten. Außerdem wurde darüber gesprochen, wie den Angehörigen der Opfer, die nach der Ermordung ihrer Familienväter ihre gesamte Existenzgrundlage verloren hatten, bestmöglich geholfen werden könnte, wieder eine Perspektive zu finden.

„Wir haben im Rahmen des Treffens mit Edathy zum Ausdruck gebracht, dass die türkische Öffentlichkeit und die türkischen Parlamentarier eine effektive gerichtliche Aufarbeitung der neonazistischen Morde erwarten”, betonte Üstün in einer Pressekonferenz, die unmittelbar nach dem Treffen angesetzt war.

Baldiger Eröffnungsbeschluss erwartet

Die Anklage gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe, die letzte Woche durch die Bundesanwaltschaft eingebracht worden war, soll in Kürze rechtskräftig werden und dem Gericht auf diese Weise ermöglichen, den Eröffnungsbeschluss für das Hauptverfahren zu erlassen. Nach Zustellung der Anklage hat die Verteidigung das Recht, binnen einer vom Gericht gesetzten Frist (üblicherweise drei Wochen) Erklärungen abzugeben, die Gründe gegen eine Eröffnung des Hauptverfahrens enthalten, oder Beweisanträge zu stellen. Auch das Gericht selbst kann von Amts wegen noch Beweise erheben. Es wird jedoch damit gerechnet, dass das Gericht in Kürze das Hauptverfahren eröffnet.

In einer Talkshow bei Günther Jauch gab Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich unterdessen an, dass die Bundesanwaltschaft weitere Anklagen vorbereite gegen Personen, die im Verdacht stehen, Verbindungen zur NSU-Terrorgruppe gepflegt zu haben. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Gerechtigkeit Genüge getan werde. Bislang wurden immerhin gegenüber den Opferfamilien Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt etwa € 900.000,00 erbracht – ohne es auf gerichtliche Streitigkeiten ankommen zu lassen.

Es ist geplant, dass eine Gruppe türkischer Parlamentarier im nächsten Jahr ihrerseits nach Deutschland reist, um vor Ort den Verlauf der strafgerichtlichen Aufarbeitung der NSU-Morde zu verfolgen.

Neben Üstün waren auch dessen Parlamentskollegen Sezgin Tanrıkulu, Nevzat Pakdil, Mustafa Erdem, Ertuğrul Kürkçü und Akif Çağatay Kılıç, Vorsitzender der interparlamentarischen deutsch-türkischen Freundschaftsgruppe, an den Beratungen mit Edathy beteiligt. Dieser stellte sich in weiterer Folge in der Deutschen Botschaft in Ankara den Fragen von Journalisten.
Edathy hatte dem DTJ vor seiner Abreise in die Türkei ein Interview gegeben, in dem er seine Rolle als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusss als „meine bislang wichtigste Aufgabe” bezeichnete.