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Politik

Türkei: Webseiten sollen bald auch ohne Gerichtsbeschluss blockiert werden

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Die türkische Regierung will die Gesetzgebung zur Kommunikation, vor allem mit Blick auf das Internet, weiter verschärfen. Nach der Aufhebung des letzten Internetgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ist dies der zweite Anlauf.

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Der türkische Minister für Verkehr, Schifffahrtswesen und Kommunikation, Lütfi Elvan.
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Die türkische Regierung bereitet denjenigen, die bereits jetzt die Politik Ankaras mit Blick auf das Internet als in unangemessener Weise restriktiv beurteilen, nun weiteres Kopfzerbrechen. Ein Kabinettsmitglied hat gegenüber „Hürriyet“ bestätigt, dass gerade ein Text für einen Gesetzesentwurf erarbeitet wird, der dem Premierminister und dem Kommunikationsminister weiter reichende Vollmachten einräumen soll, um den Zugang zu Webseiten auch ohne Gerichtsbeschluss zu blockieren, wenn sie den Eindruck gewinnen sollten, diese Seiten würden eine „Gefahr für die nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung“ darstellen.

Gegenüber „Vatan“ wies der türkische Minister für Verkehr, Schifffahrtswesen und Kommunikation, Lütfi Elvan (Foto), darauf hin, dass man bereits ein Gesetz auf den Weg gebracht habe, das Geldbußen bis zu 500 000 TL für all jene vorsieht, die Gerichtsbeschlüssen zur Blockierung bestimmter Webseiten oder zur Entfernung von Inhalten von diesen Seiten nicht Folge leisten.

Dies, so Elvan, sei der erste Teil eines Gesetzespakets gewesen, ein zweiter sei bereits geplant. „Wenn es um Angelegenheiten geht, die mit öffentlicher Ordnung und nationaler Sicherheit zu tun haben, wird im Falle einer unzumutbaren Verzögerung auch entweder der Premierminister oder der Fachminister Maßnahmen ergreifen können, so wie Art. 22 unserer Verfassung dies vorsieht“, so der Minister. Artikel 22 befasst sich mit der Kommunikationsfreiheit.

Verfassung will Freiheit der Kommunikation weit gefasst sehen

In dem Artikel heißt es bislang: „Bis es eine Entscheidung seitens des zuständigen Richters gibt, soll die Kommunikation, wenn es um eine oder mehrere Angelegenheiten der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, die Verhinderung einer Straftat, die Wahrung der öffentlichen Gesundheit oder öffentlichen Moral oder die Rechte und Freiheiten anderer geht, oder solange es keine schriftliche Anordnung einer durch das Gesetz dazu ermächtigten Autorität für Fälle in oben erwähnten Angelegenheiten gibt, die keinen Aufschub dulden, soll die Kommunikation nicht behindert und ihre Vertraulichkeit nicht beeinträchtigt werden.“

Sobald die auf dieser Basis vorgesehene Autorität eine Anordnung gegeben hat, muss diese derselben Bestimmung zufolge binnen 24 Stunden von einem Gericht bestätigt werden. Die Entscheidung darüber soll innerhalb von 48 Stunden nach Verhängung der Anordnung verkündet werden, widrigenfalls diese ex lege außer Kraft treten soll. „Öffentliche Einrichtungen oder Institutionen, die von den oben genannten Bestimmungen ausgenommen werden sollen, werden vom Gesetz bestimmt“, heißt es weiter.

Im September war im Zuge einer weitreichenden Kommunikationsreform der türkischen Telekommunikationsbehörde (TİB) ein außerordentliches Mandat zur Überwachung von Internetnutzern und der Blockierung von Webseiten und deren Inhalten ohne richterliche Verfügung eingeräumt worden. Dieses Gesetz wurde einen Monat später vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.