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Politik

Türkei: Justiz ermittelt gegen Demirtaş

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Gegen den HDP-Co-Vorsitzenden Demirtaş sollen Ermittlungen eingeleitet werden. Er habe den Staat und den Präsidenten beleidigt sowie Terrorpropaganda betrieben. Es wurde Antrag auf Aufhebung seiner Immunität gestellt.

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HDP-Co-Vorsitzender Selahattin Demirtaş
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Die Staatsanwaltschaft Diyarbakır hat am Donnerstagmorgen in einer Presseerklärung bekanntgegeben, dass gegen Selahattin Demirtaş, den Co-Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP, Ermittlungen eingeleitet werden sollen. Bei den Straftatbeständen, die ihm vorgeworfen werden, handele es sich um „öffentliche Beleidigung der türkischen Nation, der Türkischen Republik sowie staatlicher Institutionen und Organe“ gemäß dem berüchtigten Paragraphen 301 des Türkischen Strafgesetzbuches (TStGB), der die „Beleidigung des Türkentums“ unter Strafe stellt, sowie weiterhin um „Beleidigung des Staatspräsidenten“ gemäß Paragraph 299 TStGB und „Propaganda für eine Terrororganisation“ gemäß Paragraph 7 des Antiterrorgesetzes.

Als Abgeordneter der Großen Nationalversammlung, des türkischen Parlaments, genießt Demirtaş Immunität. Deshalb sei die Zusammenfassung des polizeilichen Untersuchungsberichtes dem Justizministerium übersandt worden, um Demirtaş‘ Immunität gemäß Artikel 83 der Verfassung aufheben zu lassen. Dazu ist eine Abstimmung im Parlament erforderlich. In Anbetracht der Tatsache, dass AKP und MHP zusammen über die Mehrheit der Sitze verfügen, ist davon auszugehen, dass diese zuungunsten des HDP-Politikers verlaufen würde.

Auf welche Aussagen Demirtaşs sich die Ermittlungen beziehen, geht aus der Presseerklärung nicht hervor. Vermutlich handelt es sich aber um Äußerungen, mit denen er gestern während einer viel beachteten Pressekonferenz die Regierung und Staatspräsident Erdoğan kritisiert hat. Er beschuldigte sie, für die pogromartigen Gewaltexzesse in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, bei denen es landesweit insgesamt 176 Angriffe auf HDP-Vertretungen gegeben haben soll, verantwortlich zu sein. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 93 Personen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen fest.

„Unserer Ansicht nach waren es AKP und der Geheimdienst MİT, die diese Banden beauftragt haben. Sie sind namentlich bekannt und werden entlohnt. Die von einer Hand gelenkte Angriffskampagne wird von der Regierung ausgeführt. Sie meint ‚Wenn ihr uns keine 400 Abgeordneten gebt, dann lassen wir euch dafür büßen‘. Das sagt sie offen. Dafür instrumentalisiert sie die Möglichkeiten des Staates. Sie hat den Staat quasi in die Hand genommen.“

Weiterhin bezeichnete er die Angriffe auf die HDP als Konsequenz einer gescheiterten Strategie, die Gewalt eskalieren zu lassen, um bei den Neuwahlen am 1. November einen Stimmenzuwachs zu erreichen: „Erdoğan und Davutoğlu haben verstanden, dass die Toten aus den Bergen ihnen keine Stimmen bringen. Durch den Faschismus auf den Straßen, der alles Kurdische oder kurdisch aussehende angreift, versuchen sie uns in die Knie zu zwingen“, so der ehemalige Menschenrechtsanwalt auf der Pressekonferenz.

Demirtaş‘ Fall ist damit einer von 700, in denen im Verlauf des letzten Jahres wegen des Straftatbestandes der „Beleidigung des Staatspräsidenten“ ermittelt wurde.