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Politik

Wer will mit wem – wer kann mit wem?

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Die AKP verliert ihre absolute Mehrheit und ist nun auf einen Koalitionspartner angewiesen. Doch wer soll das sein? Oder kommt es gar zu Neuwahlen? Die interessanteste Äußerung kommt von MHP-Chef Bahçeli.

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Nachdem der Rausch der Freude bei der HDP verflogen und der erste Schock vieler AKP-Unterstützer verdaut sein sollte, ist die Ratlosigkeit angesichts des Wahlergebnisses vorerst groß. Sicher ist, dass das jetzige Wahlergebnis das erste seit 13 Jahren ist, das der AKP keine Alleinregierung ermöglicht. Zwar ist sie nach wie vor stärkste Kraft, die absolute Mehrheit wird sie aber voraussichtlich um 15 bis 20 Sitze verfehlen, weshalb es drei Möglichkeiten gibt: Entweder stellt die AKP eine Minderheitsregierung, bildet mit einer oder mehreren der drei anderen Parteien im Parlament eine Koalition oder es gibt Neuwahlen.

Die Lebenserwartung einer AKP-Minderheitsregierung wäre angesichts der Opposition wohl nicht allzu hoch. Die Parteien haben nun 45 Tage, um eine regierungsfähige Koalition zu bilden, ansonsten wird neu gewählt. Die Oppositionsparteien haben jedoch unisono verlauten lassen, für eine Koalition nicht zur Verfügung zu stehen. Gibt es also zwangsläufig Neuwahlen? Sieht man sich die heutigen Titelblätter der regierungsnahen Zeitungen an, so erwecken sie den Eindruck, Neuwahlen wären die einzige Möglichkeit, das Land zu retten. Sowohl Sabah, Star, Yeni Şafak, Akşam, Güneş, Takvim als auch Akit werteten das Wahlergebnis negativ und sprechen davon, dass Neuwahlen die einzige Lösung seien, um eine Regierung zu ermöglichen.

Kurtulmuş sendet erste Signale pro Koalition

Währenddessen gab der stellvertretende Premierminister Nurman Kurtulmuş im Namen der Regierung eine Erklärung ab, laut der es zur Bildung einer Koalitionsregierung kommen werde. „Die Türkei wird sich an einer Koalitionsregierung versuchen“, sagte er am Montagvormittag, und fügte hinzu: „Unter diesen Umständen wird eine Koalitionsregierung entstehen.“ Auch der stellvertretende Premierminister Bülent Arınç betonte vor einem Treffen des Parteivorstandes die Bereitschaft der AKP, eine Koalitionsbildung zu versuchen und stellte sogar heraus, dass er für alle Oppositionsparteien offen sei. In der Politik könne man keine Türen verschließen, erklärte Arınç.

Auf Seiten der Opposition wiederum sind wenige bis keine positiven Signale hinsichtlich einer möglichen Koalitionsbildung zu vernehmen. Alle Oppositionsparteien haben die Frage nach der Möglichkeit einer Koalition mit der AKP mehr oder weniger energisch verneint. Welche Partei den Juniorpartner an der Seite der AKP stellen könnte, dafür gibt es eigentlich ohnehin nur eine wirklich realistische Möglichkeit: die rechts-nationalistische MHP. Nur hat deren Vorsitzender Devlet Bahçeli bereits ebenfalls die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der AKP verneint. Er verwies mit einem Seitenhieb auf den bei den Nationalisten verhassten Friedensprozess zwischen Regierung und PKK darauf, dass die AKP als erstes versuchen solle, mit der HDP eine Regierung zu bilden. Für den Fall, dass das nicht klappt, schlug er ein Modell aus AKP, CHP und HDP vor. „Und sollte keine dieser Lösungen funktionieren, so sollten so schnell wie möglich Neuwahlen stattfinden“, so Bahçeli.

Wie ernst diese Weigerung zu nehmen ist oder ob der MHP-Vorsitzende nur den Einsatz hochtreiben will, bevor er in eventuelle Koalitionsverhandlungen mit der AKP tritt, wissen wir spätestens in 45 Tagen.