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Politik

Türkei: Neues Parlament konstituiert sich – CHP-Abgeordneter sorgt für Bild des Tages

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Nach mehr als zwei Wochen nach den Parlamentswahlen in der Türkei hat sich die Große Nationalversammlung konstituiert. Geleitet wurde die Sitzung vom früheren CHP-Chef Deniz Baykal. Für das Bild des Tages sorgte ebenfalls ein CHP-Mann.

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Der CHP-Abgeordnete Ali Haydar Hakverdi sorgte bei der ersten Sitzung der 25. Großen Nationalversammlung der Türkei für das Bild des Tages.
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Die vor gut zwei Wochen gewählte Große Nationalversammlung der Türkei ist gestern zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Auf der Tagesordnung stand dabei vor allem die Vereidigung der Abgeordneten und die Vergabe des Auftrags zur Regierungsbildung durch den Staatspräsidenten. Für die Vereidigungszeremonie waren 10 Stunden veranschlagt, da alle 550 Abgeordneten den Eid nacheinander sprechen müssen.

Für Diskussionen hatte im Vorfeld die Ankündigung der HDP-Abgeordneten Feleknas Uca gesorgt, den Eid nicht auf Türkisch, sondern auf Kurdisch sprechen zu wollen. Die in Celle geborene jesidische Kurdin kann laut eigener Aussage gar kein Türkisch, sondern nur Deutsch, Englisch und Kurdisch. Der bekannte HDP-Abgeordnete Sırrı Süreyya Önder widersprach diesem Wunsch allerdings: „Jeder wird seinen Eid so ablegen, dass es mit der Geschäftsordnung des Parlaments übereinstimmt.“ Ucas Fall erinnert an den von Leyla Zana, die 1991 ihren Amtseid zwar auf Türkisch ablegte, aber danach einen Skandal auslöste, weil sie den Zusatz „Es lebe die türkisch-kurdische Brüderschaft!“ auf Kurdisch nachschob. Auch Zana wurde gestern erneut vereidigt, sie sitzt dieses Mal für die HDP im Parlament, genauso wie Dilek Öcalan, die Nichte des inhaftierten PKK-Gründers Abdullah Öcalan. Öcalan fiel zudem als jüngste Abgeordnete die Aufgabe zu, ihre Abgeordnetenkollegen aufzurufen. Sowohl Uca, als auch Zana und Öcalan legten ihren Eid auf Türkisch ab.

Ebenfalls für Gesprächsstoff sorgte die Wahl von Ravza Kavakçı. Ihre Schwester Merve war es, die 1999 mit Kopftuch das Parlament betrat und deswegen ausgeschlossen wurde. Damals war es den Abgeordneten untersagt, ein Kopftuch zu tragen. Dass ihre Schwester nun ebenfalls mit Kopftuch in die Nationalversammlung einzieht, ist von großer Symbolkraft dafür, dass der türkische Staat heute eine sehr viel tolerantere Haltung gegenüber freier Religionsausübung einnimmt.

Für das Bild des Tages sorgte CHP-Abgeordneter Ali Haydar Hakverdi aus Ankara (Foto), der bei den Worten „bei meiner Ehre und Würde“ seine linke Faust in die Höhe reckte und die rechte Hand auf sein Herz legte. Während die linke Faust ein Symbol der Linken ist, ist die rechte Hand auf dem Herzen ein Gestik islamischer Kreise.

Wahl des Parlamentspräsidenten als Testlauf für die Regierungsbildung

Der Auftrag zur Regierungsbildung wird aller Voraussicht nach an Ahmet Davutoğlu gehen, schließlich ist er der Vorsitzende der größten im Parlament vertretenen Partei, der AKP. Besondere Bedeutung wird der erstmaligen Zusammenkunft auch deshalb beigemessen, weil sie für erste Konsultationen zur Koalitionsbildung genutzt werden dürfte. Am 30. Juni soll der neue Parlamentspräsident gewählt werden und die möglichen Kandidaten für das Amt werden bereits heiß diskutiert, da die Wahl als Testlauf für eventuelle Koalitionskonstellationen gesehen wird. In den ersten zwei Wahlgängen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl nötig. In der dritten Runde, die am Tag danach stattfinden würde, reicht dann eine absolute Mehrheit.

Die erste Sitzung wurde vom ehemaligen CHP-Vorsitzenden Deniz Baykal geleitet, dem dies als ältesten Abgeordneten des Parlaments automatisch zufällt. Allerdings wird er auch als aussichtsreicher Kandidat für die Stelle des protokollarisch zweithöchsten Staatsamts geführt. In seiner Eröffnungsrede betonte der 77-Jährige, dass der Wille des Volkes, der durch die Wahl zum Ausdruck kam, eine eindeutige Botschaft trage, nun durch Kooperation statt Polarisierung Politik zu betreiben: „Die Voraussetzungen sind nicht länger gegeben, um die Polarisierung der Gesellschaft fortzuführen, die zu den Spannungen, Konflikten und Zwängen der Vergangenheit geführt haben.“

Wie nötig dieser Appell indes war, zeigte sich bereits vor Baykals Rede erneut, als sich abgesehen von der AKP alle Fraktionen weigerten, Staatspräsident Erdoğan bei seiner Ankündigung durch Baykal zu applaudieren.