Wirtschaft
Türkei-Tourismus: Deutschland und Türkei leiden beide
Zum ersten Mal seit Jahren ist der deutsche Reisemarkt geschrumpft. So hielten politische Unruhen nach dem gescheiterten Putschversuch und gehäufte Terroranschläge die Deutschen 2016 vom Reisen in die Türkei ab.
Besonders die Türkei, Ägypten und Tunesien haben 2016 unter dem Ausbleiben von Urlaubern gelitten. Die vergleichsweise preiswerten Ziele sind Reisenden zurzeit zu unsicher. Gründe dafür sind die politische Krise in der Türkei und eine erhöhte Anschlagsgefahr. Dagegen boomten Spanien, Italien und Deutschland – viele Touristen verkürzten jedoch ihre Aufenthaltsdauer, da diese Ziele teurer sind.
Reiseveranstalter leiden unter Rückgang von Türkei-Reisen
Das hinterließ deutliche Spuren: Der Umsatz von Reiseveranstaltern in Deutschland sank nach ersten Berechnungen des Deutschen Reiseverbands (DRV) um drei bis vier Prozent auf 26,3 Milliarden Euro. Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook ist Marktführer für Türkeireisen. Die Krise schlägt sich in den Zahlen wieder: Im abgelaufenen Geschäftsjahr verdiente Thomas Cook unterm Strich neun Millionen Pfund und damit nur knapp halb so viel wie im Jahr davor.
Auch der Touristikkonzern TUI spürt die Folgen der Turbulenzen: „Wir hatten insgesamt mehr Kunden als im Vorjahr, aber eine Million weniger in der Türkei“, berichtete Tui-Chef Fritz Joussen bei der Vorlage der Bilanz.
Angesichts der jüngsten Anschläge in der Türkei, zuletzt in Istanbul und Kayseri, bei denen es erneut Tote gab, zeichnet sich keine Besserung in der türkischen Tourismusbranche für 2017 ab.
Sonnigere Aussichten für 2017?
Immerhin im Ägypten-Geschäft deutet sich eine Trendwende an. Viele Veranstalter haben dem DRV zufolge ihr Angebot für das Land am Nil wieder ausgebaut. Sie hoffen, dass die Nachfrage anzieht. „Erste Tendenzen in diese Richtung sind erkennbar“, sagt DRV-Präsident Norbert Fiebig.
Für das wichtige Sommergeschäft 2017 zeichnet sich laut Forschern der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) eine „vielversprechende Tendenz“ ab. Für verlässliche Prognosen sei es zwar noch zu früh, die Vorzeichen seien aber recht gut. Einschließlich November verzeichnen die Reisebüros ein Plus von 9 Prozent. Vor einem Jahr lagen die Buchungen für die Sommersaison noch 5 Prozent im Minus, wie aus der monatlichen Auswertung der GfK für die Fachzeitschrift „fvw“ hervorgeht.
Für die Türkei allerdings gibt es bisher keinen Lichtblick. Die Terroranschläge dauern unvermindert an. Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli gilt zudem der Ausnahmezustand, der viele Urlauber verunsichert, auch wenn die Behörden versichern, dass der Alltag der Menschen von den Maßnahmen weitgehend unberührt bleiben soll. Doch auch vorher waren die Touristen bereits ausgeblieben: Im Juli verzeichnete das Land 2,44 Millionen ausländische Besucher, fast 41 Prozent weniger und damit der stärkste Rückgang seit 22 Jahren. Im Januar waren deutsche Reisende bei einem Terroranschlag in Istanbul gestorben.
Die türkische Regierung verspricht gebetsmühlenartig, den Terror zu bekämpfen. Zuletzt rief Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu einer „nationalen Mobilmachung“ gegen alle Terrororganisationen im Land auf. (mit Material dpa)