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Politik

Wird die HDP im Falle eines Scheiterns das Land mit Terror überziehen?

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Am Sonntag wird in der Türkei gewählt. Seit Monaten läuft der Wahlkampf aller Parteien auf Hochtouren – und offenbart dabei auch die schmutzigen Seiten der Politik. Vor allem regierungsnahe Medien fallen durch immer neue Kampagnen auf.

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Am Sonntag wird in der Türkei gewählt. Seit Monaten läuft der Wahlkampf aller Parteien auf Hochtouren – und offenbart dabei auch die schmutzigen Seiten der Politik. Vor allem die regierende AKP fällt durch immer neue Kampagnen auf.
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MEINUNG Am Sonntag wird in der Türkei gewählt. Seit Monaten läuft der Wahlkampf aller Parteien auf Hochtouren – und offenbart dabei auch die schmutzigen Seiten der Politik. Vor allem die regierende Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) beweist durch aggressive Medienkampagnen und provokante Reden ihrer Politiker, dass sie im Wahlkampf gerne auf ungewöhnliche und teils fragwürdige Mittel zurückgreift.

Ziel der AKP-Wahlkampfattacken sind neben vermeintlichen dunklen Mächten aus dem Ausland („Zinslobby“, Israel, etc.) und Politikern der Oppositionsparteien Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) und Milliyetçi Hareket Partisi (MHP) immer öfter auch die pro-kurdische Halkların Demokratik Partisi (HDP) und ihre politischen Vertreter. Dem Co-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtaş, wurde von Seiten der AKP bereits vorgeworfen, er habe (für Muslime verbotenes) Schweinefleisch konsumiert, er sei überhaupt kein Muslim sondern Zoroastrier oder er verdiene es nicht, bei seinem Vornamen Selahattin (türkische Version von Saladin) genannt zu werden.

Das jüngste Beispiel für die AKP-Wahlkampftaktik ist eine Kampagne regierungsnaher Medien, in deren Zentrum ein einzelnes Plakat auf einer HDP-Kundgebung vom 2. Juni in der osttürkischen Stadt Batman steht. Die Zeitung „Sabah“ titelte auf ihrer Website aufgeregt „Die HDP bedroht das Land schon wieder mit einem Plakat“ und setzte die Partei in dem Beitrag de facto mit der als Terrororganisation eingestuften PKK gleich. Der Artikel basierte auf einem Foto und einer 33-sekündigen Video-Aufnahme eines Plakats, auf dem der Spruch „Falls wir die Hürde überwinden, sind wir Wolken, Sonne und Regen. Falls wir die Hürde nicht nehmen, sind die Berge mein Platz, die Berge“ zu lesen war. Dem Beitrag der „Sabah“ zufolge ist dieses Plakat der Beweis dafür, dass die HDP eine Bedrohung für die Türkei sei, da sie zum Anschluss an die PKK und damit zum bewaffneten Kampf gegen Ankara aufrufe, sollte die HDP an der 10%-Hürde scheitern.

Plakat auf HDP-Kundgebung: Böse Zungen würden hier von Manipulation sprechen

Dadurch, dass einzig ein Foto und eine kurze Videoaufnahme des Plakats in den Artikel eingebaut wurde, vermittelte die Zeitung dem Leser den Eindruck, dass das Plakat und seine Botschaft von zentraler Bedeutung für die HDP-Kundgebung gewesen wären. Die Überschrift „Die HDP bedroht…“ implizierte außerdem gleich zu Beginn eine „Täterschaft“ der HDP. Auch die von der „Sabah“ in dem Beitrag interviewten Personen – ein AKP-Politiker aus Batman und ein Mitarbeiter einer türkischen Denkfabrik – bestätigen erwartungsgemäß die Behauptung. Auf eine Darstellung des Sachverhalts aus Sicht der HDP wurde von der „Sabah“ verzichtet.

Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass auf dem Plakat überhaupt kein Logo der HDP zu sehen ist. Wer auch immer am Dienstag in Batman dieses Plakat hochhielt, er oder sie tat dies offensichtlich nicht im Namen der HDP. Die Tatsache, dass man weder auf dem Foto noch auf der Videoaufnahme erkennen kann, wer das Plakat hält, wirft die Frage auf, woher die „Sabah“ ihre Information bezieht, dass es sich um ein HDP-Plakat handelt. Abgesehen von dem Umstand, dass jemand in der Menge der HDP-Anhänger für mindestens 33-Sekunden ein nicht gekennzeichnetes Plakat hochhielt, gibt es dafür kein Indiz.

Dazu kommt, dass die Fokussierung auf das Plakat von der eigentlichen Veranstaltung ablenkt und das Bild der HDP-Kundgebung – milde gesagt – stark verzerrt. Nicht ein einzelnes Plakat irgendwo in der Menge, sondern der Co-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtaş, und seine Rede stand im Zentrum der Kundgebung. Vor zehntausenden Zuhörern sprach sich Demirtaş unter anderem gegen die gesellschaftliche Spaltung in der Türkei aus und kritisierte die 10%-Hürde auch mit Blick auf andere kleinere türkische Parteien.

Die Worte von Demirtaş und die Aufnahmen der Kundgebung in Batman geben ein vollkommen anderes Bild der HDP als das, welches „Sabah“ in ihrem Artikel zu zeichnen versucht hat. Böse Zungen würden hier von Manipulation sprechen.