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Panorama

Türkeireisende lassen sich Urlaub nicht vermiesen

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Ankara hat noch weitreichendere Maßnahmen angekündigt, um Touristen einen möglichst angenehmen Aufenthalt in der Türkei zu ermöglichen. Unterdessen verbreitet ein obskurer „Reiseexperten“-Verband aus Frankfurt/Main Räuberpistolen. (Foto: iha)

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Türkeireisende lassen sich Urlaub nicht vermiesen
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Damit ausländische Touristen die Türkei zufrieden verlassen, hat der Minister für Kultur und Tourismus seine Ärmel hochgekrempelt und den Gouverneuren ein Rundschreiben unter dem Titel „Vor der Sommersaison zu treffende Maßnahmen“ geschickt. Das Schreiben beinhaltet konkrete Forderungen nach Maßnahmen wie der Sicherstellung von Fremdsprachenkenntnissen der Touristenführer, der Verhinderung von Schwarztaxen und der Sicherung von frei herumlaufenden Tieren. Touristen sollen auch nicht durch Schmutz, Lärm, unangenehmen Geruch und andere Ärgernisse gestört werden.

Im Jahr 2013 hatten über 36 Millionen Touristen die Türkei besucht. In diesem Jahr werden zahlreiche Anstrengungen durchgeführt, um diese Zahl zu erhöhen. Maßnahmen, die dies sicherstellen sollen, hat der Minister allen Gouverneuren per Rundschreiben genannt.

Das im Namen Ömer Çeliks, des Ministers für Kultur und Tourismus geschickte Schreiben verlangt unter anderem die strenge Überprüfung der Fremdenverkehrseinrichtungen, Restaurants, City Toiletten und Reiseagenturen nach den oben erwähnten Kriterien. Im Schreiben an die Gouverneure geht Çelik davon aus, dass diese Maßnahmen dem Image und der Förderung des Ansehens der Türkei auf internationaler Ebene einen positiven Beitrag leisten werden.

Preisauszeichnung auch in Fremdsprachen

Fremdenführer sollen nicht nur einwandfreie Fremdsprachenkenntnisse nachweisen, sondern die Touristen „in Übereinstimmung mit den Regeln der Höflichkeit auf eine Vertrauen vermittelnde Weise führen“. Ein anderer Gegenstand des Schreibens ist, dass die Touristen während ihrer Einkäufe oder Touren von sogenannten Hanutculuk, welche gegen Geld die Touristen in Hotels, Pensionen oder Einkaufszentren bringen, von denen sie am Ende selbst noch mal Provisionen erhalten, nicht mehr gestört werden sollen.

Im Schreiben kommt ebenfalls zum Ausdruck, dass von den Beschäftigten im Tourismus auch saubere, gut gekleidete Erscheinung und anständiges Verhalten gegenüber den Kunden in den betroffenen Beherbergungsbetrieben und Handelsunternehmen erwartet wird: „In den Unterkunfts-, Lebensmittel-, Getränke- und Unterhaltungseinrichtungen, welche unter Aufsicht der Stadtverwaltung arbeiten, muss eine kontinuierliche Überwachung der Preise, der Qualität und der Hygiene durchgeführt werden. Der Preis von jedem an den Kunden angebotenen Produkt muss problemlos erkennbar und an solchen Orten auch in Fremdsprachen ausgezeichnet sein. Bei der Beseitigung des Abfalls müssen im Rahmen der Hygiene und Umwelt alle notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, ebenso wie gegen schwarz arbeitende Müll- und Papiersammler. Des Weiteren muss eine Reinigungskampagne organisiert werden.”

Derweil fallen auch vermehrt Stimmen auf, die ein negatives Bild der Türkei zeichnen und behaupten, dass die Proteste auch die Touristengebiete negativ beeinflussen würden.

„Travel Industry Club“ rät von Türkei-Reisen ab

Das gewaltsame Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen regierungskritische Demonstranten schade dem Tourismus in dem Mittelmeerland, behauptete etwa der erst 2005 gegründete Branchenverein „Travel Industry Club“ am Montag in Frankfurt. Bei einer „Entscheider-Umfrage“ im Auftrag des TIC seien 82 Prozent der Befragten der Ansicht gewesen, dass die Reaktion des türkischen Staats dem Tourismus im Lande schade – auf diese Weise hätten die Gezi-Park-Unruhen etwas geschafft, was bislang nicht einmal Al-Qaida-, PKK- oder Ergenekon-Bombenanschläge in den Jahren 2002-2007 bewerkstelligen konnten.

Rund zwei Drittel der 179 vom TIC befragten „Reiseexperten“ wollen zudem in der Türkei deutliche Tendenzen zur „Islamisierung“ erkannt haben. Die zunehmende Verschleierung der Frauen und verschärfte Alkoholvorschriften würden auf deutsche Urlauber eher abschreckend wirken, meinten die Fachleute. Das werde zu einem Rückgang der Touristenzahlen führen. Dass bis dato weder ein nennenswerter Boom auf deutsche FKK-Baggerseen noch ein Besuchereinbruch auf Mallorca zu verzeichnen sind, wo kürzlich ebenfalls restriktive Gesetze bezüglich des Alkoholkonsums erlassen worden waren, scheint sich im Kaffeesatz des TIC bis dato noch nicht abgebildet zu haben.

Das „Handelsblatt“ will hingegen bis dato von einem Schaden für den Tourismus in der Türkei nichts bemerkt haben, und das, obwohl abgesehen von den Unruhen in Istanbul auch der auf Türkeireisen spezialisierte Reiseveranstalter GTI Travel in die Insolvenz gerutscht war.

Keine Stornierungen – kaum Nachfragen

Vor allem an den Badezielen der türkischen Riviera sei von einem Rückgang der Besucherzahlen bislang noch nichts zu spüren, versichern die großen Veranstalter. Branchenprimus TUI spürt bei der Nachfrage nach Badeurlauben keine Zurückhaltung oder Verunsicherung der Kunden. Es gebe so gut wie keine Rückfragen, sagte eine TUI-Sprecherin. Die Buchungen für Istanbul liegen auf Vorjahresniveau. „Bei den Neubuchungen für die Stadt spüren wir aber eine gewisse Zurückhaltung. Wir gehen davon aus, dass Städtereisende die weitere Entwicklung abwarten“, sagte sie. In der konzerninternen Hitliste der beliebtesten Reiseländer habe sich die Türkei bei der Zahl der Buchungen von deutschen Urlaubern auf Platz 2 hinter Spanien vorgearbeitet – und damit Deutschland und Griechenland überholt.

Auch beim deutsch-britischen Reisekonzern Thomas Cook habe es keine Stornierungen gegeben, wie ein Sprecher in Oberursel bei Frankfurt versicherte. In den Badeorten sei von den Unruhen nichts zu spüren und die Touristen könnten ihren Urlaub ungestört verleben. Ausflüge ins weit entfernte Istanbul seien nicht üblich. Die Weltstadt am Bosporus werde eher als Zwischenstopp bei längeren Flugreisen besucht. „Das ist aber nicht unser Kerngeschäft.“

„Die Feriengebiete rund um die türkische Riviera sind supergut gebucht“, sagte eine Sprecherin des Last-Minute-Anbieters L’Tur. Bei Nachfragen nach Istanbul-Reise stellt auch L’Tur eine gewisse Zurückhaltung fest. „Im Sommer ist Istanbul allerdings kein sehr nachgefragtes Ziel.“

Das Rewe gehörende Unternehmen DER-Touristik hat zwar seinen Gästen, die im Istanbuler Hotel Grand Hyatt untergebracht sind, die Umbuchung in ein anders Hotel angeboten, da das Hotel in der Nähe des Taksim-Platzes liegt. „Das Angebot hat aber keiner in Anspruch genommen“, sagte eine Sprecherin.

Urlauberboom auch aus Russland und arabischen Ländern

In der Branchenstatistik des Deutschen Reiseverbandes (DRV) rangiert die Türkei bereits seit 2012 auf dem dritten Platz der Auslandsreiseziele – hinter Spanien und Italien und zum ersten Mal vor Österreich: Von rund 70 Millionen Urlaubsreisen im vergangenen Jahr gingen zwei Drittel ins Ausland, gut sieben Prozent davon in die Türkei.

Bereits fünf Millionen Türkei-Touristen des Jahres 2012 kamen darüber hinaus aus Russland. Auch der Zustrom aus anderen früheren Sowjetrepubliken sowie aus arabischen Staaten sei ungebrochen. Nach der Beilegung der politischen und diplomatischen Unstimmigkeiten der vorangegangenen Jahre werden auch wieder mehr Türkei-Touristen aus Israel erwartet.