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Politik

Türkischer Botschafter rechtfertigt Teilnahmewunsch am NSU-Prozess

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Nachdem dem türkischen Botschafter ein fester Platz im Gerichtssaal verweigert wurde, meldete sich dieser nun zu Wort und verteidigte seinen Teilnahmewunsch. Unterstützung bekommt er vom CDU-Politiker Ruprecht Polenz. (Foto: aa)

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Türkischer Botschafter rechtfertigt Teilnahmewunsch am NSU-Prozess
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Der türkische Botschafter Hüseyin Avni Karslıoğlu (Foto) hat auf die Entscheidung des Oberlandesgerichtes München, ihm keinen festen Platz zukommen zu lassen, reagiert. „Die Untersuchungen zur Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) werden sowohl von der türkischen Öffentlichkeit als auch den zuständigen türkischen Behörden aufmerksam verfolgt“, erklärte der Botschafter in einer Pressemitteilung. Die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse sowie der Justiz- und Sicherheitsbehörden zur Aufklärung der terroristischen Straftaten sei von „großer Bedeutung“.

In diesem Zusammenhang bestehe bei den türkischen Behörden der Wunsch, dem am 17. April 2013 beginnenden Prozess beizuwohnen. Weiter sagte Karslıoğlu: „Da es sich bei den meisten Opfern des NSU um türkischstämmige Menschen handelt, wird davon ausgegangen, dass dieser Teilnahmewunsch nachvollziehbar ist. Die türkischen Behörden stehen diesbezüglich mit den zuständigen deutschen Behörden in Kontakt“.

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), hatte die Absage bereits am Freitag moniert: „Ich habe die Entscheidung des Gerichts selbstverständlich zu respektieren, aber ich halte sie für ungut.“

Edathy hatte um Plätze für den Botschafter und den Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses des türkischen Parlaments gebeten. „Sechs der Mordopfer waren türkische Staatsbürger, zwei weitere Deutsche türkischer Herkunft – es ist verständlich, dass in der Türkei ein großes Interesse an dem Prozess besteht“, sagte Edathy der Nachrichtenagentur dpa. „Es war ein völlig legitimer Wunsch, an dem Verfahren teilzunehmen. Es wäre eine angemessene Geste gewesen, diesem Wunsch zu entsprechen.“

Dem Botschafter sei es nicht zuzumuten, sich in die Warteschlange einzureihen, sagte Edathy. „Man stelle sich vor, der Botschafter müsste sich stundenlang vor dem Gericht anstellen, möglicherweise noch flankiert von Neonazis. Das ist nicht zumutbar.“

Eine Gerichtssprecherin machte rechtliche Bedenken geltend. Eine Reservierung verstoße gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit und sei ein möglicher Revisionsgrund. Die Raumverhältnisse im Gericht waren wiederholt kritisiert worden. Nach bisheriger Planung sollen im Gerichtssaal nur 50 Plätze für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, weitere 50 für Journalisten. „Das Problem liegt darin, dass es versäumt wurde, rechtzeitig einen angemessen großen Sitzungssaal auszubauen“, sagte Wolfgang Wieland, Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss des Bundestages.

Polenz erwartet „Kursänderung“ vom Gericht

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), forderte das Oberlandesgericht zu einer Kursänderung auf. „Das Gericht sollte seine Entscheidung korrigieren und sicherstellen, dass die Angehörigen der Opfer und der türkische Botschafter der Verhandlung unmittelbar folgen können“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe). Die Entscheidung, dem Botschafter einen reservierten Sitzplatz abzuschlagen, sei „instinktlos“, fügte Polenz hinzu. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, nannte die Gerichtsentscheidung in derselben Zeitung „empörend“. Nun sei politischer Druck nötig, um sie rückgängig zu machen.

Das bayerische Justizministerium wollte die Entscheidung nicht kommentieren. Dem Gericht seien „ausreichende finanzielle und personelle Mittel“ zur Verfügung gestellt worden, um den Prozess zu führen, sagte ein Sprecher lediglich. Der Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) soll am 17. April beginnen. Dem NSU werden zehn Morde zugerechnet. Opfer waren neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer und eine Polizistin. (dtj/dpa)