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Wirtschaft

Turkish Stream macht Brüssel zunehmend nervös

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EU-Vize Sefcovic beschwert sich darüber, dass Moskau und Ankara den Vertrag über Turkish Stream nicht mit Brüssel abgesprochen hätten.

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Die geplante TANAP-Pipeline von Aserbaidschan in die Türkei und an die Adria soll mit einem hochmodernen Sicherheitsprogramm geschützt werden.
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Der geplante Bau einer Pipeline, um russisches Gas durch die Türkei zu transportieren, sorgt in der EU zunehmend für Nervosität.

Obwohl die Türkei kein Mitgliedsland der EU ist und aus Brüssel nicht unbedingt übermäßiges Engagement dahingehend zu verzeichnen ist, diesen Zustand zu ändern, beansprucht die EU ein Mitspracherecht in der türkischen Energiepolitik. So heißt es aus dem Büro des Energiebeauftragten der Europäischen Kommission, jede Entscheidung, eine Pipeline zu bauen, sollte nach Rücksprache mit der Europäischen Union erfolgen und keine zuvor bestehenden rechtlichen Verpflichtungen berühren.

Im Dezember hatte die EU selbst durch Beanstandungen hinsichtlich einer möglichen exzessiven Kontrolle europäischer Gaslieferungen durch die Russische Föderation Moskau dazu veranlasst, das 40 Milliarden US-Dollar teure South Stream Projekt zu beenden, das jährlich 63 Milliarden Kubikmeter (bcm) Erdgas durch das Schwarze Meer nach Bulgarien transportieren sollte.

Stattdessen hat der russische Gasexporteur Gazprom im Januar seine Absicht zum Ausdruck gebracht, bis Ende 2016 eine unter dem Meer verlaufende Pipeline mit der gleichen Kapazität an einen noch nicht errichteten Knotenpunkt an der griechisch-türkischen Grenze zu bauen.

Turkish Stream als autonom getroffene Entscheidung

Im Rahmen eines Türkeibesuchs hat Maros Sefcovic, der Vizepräsident der Europäischen Kommission und Verantwortliche für die Energieunion, beklagt, er sei bislang noch über keine Details hinsichtlich des russischen Vorschlages informiert worden, wo doch alle Pläne ökonomisch machbar und vereinbar mit den Verpflichtungen der Gazprom gegenüber ihren langjährigen europäischen Kunden sein sollten.

„Wenn man über groß angelegte Lieferungen an europäische Kunden spricht, kann man eine solche Entscheidung doch nicht treffen, ohne mit diesen, mit der EU oder mit der Europäischen Kommission treffen“, beschwerte sich Sefcovic bei einem Pressebriefing in Ankara am Abend des 16. März.

Vor allem die mögliche Abschaltung existierender Transportrouten durch die Ukraine zu Gunsten des in Aussicht gestellten Turkish Stream Projekts bereitet Brüssel Sorgen. Die EU hatte im Oktober 2013 die Ukraine vor eine Entscheidung gestellt, entweder die bestehenden Wirtschaftsbeziehungen mit der Russischen Föderation weitgehend zu beenden oder dem EU-Assoziierungsabkommen nicht beitreten zu können, das dem Land in Aussicht gestellt wurde.

Aggressive Ostpolitik der EU als Anlass

Die ukrainische Regierung unter Präsident Viktor Janukowytsch hatte daraufhin das Assoziierungsabkommen nicht unterfertigt. Daraufhin brachen Unruhen im Land aus, die im Februar des Vorjahres zu einem von den USA und der EU unterstützten, gewaltsamen Staatsstreich gegen den gewählten Präsidenten Janukowytsch und zur Machtergreifung einer ultranationalistischen Regierung führten, die mit Rückendeckung durch den Westen eine aggressive Abgrenzungs- und Entrussifizierungspolitik nach innen und außen betrieb.

Da die Ukraine gleichzeitig immer wieder mit Zahlungen für russische Gaslieferungen im Rückstand blieb, suchte Moskau nach Alternativen für den Transport von Erdgas und konnte mit der Türkei, die sich der westlichen Konfrontationspolitik gegenüber Russland infolge des Maidanputsches in der Ukraine und der darauf folgenden Abspaltungserklärung der Halbinsel Krim verweigert hatte, Ende des Jahres 2014 einen Konsens erzielen.

EU importiert jährlich Öl und Gas für 400 Mrd. Euro

Sefcovic drängt dennoch auf eine Vorzugsbehandlung in der Energieversorgung. „Wenn sich das jetzt alles so stark ändert, denke ich nicht, dass das jetzt eine normale Vorgehensweise ist und dass man einen großen Kunden wie die EU so behandeln sollte“, so der EU-Politiker. Noch vor wenigen Wochen hatte Brüssel verkündet, eine gesamteuropäische Energieunion mit dem Ziel schaffen zu wollen, von Lieferungen aus Russland unabhängig zu werden.

Die EU ist zurzeit der größte Energieverbraucher, vermag lediglich einen Bruchteil ihres Energiebedarfs aus eigener Kraft zu erzeugen und gibt jährlich 400 Milliarden Euro (423,7 Mrd. US-Dollar) für Öl- und Gasimporte aus.