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Politik

Turkmenen: Wir wollen mit den Peschmerga Kirkuk gegen IS verteidigen

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Die Turkmenen stellen die drittgrößte Volksgruppe im Irak. Sie kämpfen genau wie christliche und ezidische Milizen gegen den IS. Dabei werden sie jedoch weder von der kurdischen Regierung in Arbil, noch von den USA oder der Türkei unterstützt. (Foto: zaman)

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Bewaffnete Turkmenen stehen um ein Rednerpult ihres Anführers: Arshad al-Salihi, Vorsitzender der Turkmenenfront des Irak (Irak Türkmen Cephesi; kurz ITC)
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Obwohl die Bedrohung durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) allen Volksgruppen gleichermaßen gilt, gibt es immer noch Sollbruchstellen zwischen der Kurdischen Regionalregierung (KRG) auf der einen Seite und der turkmenischen und christlichen Minderheit im Irak auf der Anderen.

Wie die Nachrichtenagentur Anadolu (AA) berichtet, haben sich irakische Turkmenen bereit erklärt, die nordirakische Provinz Kirkuk zusammen mit kurdischen Kämpfern gegen die Terrormiliz zu verteidigen. Aus diesem Grunde haben sie auch Bagdad dazu aufgefordert, ihnen Waffen und einen Etat zur Verfügung zu stellen.

„Auch wir wollen gemeinsam mit den Peshmerga zur Verteidigung Kirkuks beitragen“, äußerte sich Arshad al-Salihi, der Vorsitzende der Turkmenenfront des Irak (Irak Türkmen Cephesi; kurz ITC), in der Vorwoche gegenüber AA. Jedoch habe man, so der Turkmenenpolitiker, „einige Forderungen an die irakische Zentralregierung“.

Turkmenen beklagen Vernachlässigung durch Türkei und westliche Staaten

Der Irak solle, so al-Salihi, Waffen und Gehälter an irakisch-turkmenische Milizen aushändigen, so wie man das auch gegenüber der regulären irakischen Armee und den Peshmerga mache. Es gäbe eine Vielzahl an bewaffneten turkmenischen Milizen, die den Kampf gegen die Terrormiliz IS aufnehmen wollen, aber mangels eines rechtlich verankerten Status würden diese abseits des offiziellen Verteidigungsbündnisses gegen den IS im Irak stehen.

„Wir warten auf die Verleihung eines legalen Status durch die Regierung“, betonte al-Salihi. Man verlange die Anerkennung der bewaffneten Turkmenen-Verbände als nationale Sicherheitskraft, eher denn als Miliz. Turkmenische Politiker und Anführer von Milizen klagen darüber, dass die westlichen Staaten und die Türkei einseitig die kurdischen Gruppen bevorzugen.

Die turkmenische Gemeinschaft im Irak umfasst etwa drei Millionen Menschen und ist nach der arabischen und kurdischen Bevölkerungsgruppe die drittgrößte ethnische Gruppe des Landes. Auch in Syrien existieren Milizen der turkmenischen Minderheit.

Volksgruppen bewaffnen sich: Turkmenen, Eziden und Christen bekämpfen den IS

Die kurdische Regionalregierung in Arbil selbst liegt trotz der Bedrohung durch den IS mit turkmenischen Vertreten im Clinch. So drohten turkmenische und christliche Abgeordnete des kurdischen Regionalparlaments erst am Mittwoch damit, künftig Parlamentssitzungen zu boykottieren, da sie sich in entscheidenden Gremien unterrepräsentiert fühlen.

Arshad al-Salihi, Vorsitzender der Turkmenenfront des Irak (Irak Türkmen Cephesi; kurz ITC):„Auch wir wollen gemeinsam mit den Peshmerga zur Verteidigung Kirkuks beitragen.“

Arshad al-Salihi, Vorsitzender der Turkmenenfront des Irak (Irak Türkmen Cephesi; kurz ITC)„Auch wir wollen gemeinsam mit den Peshmerga zur Verteidigung Kirkuks beitragen.“

Vor allem im Hohen Rat für Wahlen und Volksabstimmungen verlangen turkmenische und christliche Parlamentsabgeordnete eine angemessene Vertretung. Dort sind bis dato noch gar keine Repräsentanten der beiden Volksgruppen beteiligt. Die Kommission soll eine künftige Unabhängigkeit der Kurdenregion vorbereiten. Fünf turkmenische und sechs christliche Abgeordnete wollen nun nicht mehr an Sitzungen teilnehmen, bis ihre Forderungen erfüllt sind.

Auch die christlichen Gemeinschaften im Irak stellen im nordwestlichlichen Gouvernement Niniveh eigene Milizen, um ihre Dörfer vor den Kämpfern des IS zu schützen. So gibt es in der christlichen Ortschaft Alqosh eine Miliz der Assyrian Democratic Movement (ADM), die sich offiziell mit der Zentralregierung Bagdad verbunden fühlt. In der Ortschaft Sharafiyya in der gleichen Region existiert außerdem die Miliz „Dwekh Nawsha“ der Assyrian Patriotic Party. Diese mit der Chaldean-Syriac-Assyrian Popular-Council verbundene Gruppe pflegt gute Beziehungen zur KRG. Ihre Mitglieder kooperieren mit den kurdischen Peschmerga. Aktivisten auf Twitter zufolge tragen einige Einheiten der „Dwekh Nawsha“ sogar Abzeichen der Peschmerga-Gendarmerie „Zeravani“.

Nachdem der IS im Juli die hauptsächlich von Eziden bewohnte Region Shingal überfiel und sich die dort stationierten Peschmerga Einheiten ohne Warnung an die Bevölkerung von dort zurückzog, flohen Zehntausende Eziden in die umliegenden Berge. Mehrere Hundert ezidische Männer Männer formten als Reaktion auf den Rückzug der Peschmerga die Miliz Yekîneyên Berxwedana Şingal (YBŞ). Ihr wichtigstes Trainingscamp heißt laut Angaben von „ezidipress“ „Derwêşê Evdî“. Einige Einheiten der YBŞ wurden Berichten führender Mitgliedern der Gruppe zufolge von Kämpfern der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG) trainiert und teilweise ausgebildet. Die YPG ist der militärische Arm der PKK-Schwesterorganisation in Syrien. Trotz heftiger Kämpfe der YBŞ in Shingal kommt kaum Hilfe in die belagerte Region.

Zwei von neun Plätzen für Minderheiten reserviert

Der turkmenische Parlamentarier Aydin Maruf von der Irakischen Turkmenischen Front erklärte Anadolu gegenüber, dass neun Mitglieder des Hohen Rates für Wahlen und Volksabstimmungen aus fünf Parteien gewählt worden wären – aber keine turkmenischen oder christlichen Vertreter. Und das, obwohl der fünfte Artikel des Statuts der Wahlkommission besagt, dass zwei der neuen Plätze diesen Minderheiten vorbehalten sein sollen. Die übrigen fünf Parteien hätten diese Vorschrift jedoch verletzt.

„Wir verlangen, dass Präsident Masoud Barzani interveniert und diesen Fehler beseitigt“, forderte Maruf AA gegenüber.

Die autonome Kurdenregion hat beschlossen, die Kommission zu gründen, nachdem die Terrormiliz IS im Juni des Jahres großflächige Gebiete im Irak eroberte und auf diesen ein von ihnen so genanntes Kalifat ausrief.

An Schulen wird schon länger Turkmenisch gesprochen

In einem anderen Bereich sei die KRG den Turkmenen allerdings auch näher gekommen. So habe das Parlament der Kurdenregion die turkmenische Sprache zu einer ihrer offiziellen Landessprachen erklärt.

„Neben Arabisch und Kurdisch wird nun auch Turkmenisch offiziell in staatlichen Institutionen und Organisationen wie Spitälern, Schulen und Gerichten gesprochen“, erklärte Maruf. Überall, wo der Anteil der Turkmenen in der jeweiligen Region 20% übersteige, würde das Gesetz zum Tragen kommen, darunter in den Bezirken Arbil und Kifri in der Stadt Sulaymaniyah.

Seit 1993 sei die turkmenische Sprache abseits der nunmehrigen offiziellen Regelung in Gebrauch gewesen. „In Arbil und Sulaymaniya gibt es jetzt bereits 16 Schulen, die Bildung in turkmenischer Sprache anbieten.“