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Gesellschaft

Turkmenen wollen mit Kurden in Frieden leben

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Die Turkmenen Arbils sagen, sie wollen keinen Konflikt mit den Kurden. Sie wollen in Frieden mit den Kurden leben. Sie schicken ihre Kinder in kurdische und arabische Schulen statt in turkmenische, damit sie leichter Arbeitsplätze finden. (Foto: iha)

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Arbils Ölreichtum, die neu gewonnene Freiheit von der Saddam-Diktatur und gute Beziehungen der Autonomieregierung zu Ankara eröffnen auch den turkmenischen Einwohnern der Stadt neue Perspektiven. Es besteht aber auch ein Konfliktpotenzial.

Arbil ist im Laufe der letzten Jahre ein stark diskutiertes Thema in der Türkei geworden und dürfte bis auf weiteres nicht von der Tagesordnung verschwinden. Die zweite Runde der „Kurdistan-Irak Öl & Gas Konferenz“ fand vom 3.-5. Dezember in der bekannten Ölmetropole statt, zu einem Zeitpunkt, als die Spannung zwischen Arbil und Bagdad keine Anzeichen einer Lockerung erkennen ließ. Trotz der Tatsache, dass Bagdad die Teilnahme des türkischen Ministers für Energie und natürliche Ressourcen, Taner Yıldız, verhindert hat, unterstützte Ankara die Konferenz auf politischer Ebene.

Die diplomatische Abgeklärtheit sollte sich umgehend bezahlt machen. Bereits am 6. Dezember, einen Tag nach Ende der Konferenz, besuchte eine Delegation von Turkmenen aus Arbil den türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül in Ankara. Die Türkei hatte in der Krise zwischen Bagdad und Arbil die Position der Regionalregierung der nordirakischen Ölstadt unterstützt. Aufgrund der zahlreichen stärker im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Themen, die in der Türkei diskutiert werden, ging dieses Ereignis eher unter, es kann jedoch als ein beachtlicher Erfolg der Bemühungen seitens des Beraters des Präsidenten zum Thema Nahen Osten, Erşat Hürmüzlü, betrachtet werden, dass dieser Besuch möglich wurde.

Empfang auf höchster Ebene

In der Tat war diese Zusammenkunft in mehrfacher Hinsicht wichtig. Zunächst war es der erste offizielle Besuch von Arbils Turkmenen in der Türkei. Zweitens wurde die turkmenische Delegation von Präsident Gül persönlich, also auf der höchstmöglichen Ebene empfangen. Drittens hob die Türkei die Bedeutung des Besuchs hervor, indem der Empfang der Delegation in der Botschafter-Empfangshalle im Präsidentenpalast stattfand. Die Turkmenen Arbils hatten ursprünglich beabsichtigt, Ankara mit einer größeren Delegation zu besuchen. Allerdings forderte die Türkei, die Delegation auf 10 zu beschränken, da sich seit der Renovierung der Empfangshalle im Jahr 2009 nur 10 Plätze für Gäste zur rechten Seite des Präsidenten befinden.

Arbil war im Wesentlichen eine turkmenische Stadt. „Hewler”, der vorgeschlagene kurdische Name für Arbil, ist etymologisch ein türkisches Wort. Es ist eine modifizierte Form des Wortes „evler” (Häuser), das in der Zeit der Seldschuken benutzt wurde, um ein Cluster von Häusern innerhalb einer Stadt zu beschreiben. Die kurdische Regionalregierung (KRG) im Irak regiert schätzungsweise 4 Millionen Menschen, darunter 250.000-400.000 Turkmenen. Die Turkmenen wollen in Arbil leben, da es ihre Heimatstadt ist. Sie wollen nicht als türkischsprachige Kurden bezeichnet werden.

Arbils Turkmenen litten unter dem großem Druck während der Saddam-Ära und als irakische Kurden in Konflikt mit der Türkei gerieten. Als Saddam Hussein an der Spitze des Landes war, wurden turkmenische Dörfer und Ländereien immer wieder zum Ziel der Verstaatlichungs-Agenda, sowie der Aneignung turkmenischen Eigentums und der Zwangsumsiedlung von Menschen. Unter der Herrschaft der kurdischen Regionalregierung im Irak wurden die Gemeindegrenzen Arbils mehrfach erweitert und in diesem Zusammenhang die Ländereien der Turkmenen vom Staat beschlagnahmt.

Willkürlicher Umgang mit turkmenischem Eigentum auch noch nach Saddam

Die Luxus-Nachbarschaft, bekannt als „Italian Village”, im heutigen Arbil, sowie eine Reihe von Einkaufszentren wurden auf diesem beschlagnahmten turkmenischen Land gebaut. Es gab jedoch auch andere Probleme. Zum Beispiel haben die Turkmenen noch keine Entschädigung dafür bekommen, dass sie aus ihren Häusern in ihrer ehemaligen Hochburg von Arbil vertrieben wurden.

„Heute weht eine kurdische Flagge an der Zitadelle von Arbil, aber die Häuser auf dieser Burg waren unsere in der Vergangenheit und werden es in Zukunft auch wieder sein”, hört man von Turkmenen.

Die Turkmenen Arbils sagen, sie wollen keinen Konflikt mit den Kurden. Sie wollen in Frieden mit den Kurden leben. Sie schicken ihre Kinder in kurdische und arabische Schulen statt in turkmenische, damit sie leichter Arbeitsplätze finden. Im Gegenzug werden von turkmenischen und türkischen Stiftungen eröffnete Schulen von Kurden bevorzugt, da diese wollen, dass ihre Kinder in der Zukunft Raum für Geschäftsbeziehungen mit Türken und Kurden erschließen.

Das spannungsarme Verhältnis zwischen Ankara und Arbil ist eine Erleichterung für Arbils Turkmenen. Allerdings beklagen sie, dass sie bis dato noch nicht spürbar von den positiven politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ankara und Arbil und der daraus resultierenden Verbreitung von Wohlstand in der Region profitieren. Tatsächlich haben die Turkmenen keine eigenen TV-oder Radiosender in Arbil, sie veröffentlichen nur eine zweiwöchentliche Zeitung namens Saray, welche durch die kurdische Regierung kontrolliert wird.

Ein aufstrebender turkmenischer Dichter aus Arbil, Nesrin Arbil, schrieb: „Wir waren die Körner einer Ähre, aber heftige Winde verstreuten uns über Land und Länder.” Arbils Turkmenen sind entschlossen, diesen Zustand nicht von Dauer sein zu lassen.