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Politik

Fuat Avni: Hakan Fidan hat die Kontrolle über IS-Zellen in der Türkei verloren

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Der Whistleblower Fuat Avni twittert immer wieder brisante Insider-Informationen über die türkische Regierung. Nun veröffentlichte er zwölf Tweets über das Verhältnis Ankaras mit der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Er zeichnet ein alarmierendes Bild.

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Hakan Fidan mit seinen Leibwächtern.
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Der Twitter-Account @fuatavnifuat (früher @fuatavni) gilt als das brisanteste Leak der Türkei. Seit Monaten teilt Fuat Avni intime Informationen, Erkenntnisse und Eindrücke über den engen Regierungskreis der AKP mit der Öffentlichkeit. Nun veröffentlichte er zwölf Tweets über das Verhältnis der türkischen Regierung und der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Der Inhalt der zwölf Punkte dürfte den Kritikern der türkischen Regierung, die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vorwerfen, durch den türkischen Geheimdienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) den IS insgeheim zu unterstützen und sogar in der Türkei gewähren zu lassen, neuen Auftrieb geben.

In seinen Tweets nimmt Fuat Avni auch auf die Verhaftungswelle von türkischen Polizeibeamten Bezug, die aus Sicht der AKP-Regierung einem als Parallelstruktur bezeichneten angeblichen Netzwerk angehören sollen, und warnt vor den Folgen dieser Beamtenverfolgung.

Fuat Avni: Erdoğans Politik führt die Türkei langsam ins Chaos

Fuat Avni twitterte am 10. September:

1. Erdoğans Versagen, das zu tun, was mit Blick auf den IS nötig ist, liegt nicht an den Geiseln. (Fuat Avni bezieht sich hier auf die 49 türkischen Geiseln, die der IS am 11. Juni bei der Erstürmung des türkischen Konsulats im nordirakischen Mossul nahm, Anm. d. Red.). Es liegt an in Istanbul stationierten und unberechenbaren IS-Militanten.

2. Polizeibeamte, die unter dem Vorwand, sie gehörten einer „Parallelstruktur“ an, verfolgt wurden, überwachten jeden Schritt der IS-Unterstützer. All das wurde zunichte gemacht.

3. Berichte, die darauf hingewiesen haben, dass IS und al-Qaida Zellen in großen Städten hatten, vor allem in Istanbul, wurden vorgelegt, aber ignoriert.

4. Erdoğan und seine Kumpanen, die den Sturz Assads planten, schickten Munition an die syrischen Hauptquartiere dieser Gruppen in Istanbul.

5. Es ist bekannt geworden, dass die Waffenlieferungen der Türkei an kleine und große Gruppen, die Assad bekämpfen, von großen Mächten, die Ankara abhören, aufgezeichnet wurden.

6. Staaten, die Erdoğan abgehört haben und die davon ausgingen, dass er Präsident wird, enthüllten es deswegen: Wir werden dich dazu bringen, das zu tun, was wir wollen.

7. Genau wie bei dem Friedensprozess (mit der PKK, Anm. d. Red.) informierte Erdoğan die Armee nicht über seine Unterstützung für IS und hielt sie mit Hilfe des MİT zum Narren. Er steckt in einer Sackgasse.

8. Die USA und ihre Verbündeten setzen auf Erdoğans Unterstützung gegen den IS, eine Gruppe, die Erdoğan gefördert hat, weil er sich selbst als Kalif betrachtete. Wie kann er das rechtfertigen?

9. Neben der Tatsache, dass die Waffen, die der IS nutzt, der Türkei gehören, könnten diese Waffen auch in blutigen Angriffen in der Istanbuler Innenstadt genutzt werden.

10. Fidan (Hakan Fidan ist der für den MİT zuständige Staatssekretär, Anm. d. Red.) sagte kürzlich, die IS-Militanten in der Türkei seien unter Kontrolle. Jetzt sagt er: „Wir konnten ihre Zellen nicht aufbrechen und haben ihre Spur verloren.“

11. Die Schritte, die Erdoğan getätigt hat, weil er sich selbst als Führer der Welt und als Kalif betrachtet, führen die Türkei langsam ins Chaos. Es ist eine Sackgasse.

12. Obwohl Erdoğan Meetings abhält, nachdem man ihm Dokumente auf dem Gipfel (gemeint ist wahrscheinlich der NATO-Gipfel in Wales, Anm. d. Red) gegeben hat, kann er das nicht wieder hinbiegen. Jeder ist angespannt und verzweifelt.

Veröffentlichung zu einem ungünstigen Zeitpunkt

Die Veröffentlichungen kommen für die türkische Regierung zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Am Donnerstag erklärten zehn arabische Staaten nach einer Anti-Terror-Konferenz in der saudischen Hafenstadt Dschidda in einer gemeinsamen Stellungnahme, sie seien übereingekommen, ihren Teil zum Kampf gegen die Extremisten beizutragen und die US-Militäraktion zu unterstützen. Die Türkei, die ebenfalls an der Konferenz in Dschidda teilnahm, zählt nicht zu den Unterzeichnern der Erklärung und gilt bei der Unterstützung von aggressiven Maßnahmen gegen den IS als äußerst zurückhaltend. Dabei geht es auch um die Nutzung des NATO-Stützpunktes İncirlik Air Base im Süden der Türkei als Basis für die amerikanische Luftwaffe, die Angriffe auf IS-Ziele im Irak fliegt.

Die türkische Zeitung Hürriyet veröffentlichte am Mittwoch die Worte eines türkischen Offiziellen, der sich unter der Bedingung, nicht namentlich genannt zu werden, zur Unterstützung der US-Luftschläge gegen IS äußerte: „Die Türkei pocht darauf, momentan an keiner aktiven Militäraktion in der Region teilzunehmen. Aber İncirlik steht für logistische und humanitäre Einsätze auch im Rahmen der Kampagne gegen IS zur Verfügung.“

Der Whistleblower in der Türkei (damals noch @fuatavni) sagte Anfang August auf Twitter eine Razzia-Welle und die Schließung seines eigenen Accounts durch die türkische Regierung voraus und riet damals seinen Followern, auf den Ersatzaccount @fuatavnifuat umzusteigen. Wer hinter dieser Person steckt, darüber gibt es bis dato nur Spekulationen. Fuat Avni bezeichnet sich als ein sehr eng an der AKP-Führung angesiedeltes, ihr aber mental nicht verbundenes Parteimitglied. Seine sehr aktuellen und zum Teil sehr intimen Veröffentlichungen über die AKP-Führung werden mittlerweile von insgesamt 973 000 Followern verfolgt. Er twittert vor allem brisante Details über den türkischen Präsidenten Erdoğan und dessen Beraterstab.