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Politik

„Arabischer Frühling“ erreicht die Ukraine

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Die ukrainische Opposition drängt weiterhin auf einen Regierungswechsel. Straßen und Bürgersteige vor Regierungsgebäuden sind blockiert. Nun zieht die Regierung ihre Sicherheitskräfte aus Kiew ab. (Foto: reuters)

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Eine ältere Dame bei den Protesten in der Ukraine - reuters
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Generalstreiks, Massenproteste, gewalttätige Ausschreitungen mitten in der Hauptstadt, blockierte Regierungsgebäude und ein Misstrauensvotum: Die Ukraine versinkt dieser Tage im Chaos. Trotz Gewalt und willkürlicher Verhaftungen der Sicherheitskräfte, aber auch Ausschreitungen aufseiten radikaler Kräfte, die versuchen, die Protestbewegung zu vereinnahmen, gehen weiterhin Hunderttausende auf die Straßen Kiews.

Sie fordern von Präsident Viktor Janukowitsch die Wiederaufnahme der im November abgebrochenen Politik einer Assoziierung mit der EU sowie den Rücktritt der Regierung Mykola Asarows. Janukowitsch hatte auf dem EU-Gipfel Anfang Dezember auf starken Druck Russlands hin die Unterschrift unter ein über mehrere Jahre hinweg ausgehandeltes Partnerschaftsabkommen mit der EU verweigert und stattdessen eine engere Bindung an Russland angestrebt.

Sicherheitskräfte aus der Hauptstadt abgezogen

Das gescheiterte Abkommen mag der Auslöser der Proteste gewesen sein. Mittlerweile geht es aber um viel mehr: Die Ukrainer wollen Veränderung und ein Ende der autoritären Vorgehensweise des Staatsapparates, der in den vergangenen Wochen massiv gegen Protestierende vorgegangen ist. Und sie wollen mit der grassierenden Korruption im Land abrechnen. Janukowitsch, der von der EU verdächtigt wird, im Strafverfahren gegen die ehemalige Präsidentin und Hoffnungsträgerin der „Orangenen Revolution“ von 2004 und 2005, Juliya Timoschenko, auf die Justiz eingewirkt zu haben, um sich der politischen Gegnerin zu entledigen.

Nach tagelangen Kämpfen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften hat die ukrainische Regierung nun teilweise ihre Sicherheitskräfte aus der Hauptstadt abgezogen, Janukowitsch bietet Gespräche an. Unter dem Jubel zahlreicher Oppositioneller zogen sich Beamte der Sondereinheit Berkut am Morgen vom zentralen Maidan-Platz (Unabhängigkeitsplatz) zurück, dem Zentrum der Proteste in Kiew.

„Die Hoffnung ist groß. Der Sieg scheint nah“, sagte ein Demonstrant gestern auf dem Maidan. Immer mehr Ukrainer kommen aus Kiew und dem Umland, um sie zu unterstützen. Die Regierung, sie werde den Maidan nicht räumen. Die Demonstranten betrachten dies als Sieg.

Zuvor hatten die Protestierenden Straßen und Wege vor Regierungsgebäuden blockiert. Holzstämme, Zelte und Privatautos versperrten vielerorts den Zugang zu Ministerien. Das Parlament ist blockiert und unerreichbar. Tausende demonstrieren für eine Annäherung an die EU und gegen den Präsidenten, einige nationalistische Kräfte machen auch Stimmung gegen die russische Bevölkerung im Land.

„Klitschko for President“

„Wir tun dies, damit Präsident Viktor Janukowitsch unsere Forderungen endlich hört“, sagte Vitali Klitschko, der gemeinsam mit seinem Bruder Wladimir Oppositionsanhänger auf dem Maidan besuchte. Trotz eisiger Kälte harren dort hunderte Menschen in Zelten aus. Der Boxweltmeister, der bereits seit einigen Jahren in der ukrainischen Politik engagiert ist, ist zu ihrem Anführer geworden. Nicht selten sieht man Spruchbänder und selbstgemalte Schilder mit der Aufschrift „Klitschko for President“.

Klitschko ist Sinnbild für die Neuorientierung vieler Ukrainer. Aufgewachsen in der Sowjetunion, machte er im Westen Karriere, vertritt demokratische Werte und spricht von der Aussicht auf Wohlstand. Klitschko ist Hoffnungsträger und Vorbild. Viele Ukrainer kämpfen für ein besseres Leben, für Perspektiven.

Sie wollen zudem die Fesseln ihrer Vergangenheit abwerfen und ein besseres Leben führen. Die EU sehen sie dabei als Partner, Russland werfen sie vor, ihnen außer wirtschaftlichem Druck keine ausreichenden Perspektiven aufzuzeigen.