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Politik

Ukraine, NSA, Freihandel: Merkels Obama-Mission

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So richtig entspannt war ihr Verhältnis noch nie. Dazu sind Merkel und Obama einfach zu verschieden. Doch nun hat der Westen mit der Ukraine und Russland ein echtes Problem. Aber Berlin reagiert reserviert auf die Forderungen Washingtons. (Foto: dpa)

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So richtig entspannt war ihr Verhältnis noch nie. Dazu sind Merkel und Obama einfach zu verschieden. Doch nun hat der Westen mit der Ukraine und Russland ein echtes Problem. Doch Berlin reagiert reserviert auf die Forderungen Washingtons.
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Der Trip nach Washington ist für die Kanzlerin fast eine „Mission Impossible“. Knapp ein Jahr nach Beginn der NSA-Spionageaffäre gibt es für Angela Merkel viel zu besprechen mit Barack Obama im Weißen Haus. Im deutsch-amerikanischen Verhältnis knirscht es wie selten seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Obama und seine Regierung verstehen viele Sorgen und Probleme der Deutschen und der Europäer nach wie vor nur schwer.

Vier Stunden Gespräche mit Obama, dann eine 25-Minuten-Rede vor der US-Handelskammer, dem größten Wirtschaftsverband der Welt mit drei Millionen Mitgliedsunternehmen. Dabei will Merkel für das geplante transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA werben – scheitert es, würde die transatlantische Partnerschaft aus Berliner Sicht noch stärker als bisher ins Straucheln kommen.

Zum Schluss folgte eine knappe Stunde mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Christine Lagarde. Es ist das typische Merkel’sche Eiltempo, mit dem sie für ihre Ziele werbend durch Washington zieht.

Washington nimmt deutsche Klagen über NSA-Affäre nicht ernst

Beim NSA-Thema ist man im Kanzleramt ernüchtert und auch beim USA-Besuch der Kanzlerin wird kein Durchbruch erwartet. Eigentlich gar nichts erwarte man an Entgegenkommen Obamas, heißt es. Da dürfte auch die Geste des guten Willens nicht viel bringen, nachdem die Bundesregierung eine Vernehmung des im Moskauer Asyl lebenden früheren NSA-Mitarbeiters und Informanten Edward Snowden in Berlin ablehnt und auch Asyl für ihn in Deutschland ausschließt.

Merkel hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass für sie beim Ausmaß der NSA-Überwachung das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit aus der Balance geraten ist. Die Linie der Kanzlerin dürfte keine Überraschung für Obama sein: Solange die US-Seite nicht schriftlich versichere, dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halte, bleibe der Dissens. Punkt. Ganz abgesehen vom Ärger darüber, dass die NSA bis 2013 jahrelang auch ihr Mobiltelefon abgehört hat.

Aber ob es Merkel gefällt oder nicht: Wirklich ernst genommen haben US-Politiker einschließlich Obama das deutsche Klagen über die Abhöraffäre nie. Republikaner höhnten gar, die Deutschen sollten sich doch eine bessere Spionageabwehr zulegen. Obama hat eine Reform des NSA-Dienstes in Gang gebracht – das war es aus seiner Sicht dann auch. Alles andere sind für ihn warme Worte zur Klimapflege.

USA fordern von Deutschland aggressiveres Vorgehen gegen Moskau

Allerdings: Auch die USA haben einiges zu meckern an Merkel und anderen Europäern. Außenminister John Kerry blies ihnen jüngst den Marsch: Ein „Wake-up Call“, ein Weckruf, sei die Ukrainekrise gewesen. Mit erhobenem Zeigefinger ging er ins Gericht: Die Europäer müssten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, ihre Energieabhängigkeit von Russland abbauen.

Die Hauptfrage Obamas an Merkel im Oval Office dürfte lauten: Wie halten Sie es mit scharfen Sanktionen gegen Russland? Der Präsident, so berichten Insider, drängt auf Sanktionen gegen ganze russische Wirtschaftszweige, die für Moskau tatsächlich schmerzhaft wären. Doch er weiß, dass Merkel da ein Problem hat – solcherart Strafmaßnahmen wären auch schmerzhaft für die deutsche Wirtschaft. Doch die Frage, wann „Stufe drei“ der Sanktionen gezündet werden könnten, bezeichnen Experten als die entscheidende des Merkel Besuchs.

Die Kanzlerin setzt auf Einsicht Obamas. Zwar sei der innenpolitisch unter Druck, aber er wisse: gemeinsam sind wir stärker. Deswegen werde er bereit sein, auf Europa Rücksicht zu nehmen. Wenn Putin mit allen Mitteln versuchen sollte, die Ukraine-Wahlen am 25. Mai zu verhindern, sei sie durchaus für den nächsten Sanktionsschritt bereit, heißt es. Und dafür würde sie sich auch in der EU einsetzen.

Doch ganz wichtig ist für Merkel die Einheit der Europäischen Union. Dort sind sechs Länder von Putins Gas völlig abhängig, mit ihnen sind scharfe Sanktionen nur schwer umzusetzen, das weiß auch die Kanzlerin. Und angesichts der noch nicht zu Ende durchgestandenen Wirtschafts- und Finanzkrise gibt es zusätzliche Angst vor Wirtschaftseinbrüchen und noch mehr Arbeitslosen. Merkel will alles tun, um die europäische Haltung zu stärken. Wenn die EU bei neuen Sanktionen gegenüber Russland nicht mit einer Stimme spreche, sei dies geradezu einen Alptraum im Verhältnis zu Putin. (dtj/dpa)