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Politik

Islam wird in Deutschland als Bedrohung gesehen

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Eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung ergab: Die Mehrheit der Deutschen sieht im Islam eine Bedrohung. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime ist entsetzt. Doch gibt die Studie auch Grund zur Hoffnung. (Foto: ap)

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Islam wird in Deutschland als Bedrohung gesehen
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Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hatte 2010 mit seiner Äußerung, der Islam gehöre zu Deutschland, eine heftige Debatte ausgelöst. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt nun: Die Hälfte der Bundesbürger lehnt die Aussage ab, dass der Islam in die so genannte „westliche Welt“ passe.

In einer Umfrage der Stiftung sagten 51 Prozent sogar, sie sähen im Islam eine Bedrohung. In Ostdeutschland, wo es kaum Muslime gibt, sind es sogar 57 Prozent, heißt es im „Religionsmonitor“ der Stiftung, der am Sonntag veröffentlicht wurde.

In die repräsentative Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung von Religion und Werten flossen die Antworten von 14.000 Menschen in Deutschland sowie in zwölf anderen Ländern auf 100 Fragen ein. 85 Prozent der Befragten bejahten, dass man allen Religionen gegenüber offen sein sollte. Und 60 Prozent empfinden die wachsende religiöse Vielfalt als eine Bereicherung. Allerdings erkennen fast zwei Drittel (64 Prozent) in der Vielfalt auch eine Ursache für Konflikte.

Religiöse Vielfalt bereichert – und macht gleichzeitig Angst

Eine negative Einstellung zu Islam oder Christentum ist – wenig überraschend – stark abhängig von der Region. So fühlen sich die Menschen auch in Spanien (60 Prozent), den USA (42 Prozent), der Schweiz (50 Prozent) und Israel (76 Prozent) vom Islam bedroht; deutlich weniger stark dagegen jene in Südkorea (16 Prozent) oder Indien (30 Prozent). Auf der anderen Seite nehmen 32 Prozent der Befragten in der Türkei und 27 Prozent der Israelis das Christentum als Bedrohung wahr. In Deutschland sehen 19 Prozent der fast 2.000 Befragten das Judentum für eine Bedrohung.

Die meisten Deutschen sehen ihr Leben jedoch durch die Vielfalt der Religionen bereichert.

In Bezug auf die über den Islam erhobenen Meinungsdaten äußerte sich Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, besorgt. Er sieht sich in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Es gebe in Deutschland „einen strukturellen islamfeindlichen Boden“, sagte er im Gespräch mit Medienvertretern. Seit Jahren werde nicht ausreichend zwischen Islam und Extremismus unterschieden, kritisierte er. „Das führt zu Beklommenheit, die wiederum zu Angst und Fremdheit gegenüber der Religion führt, in einer Gesellschaft, die längst – und das deutet ja auch die Umfrage an – multi-kulturell und interreligiös ausgerichtet ist.“ Auch DTJ brachte jüngst einen Artikel über das Thema Feindbild Islam.
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Große Mehrheit der Muslime und Christen befürwortet Demokratie

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sieht in dem Votum vor allem Unkenntnis in Bezug auf den Islam: „Die Studie nährt den Eindruck, dass viele Menschen in Deutschland ein verzerrtes Bild vom Islam in unserem Land haben“, sagte er der „Welt“ am Montag. Vielfach würden Muslime in Deutschland mit „Phänomenen des muslimischen Extremismus aus anderen Weltgegenden oder mit der kleinen Minderheit der Salafisten und ihrer Sympathisanten“ identifiziert. Dagegen helfe nur beharrliche Überzeugungsarbeit, sagte Schneider.

Über die Konfessionen hinweg belegt die Befragung eine große Zustimmung zur Demokratie und zur Trennung von Religion und Politik. In Deutschland halten 88 Prozent der Christen, 79 Prozent der Muslime und 80 Prozent der Konfessionslosen die demokratische Regierungsform für gut. Dass Homosexuelle die Möglichkeit haben sollten, zu heiraten, finden 70 Prozent der Katholiken in Ordnung. Unter den Muslimen ist die Zustimmung mit 48 Prozent deutlich geringer. (dtj/dpa)