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Politik

Warum die Türkei gegen Spanien verlor: Ein Erklärungsversuch

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Mit großer Zuversicht war die Türkei in die Abstimmung um den vakanten Sitz im UN-Sicherheitsrat gegangen – umso größer war die Enttäuschung danach. Die Abstimmung soll die Quittung für politische Fehler der letzten Jahre gewesen sein.

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In der internationalen Ausgabe der Huffington Post nimmt der armenisch-amerikanische Herausgeber des California Courier, Harut Sassounian, zu der jüngsten Abstimmungsniederlage der Türkei in der UN-Generalversammlung Stellung. Er schildert, was sich seit 2008 an der türkischen Politik verändert hat und wie sich diese Veränderungen auf die jüngste Abstimmung ausgewirkt haben.

Der neugewählte türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu war vor der Abstimmung um den vakanten Sitz im Rat zuversichtlich, dass die Türkei wie schon 2008, als man mit 151 Stimmen in den Rar gewählt wurde, auch dies mal die Stimmenmehrheit auf sich zu vereinigen. Der Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu betrieb eine intensive Lobbyarbeit und legte dabei den Schwerpunkt auf die afrikanischen Staaten und kleinen Inselrepubliken.Trotzdem nur 60 der 193 Mitgliedsstaaten der UN-Generalversammlung für die Türkei, während 132 Stimmen auf Spanien entfielen, das künftig als nicht ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat fungieren wird.

Sassounian meint, eine ganze Reihe von Gründen hätte den Ausschlag dafür gegeben, dass die Türkei diesmal nicht erfolgreich war. Die Tatsache, dass eine neuerliche Kandidatur für den Sitz im Jahre 2014 und damit nur sechs Jahre nach der letzten Amtsperiode verfrüht gewesen sein könnte, war nur einer davon.

Kampagne mehrerer Staaten gegen die Türkei

Ohne Zweifel hatten, und das lässt der Journalist nicht unerwähnt, mehrere Staaten eine gezielte Kampagne gegen einen UN-Sicherheitsratssitz für die Türkei geführt. Dazu gehörten allen voran Armenien, Zypern, Ägypten, Griechenland, Israel, Syrien und Saudi-Arabien.

Aber es hätte auch hausgemachte Gründe für die Niederlage gegeben, so Sassounian, und einer davon wäre auch das Vorgehen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gegen die Hizmet-Bewegung des in den USA lebenden türkischen Islamgelehrten Fethullah Gülen gewesen. Die Hizmet-Bewegung sei vor allem in afrikanischen Ländern mit Schulen und humanitären Hilfsorganisationen stark vertreten – und deshalb sei die aggressive Kampagne Ankaras gegen die Bewegung den Delegierten auf UN-Ebene nicht verborgen geblieben. Auf diese Weise habe die Türkei aber wichtige Stimmen eingebüßt.

Aber auch im Mittleren Osten habe sich die Türkei Feinde gemacht. Ihre Politik sei als „neo-osmanisch“ wahrgenommen worden und wie die jüngste Pew-Studie zeige, sei ihr Beliebtheitsgrad in den Nachbarländern auf ein Rekordtief gesunken.

Darüber hinaus habe der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan durch sein Vorgehen gegen die Demonstranten im Gezi-Park, Repressionen gegen Journalisten und seine ostentative Missachtung der Meinung der internationalen Gemeinschaft in aller Welt wichtige Entscheidungsträger verprellt und der Türkei entfremdet. Während seiner Rede vor der UN-Generalversammlung im September hätten die meisten Delegierten den Saal verlassen.

Kobani als gewichtiger Faktor

Ein weiterer entscheidender Faktor sei, so Sassounian, gewesen, dass die Türkei sich infolge ihrer zurückhaltenden Position im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS; ehem. ISIS) und ihrer Weigerung, zu Gunsten der unmittelbar an der eigenen Grenze von Terroristen mit dem Tode bedrohten kurdischen Bevölkerung zu intervenieren, den Unmut der USA und Westeuropas zugezogen habe.

Dies sei so weit gegangen, dass einflussreiche Kommentatoren in diesen Ländern sogar den Ausschluss der Türkei aus der Nato und den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen gefordert hätten. Dass die USA zur Amtseinführung Erdoğans als Präsident am 28. August nur einen wenig hochrangigen Geschäftsträger entsandt hätten, sei ein äußerlich sichtbares Zeichen des Missfallens gewesen.