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Politik

UN-Vollversammlung: Erdoğan fordert Reform der Vereinten Nationen

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In New York ist die UN-Vollversammlung zusammengetreten. Der türkische Präsident Erdoğan fordert, die Zahl der Sicherheitsratsmitglieder zu erhöhen. Der scheidende UN-Generalsekräter Ban hingegen übt scharfe Kritik an den internationalen Staatschefs und fordert von ihnen, die Demokratie nicht zu untergraben.

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der turkische Prasident Erdogan bei der UN-Vollversammlung
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Die insgesamt 34 Redner des ersten Tages der UN-Vollversammlung, zu denen neben dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auch der amerikanische Präsident Barack Obama und Generalsekretär Ban Ki Moon zählten, fanden teils deutliche Worte zur gegenwärtigen weltpolitischen Lage – und beschuldigten sich gegenseitig.

Der Ende des Jahres aus dem Amt scheidende Ban Ki Moon kritisierte die Mitgliedstaaten für die Finanzierung des blutigen Bürgerkriegs in Syrien mit mehr als 300 000 Toten. „Mächtige Gönner, die die Kriegsmaschine weiter füttern, haben auch Blut an ihren Händen“, sagte Ban. Im Plenarsaal anwesende Regierungsvertreter hätten die Gräueltaten gegen das syrische Volk ignoriert, finanziert, sich daran beteiligt oder diese sogar selbst geplant und ausgeführt.

Ban klagte, an zu vielen Orten auf der Welt schrieben Anführer von Staaten ihre Verfassungen um, manipulierten Wahlen und klammerten sich mit anderen Mitteln an die Macht. „Dient Eurem Volk“, mahnte Ban. „Untergrabt die Demokratie nicht, stiehlt nicht die Ressourcen Eurer Länder, verhaftet und foltert Eure Kritiker nicht.“

„Seit Beginn der Krise in Syrien ist die Türkei alleine gelassen worden.“

Der türkische Staatspräsident Erdoğan, dessen Land nach seinen Angaben rund drei Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat, kritisierte bei dem Gipfel und in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung scharf den Umgang der internationalen Gemeinschaft und besonders der Europäischen Union mit der Flüchtlingskrise. Sie hätten eine „armselige Haltung“ an den Tag gelegt und Versprechen an die Türkei nicht eingehalten. „Seit Beginn der Krise in Syrien ist die Türkei alleine gelassen worden.“ Trotzdem habe die Türkei ihre Grenzen für Flüchtlinge offen gelassen und werde das auch weiter tun.

Erdoğan wiederholte seine Forderung nach einem Reform der Vereinten Nationen: „Die Welt ist grösser als diese fünf“, sagte er mit Blick auf die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Wenn in diesem nicht die gesamte Welt vertreten sei, könne kein Weltfrieden verwirklicht werden, so der türkische Präsident: „Anstelle von fünf sollte die Zahl der ständigen Mitglieder auf 20 erhöht werden und über ein Rotationsprinzip alle Länder die Möglichkeit bekommen, im Sicherheitsrat für zwei Jahre vertreten zu sein.“ Erdoğan ging in seiner Rede auch auf den gescheiterten Putsch von 15. Juli 2016 ein und bedankte sich beim türkischen Volk für sein „tapferen Widerstand gegen die Putschisten“.

Bereits vor seiner Abreise nach New York hatte Erdoğan gestern für die Schaffung einer Schutzzone in Syrien geworben und angeboten, dass die Türkei den Wiederaufbau in Nordsyrien übernehmen könne, wenn die internationale Gemeinschaft die Kosten dafür trägt. Dass die Vereinten Nationen die Syrienkrise nicht gelöst bekämen, nannte Erdoğan eine “Schande”.

Mit seiner letzten Rede bei der UN-Generaldebatte zielte US-Präsident Obama auch gegen Russland und Nordkorea. Er stellte dabei klar, dass selbst die „seltene Supermacht“ USA die drängenden Krisen der Welt nicht alleine bewältigen könne.

„Wir alle stehen vor einer Entscheidung: Wir können mit einem besseren Modell der Zusammenarbeit und Integration vorwärts drängen oder uns in eine scharf geteilte Welt zurückziehen“, sagte der im Januar nach acht Jahren aus dem Amt scheidende Obama. Staaten, Herkunft, Stämme und Religion dürften keine Trennlinien internationaler Politik sein. Die Prinzipien offener Märkte, internationalen Rechts und der Demokratie blieben die besten Grundlagen für menschlichen Fortschritt im laufenden Jahrhundert. Im Syrienkrieg müssten die Beteiligten den „harten Weg der Diplomatie weiterverfolgen“.

UN-Sicherheitsrat „darf kein Kaspertheater sein“

Die Generaldebatte wurde überschattet vom herben Rückschlag für die ohnehin brüchige Waffenruhe in Syrien, die die syrische Armee am Montagabend nach einer Woche für beendet erklärt hatte. Frankreichs Präsident François Hollande machte Machthaber Baschar al-Assad und sein Regime dafür verantwortlich. „Und zu seinen Unterstützern im Ausland will ich sagen, dass sie seine Hand zum Frieden lenken sollen. Wenn nicht, tragen sie auch die Verantwortung für Spaltung und Chaos in Syrien“, sagte Hollande. Auch der UN-Sicherheitsrat müsse dringend handeln. „Er darf kein Kaspertheater sein.“

Ohne Russlands Präsidenten Wladimir Putin namentlich zu nennen, kritisierte US-Präsident Obama, dass Moskau „verlorene Ehre durch Gewalt“ zurückgewinnen wolle. Er sprach von „Muskelmännern“, die ihre Macht durch politische Maßregelung zu Hause und durch Konflikte im Ausland erhalten wollten. Nordkorea bezeichnete Obama als „Brachland“, das mit Atomtests die internationale Sicherheit gefährde.

Bei einem anschließenden Flüchtlingsgipfel dankte Obama Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihren Einsatz bei der syrischen Flüchtlingskrise. „Ich möchte Kanzlerin Merkel und (Kanadas) Premierminister (Justin) Trudeau und den Völkern dieser beiden Länder persönlich danken.“ Beide Länder hätten ihr Äußerstes gegeben, um Flüchtlingen zu helfen und sie zu unterstützen. (dpa/dtj)