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Politik

Unabhängigkeit Arbils als erster Schritt zu einem Großkurdistan?

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Die katastrophale Politik des irakischen Regierungschefs Al-Maliki nach dem Abzug der Amerikaner macht ein Auseinanderbrechen des Iraks immer wahrscheinlicher. Ankara sollte dabei nicht vorschnell für Arbil Partei ergreifen. (Foto: ap)

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Die Zahl jener Politiker und Diplomaten, welche über die Auflösung des Irak sprechen, steigt immer mehr an. Seit der Gründung dieses Staates im Jahre 1921, nach dem Ende des Osmanischen Reiches, scheint eine Aufteilung des Iraks möglich zu sein. Doch einige Beobachter befürchten, dass es keine friedliche sein wird, was uns wiederum an die blutige Trennung von Indien und Pakistan erinnert.

Diejenigen, die ihre Bedenken zum Ausdruck bringen, beschuldigen Premierminister Nouri Al-Maliki, dieser wäre für die Nichtumsetzung oder sogar Sabotage legitimer Forderungen der sunnitischen Araber seines Landes verantwortlich, welche eine friedliche Kampagne durchführen, um bürgerliche und politische Rechte zu erlangen. Tatsächlich werden die Sunniten auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert. Ebenso war das umfassende Anti-Terror-Gesetz hauptsächlich gegen die Sunniten gerichtet, von denen zahlreiche aufgrund obskurer Angaben unbekannter Informanten verhaftet und gefoltert wurden.

Die sunnitischen Proteste waren im Großen und Ganzen friedlich, bis zum 23. April, wo das irakische Militär einen Sitzstreik im Dorf Hawaijah in der Provinz Kirkuk mit Gewalt beendete, dabei mehr als 50 Sunniten tötete und 110 verletzte. Dieser jüngste Vorfall ist ein Indikator für künftige noch größere Sicherheitsprobleme, ausgehend von den Spannungen zwischen der schiitisch-dominierten Regierung in Bagdad, den Kurden im Norden und den Sunniten.

Die religiös motivierte Gewalt im Irak zwischen Schiiten und Sunniten wird weiterhin mit der Situation im Zuge der Ausweitung des syrischen Bürgerkriegs zwischen der sunnitischen Mehrheit und dem alawitischen Minderheitsregime durcheinandergebracht, die sich in der Nähe des schiitischen Irans und Bagdads zutragen.

Al Qaida und Baath-Milizen wittern Morgenluft

Es ist offensichtlich, dass die Sunniten im Irak nach dem Verlust ihrer Macht, dem daraufhin folgenden Sturz Saddam Husseins und der Errichtung einer vom Iran unterstützen, schiitischen Regierung im Irak unruhig sind. Die sunnitische Unzufriedenheit wird von sunnitischen Extremisten, wie der irakischen Sektion Al-Qaidas, oder ähnlichen Milizorganisationen ausgenutzt. In den letzten Wochen haben diese den Irak, vor allem die Städten Bagdad und Kirkuk, mit einer Welle von Selbstmordanschlägen, bei denen mehr als 200 Menschen getötet wurden, in eine Hölle verwandelt. Beide Städte haben gemischte Bevölkerungsgruppen.

Inmitten dieses Aufruhrs und des Blutvergießens ist nun auch eine hausgemachte Milizorganisation unter dem Namen „Armee der Männer des Naqschibandi Orden“ (JRTN) aufgetreten. Es wird berichtet, dass sich die Mitglieder vor allem aus Protagonisten des aufgelösten Baath-Regimes zusammensetzen. JRTN wird angeblich von Izzat Ibrahim Al-Duri geleitet. Die JRTN setzt auf eine systematische Rekrutierung jener Sunniten, die sich von der schiitisch dominierten Regierung Al-Malikis diskriminiert fühlen. Die Organisation versucht, den Irak seit dem US-Truppenabzug im Dezember 2011 davon abzuhalten, zu einem Satellitenstaat des Iran zu werden.

Zunehmende sektiererische Polarisierung und Konfrontation können zu einem unvermeidlichen Zusammenbruch der Sicherheit im Irak und somit am Ende zu einer endgültigen Teilung des Landes führen. Direkt proportional zur Zunahme der Machtfülle Al-Malikis im letzten Jahr hat sich die Anzahl von Sunniten hervorgerufener Unruhen erhört. Jedoch konnte man bis zu dem jüngsten Massaker in Hawaijah dabei noch ein gewisses Maß an Zurückhaltung beobachten. Es wird erwartet, dass die Sunniten nun auf die gleiche Weise reagieren werden. Dies würde eine Zunahme an Gewalt bedeuten.
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Arbils Unabhängigkeit könnte weitergehende Begehrlichkeiten wecken

Was möglicherweise auch noch zu einer Verstärkung der ohnehin bereits wachsenden Polarisierung führen kann, ist der Anspruch der Kurden von Kirkuk auf eine eigene Ölpolitik, der besonders brisant ist, da ein Drittel der irakischen Ölreserven und der an Öl und Gas reichen Gebiete in der Umgebung der Stadt liegt. Grundsätzlich ist Bagdad gegen die kurdischen Ambitionen, da sie die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Kurden als ein Sprungbrett in die Unabhängigkeit ansieht. Die Kurden erhöhen den Argwohn der Schiiten, indem sie große internationale Ölgesellschaften einladen und mit ihnen Verträge unterzeichnen. Die kurdische Regionalregierung (KRG) hat bereits damit begonnen, Rohöl in die benachbarte Türkei zu exportieren.

Während die Zeichen einer möglichen Konfrontation zwischen Kurden und Sunniten auf der einen und der vom Iran unterstützten, schiitisch-irakischen Regierung auf der anderen Seite, zunehmen, könnten wir neben Syrien, die Entstehung eines weiteren Schwarzen Loches im Nahen Osten erleben.

Studenten aus der Region empfehlen der Türkei, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Auflösung des Iraks zu verhindern. Obwohl Ankara tiefe handelswirtschaftliche Beziehungen mit der KRG genießt, könnte die Unterstützung der kurdischen Unabhängigkeit gegen die Integrität des Iraks unerwünschte Konsequenzen haben.

Die lang gehegten kurdischen Bestrebungen nach einem unabhängigen Staat könnten nicht auf den Irak beschränkt bleiben, zumindest befürchten das die meisten Analysten. Ein vereinigtes Großkurdistan, das neben dem Nordirak auch Gebiete der Türkei, des Iran und Syriens umfassen würde, könnte nun aufhören, eine Utopie zu sein und zu einer politischen Agenda für radikale Kurden werden. Dies kann zu einer düsteren Zukunft und einer kompletten Neuordnung der Region führen. So raten die sachlichen Diplomatie-Experten Ankara, anstatt Partei für die Letzteren zu ergreifen, eine aktivere Rolle in der Vermittlung zwischen Bagdad und Arbil zu spielen und sich zurückzuhalten, um nicht den Jinn aus der kurdischen Flasche zu lassen.