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Politik

ICANN und die Kontrolle über das Internet

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Die EU-Kommission will die US-Vormachtstellung bei der Verwaltung des Internets aufweichen und argumentiert, dass auch dieser Bereich „auf Grundfreiheiten und Menschenrechten fußen“ solle. Doch auch die EU-Internetpolitik hat ihre Schattenseiten. (Foto: rtr)

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Nach den jüngsten Spähskandalen will die EU-Kommission die US-Vormachtstellung bei der Verwaltung des Internets aufweichen. Diese müsse „auf Grundfreiheiten und Menschenrechten fußen“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes am Mittwoch in Brüssel. Sie forderte ein Modell mit dem Zusammenspiel verschiedener Interessen.

Derzeit spielen die Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle bei der Verwaltung des Internets. So arbeitet etwa die nicht-kommerzielle Organisation ICANN mit dem US-Handelsministerium zusammen. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Los Angeles. ICANN ist unter anderem für die Vergabe der übergeordneten Webadressen zuständig, also der Endungen wie .de oder .com. Ein Vorstoß Russlands und Chinas für stärkeren staatlichen Einfluss auf die Internet-Verwaltung war 2012 gescheitert.

In Deutschland wächst derweil der Unmut über die NSA-Anhöraktionen und die massenhafte Speicherung von Internetdaten. Nach den Berichten über Abhöraktionen gegen die Bundesregierung unter Gerhard Schröder äußerte sich der Alt-Bundeskanzler vergangene Woche und sagte, die USA hätten keinen Respekt vor Deutschland.

 Mit der EU den Bock zum Gärtner machen?

Ob ausgerechnet die EU die passende Institution zur Verteidigung der „Grundfreiheiten und Menschenrechte“ im Internet darstellt, steht indes auf einem anderen Blatt: Im April 2011 wurde in Budapest das Programm Clean IT ins Leben gerufen, ein Projekt der Europäischen Union zur Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet.

In den Empfehlungen zur Schaffung eines rechtlichen Rahmens für das Programm wird dabei nicht nur gefordert, dass alle beteiligten Staaten die Rahmenbeschlüsse des Europäischen Rates zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen von 2002 und 2008 und die Datenschutzrichtlinie der EU umsetzen und allfällige unterschiedliche Rechtslagen bezüglich nationaler Interessen oder Handlungsermächtigungen angeglichen werden.

Pikanter ist beispielsweise schon, dass in dem Dokument konkrete Empfehlungen ausgesprochen werden, wonach beispielsweise der Gesetzgeber Internetanbieter verpflichten solle, mutmaßlichen „terroristischen Gebrauch des Internets“ an die Behörden vor Ort zu melden. Darüber hinaus sollen Anbieter von Internetdiensten auch gesetzlich verpflichtet werden, die lokalen Strafverfolgungsbehörden mit allen Kundendaten zu versorgen, die erforderlich sind, um wegen mutmaßlich terroraffiner Formen der Internetnutzung ermitteln zu können.

Polizei-Patrouillien in sozialen Medien?

Explizit wird auch gefordert, dass es für Polizeibeamte legal sein muss, in sozialen Medien zu „patrouillieren“. Dies umfasse die Pflege eines Profils, die Mitgliedschaft in Usergruppen und den Austausch von Nachrichten auf der Plattform.

„Wissentlich“ auf „terroristische Inhalte“ zu verlinken soll nach dem Inhalt der Handlungsanweisung ebenso strafbar sein wie der terroristische Inhalt selbst. Darüber hinaus wird die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für einen Klarnamenszwang empfohlen, um die anonyme Nutzung von Online-Diensten zu verhindern. (dpa/dtj)