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Kultur/Religion

Vergesst Köln und Duisburg, fahrt nach Solingen, Remscheid oder Wuppertal!

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Nicht in Köln, Duisburg oder Düsseldorf, sondern in den umliegenden Kleinstädten findet man königlich zubereitete Spezialitäten aus der türkischen Küche. Ambiente und Ausstattung können aber einiges zu Wünschen übrig lassen.

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Zwar fällt mein Urteil über die türkische Küche in Düsseldorf generell sehr negativ aus. Umso größer aber sind die Knaller in den umliegenden Städten. Alles Orte, die von Düsseldorf, Köln oder Duisburg leicht zu erreichen sind. Im Ruhrpott braucht man an alle Adressen maximal eine Stunde.

Es ist eine Tradition der türkischen Küchenkultur, an besonderen Tagen und zu speziellen Anlässen auch mal weite Strecken hinter sich zu lassen. Die meisten fahren dann zur Keupstraße oder nach Duisburg-Marxloh. Ich sage: Vergesst Köln und Duisburg, fahrt nach Solingen, Wuppertal oder Remscheid.

Bei meiner Reise durch umliegende Städte der Landeshauptstadt Düsseldorf kommt an erster Stelle der Döner, der wohl mit Abstand das bekannteste türkische Gericht ist und als solches bundesweit noch seinen Konkurrenten sucht. Darauf folgt ein verblüffender Laden für holländische Pommes, der überraschender Weise die besten Burger und die leckersten Nudeln zu bieten hat. Außerdem ein Holzkohlegrill, der an besonderen Tagen bis 3 Uhr in der Nacht auf hat und dazu noch einen begnadeten Meister in der Küche. Nicht nur die Gerichte, auch die Namen der Restaurants zeugen von der regionalen Vielfalt der türkischen Küche. Bei der Reise von Remscheid über Wuppertal und Solingen nach Hilden macht man zugleich auch eine Reise zwischen türkischen Städten.

Wuppertal Kapadokya

Ich beginne mit Wuppertal. Hier findet ihr das Restaurant Kapadokya. Der Meister für türkisch-kurdische Fleischkünste Süleyman Ekici Usta präpariert das Fleisch den regionalen Umständen entsprechend und den Empfindlichkeiten der Menschen angepasst. Er ist so etwas wie ein Fleischdoktor, der genau weiß, welche Partien für welche Gerichte geeignet sind. In seinem großen, hellen und marmorierten Restaurant hat man genug Platz für Gruppen, aber auch zu zweit oder zu viert ist es hier sehr angenehm. Es liegt in direkter Nähe zum Wuppertaler Hauptbahnhof. Bevor ich zu meinem speziellen Tipp für das Abendessen in diesem Restaurant komme, sollte man bei Kapadokya unbedingt auch einmal zum Frühstücken vorbeischauen. Zu einem unschlagbaren Preis von 8,90€ für ein offenes Buffet, das wirklich mehr als genug zu bieten hat. Teeliebhaber kommen unbegrenzt auf den Genuss, der wahre Knüller aber ist die Eipfanne, die pro Person in dem Preis mit inbegriffen ist. Den besonderen Geschmack hat es dem Holzkohlegrill zu verdanken. Für Fleischfans wird das Hackfleisch mit Ei garantiert zu einem Gaumenschmaus.

Mit Süleyman Usta kann man auch zum Abendessen nicht viel falsch machen. Die Menükarte ist klassisch gehalten und eigentlich schmecken alle Gerichte wirklich sehr gut. Wenn man es etwas rustikal mag, dann sollte man bei Kapadkoya unbedingt nach Lammrippen fragen. Das Fleisch ist zart, umrundet von einem krossen Speckrand und die pure Freude für den echten Fleischfan. Die Portion ist groß und groß heißt hier spendabel, das heißt überdurchschnittlich!

Süleyman Usta legt Hand an

Remscheid Erciyes Pide

Wenn ihr nach Remscheid wollt, dann vergesst den Nahverkehr. Es ist eigentlich wie das Ende der Pizzascheibe, nach Remscheid fährt so gut wie nichts. Nehmt das Auto. Wenn ihr wisst, wie lecker eigentlich türkische Teigschiffchen sein können, dann lohnt sich der Aufwand garantiert. Bei Erciyes Pide gibt es die besten Pides im Umkreis von über 100 km. Eine einzige, mir bekannte Konkurrenz, die Erciyes Pide sogar noch toppt, befindet sich im belgischen Brüssel, darauf komme ich aber bei einem anderen Mal zurück.

Bei Erciyes Pide handelt es sich um einen kleinen und überschaubaren Laden, dessen Ambiente an die kleinen Geheimtipps in der Türkei erinnert. Die Stühle und Tische erfüllen, gelinde gesagt, den Zweck. Im Getränkekühlschrank befindet sich lediglich türkische Cola, Gazoz und vor allem Ayran. Sprite oder Fanta sucht man vergebens. Das ist wohl ein Statement der Inhaber. Das Herzstück des Betriebs ist ein Steinofen, in dem echtes Holz lodernd brennt. Erst in dem Rauch werden die Pides bei Erciyes zu dem was sie auszeichnet. Dieser trifft natürlich auch den Kunden, aber der Kompromiss lohnt sich, versprochen.

Ich empfehle Pide mit Kuşbaşı. Dabei handelt es sich um eine Fleischfüllung, bei dem ein Steak in kleinste Schnitzel geschnibbelt wird. Noch ein paar Stufen feiner geschnitten, könnte man von Hackfleisch sprechen. Die gemischten Schiffchen gehen aber auch ab wie Zäpfchen!

Solingen Kaiser

Alle Döner-Fans aufgepasst! In Solingen gibt es eine kleine Dönerbude, die den Namen „Kaiser“ (!) trägt. Hier gibt es wirklich einen majestätischen Döner, der bundesweit noch seinesgleichen sucht. Das hört sich zwar hochmütig an, aber so etwas gibt es einfach nirgends. Für alle Surrealisten sei schon mal erwähnt: Das Endprodukt ist optisch ein stinknormaler Döner. Aber sein Geschmack kombiniert mit der Leidenschaft vom Dönermann Kaiser Ali machen einfach den entscheidenden Unterschied aus.

Der Dönerspieß kostet Kaiser Ali schon im Einkauf viel mehr als gewöhnliche Dönerbuden zahlen. Aber die Premium-Qualität wird hier seit dem ersten Tag ganz groß geschrieben. Es handelt sich hierbei um Kalbsrippenfleisch. Die Würzung ist einfach fantastisch. Ali hat auch eine dezente Technik entwickelt, wie er das Innere vom getoasteten Fladenbrot perfekt staffelt. Das Dürüm-Brot wird selbst zubereitet, bei jeder Bestellung frisch. Ein ganz großes Plus für echte Kenner.

Und wieso Kaiser? Die Bezeichnung geht auf die ursprüngliche Heimat des Inhabers zurück. Er kommt aus Kayseri aus Zentralanatolien. Von dort stammt auch die berühmte türkische Tortellini, besser bekannt unter dem Namen Mantı. Also kann man folgerichtig beim Kaiser auch herausragende Mantı essen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist top, denn obwohl sein Fleisch viel hochwertiger und teurer ist, bezahlt das nicht der Kunde. Der Döner kostet hier wie üblich 3,50€. Für diesen Döner lohnt sich auch eine längere Anfahrt mit dem Auto!

Solingen Doy Doy

Wir bleiben in Solingen und fahren in die Innenstadt. Kaiser Döner liegt in der Nähe der Autobahnausfahrt A 46 Richtung Düsseldorf und Wuppertal. Bis zum Zentrum sind es knapp 3 Kilometer. Hier befindet sich das Urfa Doy Doy. Genau: Überall gibt es mindestens einen Doy Doy, aber keines der Läden hat eine Verbindung zu einem anderen. Es sind keine Filialen, sondern jeder Laden wird meistens von einem anderen Inhaber betrieben. Im Solinger Doy Doy stößt man auf Bedavi Usta, einem waschechten Urfaraner, der die originale Kebabkultur und die geheimen Rezepte noch in der Heimat gelernt hat. Dieser überschaubar kleine Laden hat es aber in sich. Hier bekommt man zwar von allem das Beste, aber ganz besonders zu empfehlen ist Urfa Kebab.

Seit Jahrhunderten liegen Gaziantep und Urfa im Wettstreit. Dabei geht es um die Frage, wer den Kebap für sich beanspruchen kann und darf. Jede Partei hat ihre eigenen Argumente. Mittlerweile ist die Schärfe ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal. Für den süßen Zahn bei Bedavi Usta ist also der Antep Kebab besser geeignet. Wenn man eine türkische Pizza nach originaler Rezeptur genießen will, dann ist die Küche von Doy Doy auch ein echter Geheimtipp!

Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Alles schmeckt um einiges besser und authentischer als auf der Kölner Keupstraße und ist dabei summa summarum sogar um mindestens einen Euro pro Gericht günstiger.

Für die Nachtaktiven hat das Doy Doy in Solingen an Wochenenden bis 3 Uhr geöffnet. Ein Sprung ins Auto lohnt sich ganz sicher! Auch für Kölner, die eigentlich solchen Besuch eher aus Solingen gewohnt waren.

Hilden City Fritty

Von hier aus geht es weiter Richtung Düsseldorf, über den Solinger Norden, in die kleine Stadt Hilden. Nicht ihre Eigenschaft als Heimatort des Ex-Kanzler-Kandidaten der SPD, Peer Steinbrück, macht sie aus unserer Sicht interessant, es ist das sogenannte City Fritty, das in der Innenstadt zu finden ist.

Es ist ein winziger Laden. Der Name gibt auch schon preis: Hier wird eigentlich holländische Pommes mit der berühmten holländischen Joppie Sauce zubereitet. Erst mit der Zeit hat sich der Laden zu einem Burger-, Pizza- und Nudelladen entwickelt. Aus der Joppie Sauce für die Pommes wurde der Joppie Burger. Richtig! Auf den Burger kommt die holländische Joppie Sauce und mit dem leckeren Fleisch ist dieser Burger ein wirklicher Knaller. Dazu gibt es hier auch Chickenburger, Cheeseburger und sogar Sucuk Burger, die alle samt einfach erste Klasse schmecken. Der Chef im überschaubaren Lokal ist Yusuf „Abi“. Neben den Burgern gibt es hier auch Nudelgerichte der Extraklasse.

Nudeln bei City Fritty - muss man probiert haben.

Ja – auch ich gehöre (immer noch) zu jenen, die kurz bevor sie in einem Restaurant Nudeln bestellen, in letzter Sekunde noch denken: „Nudeln… echt jetzt? Das kann ich doch auch zu Hause selber machen…!“ Deshalb habe ich Monate lang keine Nudeln bei City Fritty bestellt. Dabei hat Yusuf Abi mir bei gefühlt jedem meiner Besuche Nudeln ans Herz gelegt und versprochen, dass ich am Ende nicht enttäuscht sein werde. Dennoch habe ich immer Burger bestellt. Natürlich auch weil der Joppie Burger einfach so gut schmeckt.

Eines Tages aber passierte es. Ich hatte bereits meinen Burger in der Hand, als Yusuf Abi mir einen Teller voller Nudeln spendierte. Es war eine Geschmacksexplosion und einfach exzellent. Er hat mir gezeigt, wie aus vermeintlich einfachen, aber hochwertigen Zutaten Gerichte entstehen, die nicht nur satt, sondern auch glücklich machen.